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Das alte Königreich 02 - Lirael

Titel: Das alte Königreich 02 - Lirael Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garth Nix
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Gib dir Mühe! Ich hoffe, du kannst ausnahmsweise einmal etwas Nützliches tun…«
    Die Botschaft endete abrupt, da die Aufnahmefähigkeit des Falkengehirns erschöpft war. Der Vogel krächzte und putzte sein Gefieder.
    »Gehen wir ins Haus und machen uns frisch«, sagte Sam, ohne den Blick von dem Falken zu nehmen, als würde er noch immer sprechen. »Die Sendlinge werden sich um Euch kümmern, Lirael. Wie wär’s, wenn wir beim Abendessen alles besprechen?«
    »Das ist zu spät!«, erwiderte Lirael. »Wir müssen uns eher besprechen. Die Botschaft hörte sich an, als sollten wir uns gleich auf den Weg machen.«
    »Aber wir sind doch eben erst angekommen…«
    »Schon, doch die Südlinge und Euer Freund Nicholas sind in Gefahr. Wahrscheinlich kommt es auf jede Stunde an!«
    »Vor allem, da der Herr über Chlorr und die anderen Toten weiß, dass wir hier sind«, knurrte die Hündin. »Wir müssen rasch handeln, ehe wir belagert werden.«
    Sam dachte kurz nach. Schließlich sagte er: »Gut, treffen wir uns in einer Stunde zum Mittagessen, dann überlegen wir, was wir als Nächstes tun können.«
    Er ging voraus – sein Humpeln wurde sichtlich stärker – und öffnete die Haustür. Lirael folgte ihm langsamer, die Hand leicht auf den Rücken der Hündin gelegt. Mogget tappte ein paar Schritte neben ihnen her; dann benutzte er den Rücken der Hündin als Sprungbrett, um sich auf Liraels Schulter niederzulassen. Lirael fuhr erschrocken zusammen, entspannte sich jedoch, als sie erkannte, dass Mogget seine Krallen eingezogen hatte. Der kleine Kater schlang seinen Körper vorsichtig um ihren Nacken.
    »Ich bin sehr müde«, gestand Lirael, als sie über die Schwelle traten. »Können wir uns nicht doch ein bisschen ausruhen?«
    »Nein«, knurrte die Hündin, während sie sich schnüffelnd in der Eingangshalle umsah. Sam war nicht mehr zu sehen, doch ein Sendling zog sich mit dem Kurierfalken auf den behandschuhten Fingern irgendwohin zurück, und zwei weitere warteten am Fuß der Haupttreppe. Sie trugen lange, cremefarbene Kutten, deren tief über den Kopf gezogene Kapuzen verbargen, dass sie keine Gesichter besaßen. Nur ihre Hände waren zu sehen – gespenstisch bleiche Hände aus Charterzeichen, die funkelten und glitzerten, sobald sie sich bewegten.
    Einer kam näher, verbeugte sich tief vor Lirael und bedeutete ihr, ihm zu folgen. Der andere ging zur Hündin und fasste sie am Halsband. Es fiel kein Wort, doch sowohl die Hündin wie auch Mogget erkannten, was der Sendling vorhatte. Mogget als Erster: Er sprang von Liraels Schulter und rannte durch eine Katzentür unter der Treppe, wobei er eine Schnelligkeit und Munterkeit an den Tag legte, die Lirael bisher noch nicht an ihm bemerkt hatte. Die Hündin war entweder weniger flink oder hatte weniger Erfahrung darin, sich den Aufmerksamkeiten der Sendlinge des Abhorsen-Hauses zu entziehen.
    »Ein
Bad?«,
japste sie. »Ich werde nicht baden! Ich bin erst gestern im Fluss geschwommen. Ich brauche kein Bad!«
    »O doch!«, entgegnete Lirael naserümpfend und blickte den Sendling an. »Bitte sorg dafür, dass sie gebadet und gebürstet wird.«
    »Krieg ich danach wenigstens einen Knochen?«, fragte die niedergeschlagene Hündin und blickte mit flehenden Augen zurück, als der Sendling sie wegführte.
    »Ich verspreche«, sagte Lirael. »Übrigens, ich werde auch baden, also stell dich nicht so an.«
    »Für Hunde ist das was anderes«, sagte die Hündin bedrückt, als der Sendling eine Tür zum Innenhof öffnete. »Wir baden nun mal nicht gern.«
    »Ich schon«, sagte Lirael, blickte auf ihre Kleidung, auf der sich Schweißflecken befanden, und strich sich durch ihr schmutziges Haar. Jetzt erst bemerkte sie, dass auch verkrustetes Blut an ihr klebte. Das Blut Unschuldiger. Sie wandte sich dem Sendling zu. »Ich brauche ein Bad und frische Kleidung.«
    Der Sendling verbeugte sich und führte sie zur Treppe. Lirael folgte ihm, lauschte beim Hinaufsteigen dem Knarren jeder Stufe und versuchte, den Kopf endlich frei zu bekommen.
    Dann aber dachte sie an die Südlinge, die sich so verzweifelt bemüht hatten zu entkommen. Sie dachte an die Grube, in der ihre Landsleute getötet und zum Frondienst gezwungen worden waren.
    Sie dachte an die Grube in ihrer Vision, wo Nicholas auf einem Berg Aushub gestanden hatte, während ein Nekromant und seine Diener – von Blitzen verkohlte Leichen – etwas auszuheben versuchten, das niemals das Tageslicht sehen durfte.

     

44
    DAS

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