Das Amulett der Macht
der Wind hier durchpeitscht, vor allem in der Regenzeit, würde Chicago glatt vor Neid erblassen.«
»Ich glaub’s dir mal«, sagte Lara. »Wie groß ist dein Grundstück?«
»Vier Hektar«, sagte er. »In der Gegend treiben sich ein paar Leoparden herum, aber Max lässt mich wissen, wann sie da sind.«
»Leoparden?«, wiederholte sie überrascht.
Er lächelte. »Das hier ist nicht Nairobi. Das war früher mal Farmland. Jetzt wohnen hier britische Ex-Patrioten, die Gegend gehört zu den vornehmen Außenbezirken und wird nicht mehr weiter bebaut. Und so lange es Verstecke und zum Fressen Hunde und Pferde gibt, wird es hier Leoparden geben. Sie sind wie die Kojoten in Amerika: Kaum glaubt man, sie seien weg, wenn man ein Jahr lang keinen gesehen und jeden Zentimeter der Umgebung abgesucht hat und für sauber hält, hockt dir plötzlich einer auf dem Schoß.«
»Jetzt verstehe ich, warum du dein Gewehr behältst.«
»Das Gewehr setze ich nur gegen Banditen ein«, erwiderte er. »Oh, ich habe den Leoparden ein paar Mal über den Kopf hinweg geschossen, um sie zu verjagen, aber meine Tage als Jäger sind vorbei. Ich bin zu der Ansicht gelangt, dass Leopardenfelle besser an Leoparden und Elfenbein besser im Gesicht eines Elefanten aussehen.«
Er bog nach rechts ab, und sie bemerkte ein kleines Schild, das ihr verriet, dass sie sich nun auf der Windy Ridge Road befanden. Eine Viertelmeile weiter fuhr Oliver auf ein großes, altes Holzhaus zu, das von Veranden und Terrassen und einem makellos gepflegten Grundstück umgeben war.
»Es ist hübsch«, kommentierte Lara.
»Ich wünschte, ich hätte etwas damit zu tun, aber ich habe es vor ein paar Jahren nur gekauft, und die Gärtner waren im Preis inbegriffen.«
Der Landrover stoppte, und sie stiegen aus.
»Das ist seltsam«, meinte Oliver.
»Was?«
»Max. Er kommt eigentlich immer her, um mich zu begrüßen.«
»Vielleicht schläft er.«
Er schüttelte den Kopf. »Hier stimmt etwas nicht.«
»Warum schaust du nicht im Haus nach ihm, und ich suche im Garten?«, schlug Lara vor.
»In Ordnung.«
»Ein Jack-Russell-Terrier, richtig?«
»Ja.«
Während Oliver das Haus betrat, machte Lara sich daran, das Grundstück abzugehen. Es gab keine Außenlampen, aber durch die Fenster der beleuchteten Zimmer des Hauses fiel etwas Licht heraus in den Garten. Erst als sie die hintere Seite des Hauses erreichte, fand sie sich in fast vollkommener Dunkelheit wieder.
Sie konnte die Umrisse eines kleinen Holzschuppens ausmachen, der etwa fünfzig Yards entfernt lag, und beschloss, hinüberzugehen und nachzuschauen, ob der Hund dort war. Sie fasste gerade nach der Tür, als sie hinter sich ein Rascheln hörte und herumwirbelte, um zu sehen, wo es herkam.
Sie sah sich dem größten Leoparden gegenüber, den sie jemals gesehen hatte. Sie griff nach ihren Pistolen, und dann erst fiel ihr ein, dass sie noch weggepackt waren. Sie zog das Skalpell von Isis hervor und machte sich bereit, ihr Leben so teuer wie möglich zu verkaufen.
Und dann, anstatt sie anzuspringen, sprach der Leopard. Sein Maul bewegte sich nicht, aber sie vernahm dieselben hohlen Laute, dieselbe substanzlose Stimme, die ihr aufgetragen hatte, Gordons Brief zu suchen.
Warum bist du hier?, wollte die Stimme wissen. Dein Weg muss dich an einen anderen Ort führen, übers Meer. Finde mich, befreie mich, und ich werde dir die Herrschaft über das Leben der Menschen schenken.
»Ich bin ja schon unterwegs«, sagte Lara, »aber …«
Sprich nicht laut, sagte der Leopard lautlos. Ich kann deine Gedanken hören.
Ich werde bald zur Praslin-Insel aufbrechen, dachte Lara.
Viele werden versuchen, dich aufzuhalten.
Ich weiß, dachte sie. Dann: Du scheinst zu wollen, dass ich dich finde. Wirst du mich beschützen?
Der Leopard knurrte.
Ich sehne mich danach, gefunden zu werden, so benutzt zu werden, wie Mareish wollte, dass ich benutzt werde. Aber ich beschütze niemanden. Wenn du meiner würdig bist, wirst du zu mir kommen. Wenn du dich aufhalten lässt, dann warst du nicht die Eine.
»In Ordnung«, sagte sie laut. »Dann halte mich nicht auf.«
Diese Begegnung ist vorbei. Geh, denn wenn ich das Tier freilasse, wird es tun, was ihm beliebt. Es hat bereits den Hund getötet, nach dem du suchst.
Lara wich ein paar Fuß zurück und prallte gegen den Schuppen.
»Schön«, murmelte sie. »Ich werde da drinnen warten, bis du fort bist oder Malcolm dir mit seinem Gewehr den Schädel wegbläst.«
Sie betrat den Schuppen
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