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Das Amerikanische Hospital

Titel: Das Amerikanische Hospital Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Kleeberg
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Stunden lang im Wartesaal der South Station von Boston, und panische Angst kroch in ihn, von aller Welt vergessen worden zu sein und völlig einsam und verloren im All zu treiben.
    Zugleich schwitzte er in der dumpfen Wärmeglocke des Cafés, in dem alle nassen Mäntel und Jacken langsam ihre Feuchtigkeit ausdünsteten und wo es mittlerweile roch wie in einer Umkleidekabine.
    Und Sie?, fragte Hélène. Ihre Therapie ist doch abgeschlossen. Sie sind doch, wie es so schön heißt, »geheilt«.
    Cote lächelte ihr schwermütig zu. Ja, ich bin geheilt. Nun, was werde ich tun? Ich werde die restlichen fünf Jahre meiner Dienstzeit irgendwie abreißen. Ich kann es mir nicht leisten, den Dienst jetzt zu quittieren. Ich würde mehr als dreißig Prozent meiner Pensionsansprüche verlieren. Ich habe keine berufliche Alternative. Ich kann froh sein, wenn die Armee mich behält, bei dem record, den ich mittlerweile habe. Nun, das wird auch zu schaffen sein. Solange ich noch hier an der Botschaft arbeite, bin ich ja dort, wo ich immer sein wollte …
    Verzeihen Sie, sagte Hélène, das »geheilt« war ein bisschen flapsig. Ich meine, haben Sie denn das Gefühl, dass wirklich alles wieder im Lot ist?
    Ach, Hélène, sagte Cote, Woods hat geleistet, was zu leisten war. Wir haben jede Sekunde durchgespielt. Unter den Voraussetzungen, unter denen ich angetreten bin, habe ich mir nichts vorzuwerfen. Die Kollateralschäden haben nichts mit meiner Seele zu tun. Ich darf mir
nicht anmaßen, Jesus zu spielen, der die Schuld der Welt auf sich nimmt. Die Albträume und Schweißausbrüche sind vorüber. Die blinden Flecke in der Erinnerung sind blankgeputzt. Ich bin wieder voll dienst- und lebensverwendungsfähig. Ich darf mich im Spiegel ansehen, ohne mich zu schämen. Und wenn ich, jenseits all dessen, was justiziabel ist, der Meinung bin, ich hätte eine Schuld, dann ist es jedenfalls keine, die vor einen irdischen Richter gehört …
    Er zündete sich eine Zigarette an, reichte Hélène eine und trank sein Bier aus. Hélène rief dem vorbeieilenden Kellner zu: Encore deux demis, s’ju plaît! Der nickte und wiederholte im Weitergehen: Deux demis pour Madame.
    Meine Kinder wiedersehen will ich trotzdem nicht. Ich fürchte den Anblick unschuldiger Kinder nach wie vor. Ich habe Angst, dass sie tot umfallen, wenn ich sie anschaue, anspreche oder anfasse. Und es geht ihnen ja auch gut.
    Ich bin sicher, das wird sich irgendwann geben, sagte Hélène.
    Er nickte, dachte nach. Nein, alles ist, von solchen Vernarbungen und Versteifungen abgesehen, gut. Aber ich gestehe Ihnen, Hélène, ich hege zum ersten Mal einen Groll gegen meine Armee, gegen mein Land. Verstehen Sie, gewiss, ich habe alles richtig gemacht, und was ich falsch gemacht habe, liegt nicht in meiner Verantwortung. In meiner Verantwortung liegt nur, dass ich überhaupt dabei gewesen bin. Wäre ich nicht, wären wir nicht dagewesen, wäre nichts von alledem passiert. Es wäre anderes passiert. Schlimmeres vielleicht, wer
weiß das. Aber dieser Groll, der kommt daher, dass ich fünfzehn Jahre lang die Verantwortung für mein Denken und Handeln in die Hände der Armee und des Staates gelegt habe. Und nun habe lernen müssen, dass ich nicht auch die Konsequenzen, die sich daraus ergeben, abwälzen kann. Die bleiben bei mir. Das, was ich getan habe, das, was ich gesehen habe, das lässt sich nicht abgeben und zurückgeben und weiterreichen. Das will keiner, dafür ist kein Abnehmer vorgesehen. Damit muss ich weiterleben.
    Der Kellner brachte die eiskalten und beschlagenen Biergläser und schob den Kassenbon unter den roten Plastikuntersetzer für das Trinkgeld. Cote nahm einen tiefen Schluck.
    Ein wenig, gestehe ich, fühle ich mich getäuscht und enttäuscht, und ich weiß, dass ich es so wie bisher nicht mehr halten kann. Ich will keine Gesetze daraus ableiten. Es ist etwas ganz Persönliches. Was ich für richtig und wichtig halte, für gerecht und gut, ist eines, aber ich fürchte, ich bin nicht mehr in der Lage und willens, die Konsequenzen, die sich daraus ergeben, ganz allein mit mir abmachen und in meiner Seele tragen zu müssen.
    Er nickte, den Blick auf das Bierglas gerichtet, seinen Worten hinterher.
    Danke für vorhin, sagte Hélène. Sie hatten mich schon weggezerrt, bevor ich noch Angst bekommen konnte.
    Ich habe zu danken, dass ich Ihnen wenigstens auch einmal behilflich sein konnte nach allem, was Sie für mich getan haben. Außerdem war das ja gar nichts.
    Sie sahen

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