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Das Amulett der Pilgerin - Roman

Titel: Das Amulett der Pilgerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Bastian
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erneut zuzuschlagen. Rinaldo muss in etwas verwickelt sein, und seine Gesellschaft ist nicht ungefährlich, wie wir gestern Nacht am eigenen Leib erfahren haben. Es wäre besser, wenn wir ihn ziehen ließen.«
    »Du könntest doch derjenige sein, der in etwas verwickelt ist.«
    »Ich?«
    »Ja, du. Ehe du zu uns gestoßen bist, hat uns niemand verfolgt oder überfallen. Woher weiß ich, dass es nicht deine Gesellschaft ist, die gefährlich ist?«
    »Glaubst du, ich würde dich absichtlich in Gefahr bringen?« Jetzt war Julian aufgebracht.
    »Das weiß ich nicht. Aber ich weiß, dass Rinaldo es niemals tun würde. Immerhin kostete es ihn Bequemlichkeit, Zeit und nicht zuletzt Geld, mich überhaupt mitzunehmen.«
    Es war schwierig, etwas gegen diese Einwände zu sagen, dachte Julian. Wenn man die Sache so betrachtete, wie Viviana sie gerade dargestellt hatte, könnte sie durchaus recht haben.
    »Du musst mir glauben, Viviana. Diese Männer haben uns nicht meinetwegen überfallen.«
    »Ich will dir ja glauben, aber ich glaube eben auch an Rinaldo.«
    »Nun nimm doch Vernunft an, Viviana.«
    Sie stampfte mit dem Fuß auf.
    »Ich werde Rinaldo nicht im Stich lassen! Wenn du nicht mitsuchen willst, dann suche ich eben alleine.«
    Julian betrachtete Viviana. Ihre dunklen Augen sprühten Blitze, und sie hatte ihre vollen Lippen zornig zusammengepresst. Es ärgerte ihn, dass sie seinen Plänen nicht zustimmte, aber gleichzeitig respektierte er ihre Treue zu Rinaldo, auch wenn er glaubte, dass der Spanier ihr Vertrauen nicht verdiente. Vielleicht war es auch nicht die schlechteste Idee, denn er könnte weiter die Sache mit Rinaldo untersuchen, und gleichzeitig hätte er ein Auge auf Viviana. Er wusste nicht, wann er eigentlich die Verantwortung für ihr Wohl übernommen hatte, aber er befürchtete, es war der Moment gewesen, in dem sie sich das erste Mal begegnet waren.
    »Ich würde nur gerne wissen, für wen ich jetzt durch die Welt reisen muss«, sagte er schließlich versöhnlich. Viviana lächelte.
    »Ich weiß, Rinaldo ist sehr verschlossen, aber er hat ein gutes Herz. Er wird seine Gründe haben, und das müssen wir anerkennen.«
    Julian fand nicht, dass er das anerkennen musste, sagte aber nichts.
    »Sollten wir nicht wenigstens sein Gepäck durchsuchen?«, schlug Julian vor.
    »Warum?«
    »Vielleicht enthält es einen Hinweis, welche Stationen er eingeplant hat?«
    Viviana blickte ihn zweifelnd an.
    »Komm schon, Viviana. Es ist ja nicht so, als wenn wir etwas stehlen wollten. Aber es könnte doch immerhin sein, dass wir auf etwas stoßen, das uns weiterhelfen könnte?«
    Sie gab sich einen Ruck und nickte.
    »Du hast recht.«
    Julian holte das Bündel und öffnete es. Der Inhalt war ordentlich gefaltet, und obwohl Julian selten Bedenken hatte, etwas zu durchsuchen, spürte er deutlich, hier in die Privatsphäre eines Menschen einzudringen. Wahrscheinlich war Vivianas nervöses Händeringen an diesen unüblichen Hemmungen schuld. Sorgfältig breitete er den Inhalt des Leinenpakets auf dem Tisch aus: ein Hemd, eine Hose, ein Zahnstocher und ein Ohrenreiniger aus Horn, ein Stück Seife, eine Art dünner Teppich mit einem eingewebten graphischen Muster, ein Holzlöffel, eine Perlenkette aus Bernstein.
    Viviana und Julian blickten sich an. Es waren die gewöhnlichen Dinge eines Reisenden, und doch waren sie anders. Viviana rollte den Teppich aus. Er war bestimmt sehr kostbar. Nicht nur das hauchdünne Material, sondern auch das eingewebte Muster machten ihn einzigartig. Den verschlungenen Formen nach zu urteilen war er maurischen Ursprungs. Vielleicht war er als Gastgeschenk gedacht?
    »Ich kann nicht verstehen, warum die Diebe gestern Mittag diesen Teppich und die Kette nicht mitgenommen haben.«
    Viviana ließ die durchsichtigen, goldbraunen Perlen durch ihre Finger gleiten.
    »Es kann ja sein, dass sie nach etwas Bestimmtem gesucht haben. Sie haben es nicht gefunden und uns dann im Wald überfallen.«
    Viviana kräuselte unwillig die Nase.
    »Ich sage ja nicht, dass Rinaldo etwas Verbotenes tut, aber es hat doch den Anschein, als hätte er etwas bei sich, was jemand anderer ihm liebend gerne abnehmen würde.« Julian blickte zu Viviana hinüber, die dieser Schlussfolgerung offensichtlich immer noch nicht recht folgen wollte.
    »Hast du vielleicht irgendetwas dabei, das die Räuber erbeuten wollten?«, fragte sie herausfordernd.
    »Nein. Und du?«
    »Hätte ich gewusst, dass die Räuber meinetwegen da waren, hätte ich

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