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Das alte Königreich 02 - Lirael

Titel: Das alte Königreich 02 - Lirael Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Garth Nix
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zusammendrängen, nur um dich zu sehen. Und sieh nur, wie die Charterlichter über dir brennen – heller als irgendwo sonst! Dieses Haus und alle seine Dienstboten heißen dich willkommen, Lirael. Und auch die Abhorsen, der König und deine Nichte Ellimere werden dich ins Herz schließen.«
    Lirael schaute sich um, und tatsächlich: Eine große Schar Sendlinge drängte sich um die Tür zur Küche und füllte den Raum dahinter. Mindestens hundert waren es, manche so alt und verblasst, dass ihre Hände kaum noch sichtbar waren, nicht mehr als Andeutungen von Licht und Schatten. Als sie Liraels Blick bemerkten, verbeugten sich alle. Lirael erwiderte die Geste und spürte, wie ihr die Tränen, die sie so lange zurückgehalten hatte, über die Wangen strömten.
    »Mogget hat Recht«, flüsterte die Hündin, deren Schnauze jetzt auf Liraels Oberschenkel ruhte. »Dein Blut hat dich zu dem gemacht, was du bist. Doch vergiss nicht, dass du nicht nur dein hohes Amt als Abhorsen-Nachfolgerin gewonnen hast. Nun hast du auch eine Familie, die dich herzlich willkommen heißt.«
    »O ja, ganz sicher!«, rief Sam. »Ich kann es kaum erwarten, Ellimeres Gesicht zu sehen, wenn sie erfährt, dass ich unsere Tante gefunden habe. Und Mutter wird glücklich sein. Ich glaube, sie war immer ein wenig enttäuscht, dass ich der Abhorsen-Nachfolger sein sollte. Wir werden ein Willkommensfest für dich geben…«
    »Vergisst du nicht etwas?«, unterbrach Mogget Sams Redefluss. »Da ist immer noch die Sache mit deinem Freund Nicholas, mit den Flüchtlingen aus dem Süden und mit dem Nekromanten Hedge und was er am Roten See ausgräbt.«
    Sams Begeisterung verflog.
    »Ja«, sagte Lirael düster. »Darüber sollten wir uns zuallererst Sorgen machen. Wir müssen überlegen, was wir tun können. Das ist wichtiger als alles andere…«
    »Außer dem Mittagessen! Niemand kann mit leerem Magen vernünftige Pläne machen«, unterbrach Mogget sie, unterstützt durch lautes Bellen der Hündin.
    »Ja, wir müssen etwas essen.« Sam winkte den Sendlingen, die Mahlzeit aufzutragen.
    »Sollten wir zuvor nicht die Botschaften an deine Eltern und Ellimere senden?«, fragte Lirael.
    »Ja, das sollten wir«, pflichtete Sam ihr bei. »Ich weiß nur nicht recht, was ich sagen soll.«
    »Alles, was wir wissen«, erwiderte Lirael, der es schwer fiel, ihre Gedanken zusammenzuhalten. Immer wieder blickte sie auf die Silberschlüssel an ihrem Wappenrock und fühlte sich ein wenig schwindelig und benommen. »Wir müssen dafür sorgen, dass Ellimere und deine Eltern alles erfahren. Vor allem, dass Hedge irgendetwas ausgräbt… etwas aus Freier Magie, das vergraben bleiben sollte. Sie müssen erfahren, dass Nick Hedges Gefangener ist und dass Chlorr als Größere Tote zurückgebracht wurde. Wir müssen ihnen mitteilen, dass wir alles tun werden, um Nick zu finden und zu befreien und die Pläne des Feindes zu vereiteln.«
    »Wahrscheinlich hast du Recht«, murmelte Sam. Er blickte auf den Teller, den ein Sendling soeben vor ihm absetzte, doch seine Aufmerksamkeit galt offensichtlich nicht dem gedünsteten Lachs. »Es ist nur… wenn ich nicht der Abhorsen-Nachfolger bin, kann ich nicht viel tun. Da könnte ich doch eigentlich hier bleiben.«
    Seine Worte wurden stumm aufgenommen. Lirael starrte ihn an, doch er wich ihrem Blick aus. Mogget fraß ruhig weiter, während die Hündin ein leises Knurren hören ließ. Lirael fragte sich einmal mehr, was sie sagen sollte, und wünschte sich wieder, bloß eine Notiz schreiben und über den Tisch schieben zu können, um sich dann in ihr Zimmer zu verziehen. Doch sie war jetzt keine Bibliothekarin zweiten Grades in der Großen Bibliothek der Clayr mehr. Diese Tage waren vorbei – so wie alles, was ihre frühere Existenz und Identität ausgemacht hatte. Sogar ihr geliebtes Wams war ihr von den Sendlingen weggenommen worden.
    Sie war die Abhorsen-Nachfolgerin, und sie musste ihre Sache gut machen. Sie würde nie mehr versagen wie damals bei den Südlingen an den Ufern des Ratterlins!
    »Du kannst nicht bleiben, Sameth«, sagte sie. »Es geht ja nicht allein darum, deinen Freund Nicholas zu befreien. Denk nur daran, was Hedge vorhat! Er will zweihunderttausend Menschen umbringen und jeden Totengeist auf das Königreich hetzen! Und was immer er am Roten See ausgräbt – es muss ein Teil dieses Plans sein. Ich kann es nicht allein schaffen, Sam. Ich brauche deine Hilfe. Das Königreich braucht deine Hilfe. Auch wenn du nicht mehr der

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