Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Amulett der Pilgerin - Roman

Titel: Das Amulett der Pilgerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Bastian
Vom Netzwerk:
abgesetzt?«
    Fast hoffte Julian, dass das der Fall war. Der Gedanke, dass sie gemeinsame Sache mit seinem Erzfeind machte, war unerträglich. Immerhin, dank Rinaldo wusste er nun, wo Thorn zu finden war. Das Einzige, was er jetzt tun konnte, war, Thorn zu folgen und herauszufinden, was er vorhatte. Wenn er mit seiner Vermutung richtiglag, dann würde Thorn versuchen, die Liste entweder zu Geld zu machen oder aber bei den Verschwörern mit einzusteigen oder beides. Das heißt, wenn er ihm folgte, würde Thorn ihn früher oder später zu den Verrätern führen. Irgendwann würde ihm auch eine Idee kommen, wie er sich aus dem Schlamassel wieder herauswinden könnte, hoffte Julian.
    »Sie haben einen neuen Verband.« Rinaldo deutete auf Julians Arm. Julian nickte.
    »Ja, ich habe die Gelegenheit wahrgenommen, die Wunde von jemandem untersuchen zu lassen, der etwas davon versteht. Sie hat eine Salbe benutzt und den Arm neu verbunden. Trotz aller Anstrengungen heilt der Messerstich gut.«
    »Die Person ist eine Frau?«
    »Ja, die Witwe eines Böttchers, aber sie hilft nur Leuten, die sie kennt. Sie will nicht in Schwierigkeiten geraten.«
    Das Schankmädchen räumte den Tisch ab.
    »Wir sollten zu der Herberge gehen und auf Thorn warten. Vielleicht ist er inzwischen auch schon zurückgekommen«, schlug Rinaldo vor.
    »Und dann?«
    »Dann wird er mir wiedergeben, was er mir genommen hat.«
    Julian runzelte die Stirn.
    »Wenn wir ihn weiterhin nur beobachten, dann könnte ich vielleicht herausfinden, mit wem er sich wegen der Liste in Verbindung setzt.«
    Jetzt runzelte Rinaldo die Stirn.
    »Aber ich muss unbedingt meinen Anhänger wiederbekommen. Wenn ich jetzt warte, verpasse ich womöglich meine Chance.«
    »Ja«, stimmte Julian dem Spanier zu, »das kann ich verstehen. Aber die Liste allein nützt mir nicht viel.«
    »Immerhin besser als ohne Liste.«
    »Aber die Liste beweist nur, was Thorn über mich behauptet hat, nämlich dass ich im Besitz des Pergaments bin. Melchor Thorn ist der Verräter, und ich muss ihn überführen. Sogar wenn ich die Liste beim Kardinal abgebe, habe ich keine Beweise gegen Thorn.«
    Außerdem brannte Julian darauf, zu erfahren, welche Rolle Viviana in dieser Angelegenheit spielte. Hatte sie ihn tatsächlich ans Messer geliefert, um ihren Auftrag doch noch ausführen zu können, auch wenn die Liste jetzt nicht an die ursprünglichen Verräter weitergegeben werden würde? Er wollte es einfach nicht glauben, obwohl alles dafür sprach. Er war ein Narr.
    »Na gut« – Julian stand auf –, »es dämmert bereits. Wir sollten jetzt zurückgehen, sonst bekommen wir womöglich gar nichts.«

• 29 •
    V iviana wartete auf Melchor. Die Glocken läuteten zum Abendgebet. Ihr Gespräch mit Simeon war gut verlaufen. Er war ein verständiger, fähiger Mann und hatte eine sehr gute Idee gehabt. Sie würden sich vor Morgengrauen auf der Themse treffen. Melchor würde erst im allerletzten Moment Simeon und wohl noch einen zusätzlichen Agenten erkennen. Eine Flucht wäre weitaus schwieriger als in den verwinkelten Straßen von London. Julians Unschuld wäre bewiesen, und der Kardinal bekäme die Liste. Die würde ihm allerdings nichts nützen, weil sie immer noch verschlüsselt war. Also würde Viviana auch keine Schwierigkeiten mit ihren Auftraggebern bekommen, zumindest nicht so große, wie sie befürchtet hatte. Sobald alles erfolgreich zu Ende gebracht war, konnte sie zur Küste aufbrechen. Simeon hatte ihr freies Geleit zugesichert, und sie hatte sich bereits eine Ausrüstung besorgt. Nur davon, wie es danach weitergehen sollte, wie ihre Zukunft aussehen würde, davon hatte Viviana noch keine klare Vorstellung.
    Melchor kam aus einer Seitengasse und überquerte den Marktplatz. Er hatte sein Haar und seinen Bart schneiden lassen und auch den hässlichen grünen Umhang abgelegt. Leider fand Viviana ihn in einer roten Jacke mit goldenem Rautenmuster auch nicht attraktiver. Er hatte sicher heute Nacht noch einiges vor, und sie ärgerte sich, dass sie Simeon nicht gedrängt hatte, ihr Treffen in die Zeit nach Einbruch der Dunkelheit zu legen. Aber er wollte noch einiges vorbereiten und musste nach Westminster, um noch einen Agenten zu holen und außerdem noch ein Boot zu organisieren. Warum sträubte sie sich derartig dagegen, Melchors Lager zu teilen? Irgendetwas an ihm stieß sie ab. Nein, es war nicht er, sie hatte sich verändert. Es schien, als könnte sie sich nicht mehr so gut von ihrem Körper

Weitere Kostenlose Bücher