Das Amulett der Seelentropfen (Seelenseher-Trilogie) (German Edition)
Statuen angenommen, als sie beobachteten, wie ich meine Hand nach der Felswand ausstreckte und mit der anderen Keiras Schwertgriff umfasste. Ich tauchte erst mit den Fingerspitzen in den Stein und verschmolz dann völlig mit dem Trugbild. Als ich die Augen wieder öffnete und einen letzten Schritt tat, spürte ich die kalte Luft der Nacht auf meinem Gesicht. Ich war wieder außerhalb der Berge von Turian. Ich drehte mich um, nur um mich mit dem Gesicht vor der Felswand wiederzufinden, die so solide wirkte, dass es unmöglich erschien, eben aus ihr herausgetreten zu sein.
»Janlan!«
Ich musste nicht raten, von wo Craigs Stimme kam. Ich hatte die ganze Zeit gewusst, dass er sich rechts von mir aufhielt und jetzt aus dem Schatten kam. Sein silbriges Gesicht erhellte meines und das Lächeln, das sich sogleich auf meinem Gesicht ausbreitete, konnte seinem wohl kaum Konkurrenz machen. Es war das jungenhafte Lächeln, dem ich nur schwer widerstehen konnte. Es wäre womöglich das Schönste auf der Welt gewesen, ihm in die Arme zu rennen und ihn zu küssen, so wie es immer in den vielen Teenagerschnulzen geschah. Ich hatte diese Möglichkeit nicht. Ich musste mich zwingen einen Meter vor ihm stehen zu bleiben und mich nur mit seinem Lächeln zufriedengeben. Wenigstens, bis ich alles wieder in Ordnung bringen konnte und das vor der Wintersonnenwende. Also blieb mir nicht mehr viel Zeit. Mir fehlte nur das Datum.
»Geht es dir gut?«, fragte Craig in besorgtem Ton, aber seine Augen blieben auf dem Amulett hängen, das er jetzt erst zu bemerken schien. »Du hast es gefunden!«
Seine Freude steckte mich an und ich biss mir verlegen auf die Lippe, als ich nickte und das Amulett anhob.
»Es war eigentlich nicht besonders schwer, als ich den Nebel hinter mir gelassen hatte, König Realdin überzeugt und Sebilia gefunden hatte…«
Ich zählte schnell auf, was ich alles hatte überwinden müssen, um an das Amulett zu gelangen. Es schien mir wirklich nicht sonderlich schwer gewesen zu sein, außer der anfänglichen Wanderung durch den Spalt. Das Schwierigste war wohl die Konfrontation mit der Erinnerung in Keiras Gestalt gewesen. Craig lauschte mir geduldig, wobei er ohne, dass ich es wirklich mitbekam, mich zum Auto trieb.
»Du solltest dich umziehen«, sagte er schließlich, als ich mit meiner Geschichte am Ende war. Erst jetzt wurde mir wieder bewusst, wie nass meine Kleider schon wieder waren. Schnell schlüpfte ich in eine neue Jeans und einen wunderbar flauschigen Pulli. Der mir, wie alle meine Sachen, inzwischen zu groß war. Ich lümmelte mich in die zwei Schlafsäcke und lächelte, als ich bemerkte wie amüsiert Craig mich beobachtete. Ich zog die Autotür zu, um den frostigen Wind auszusperren. Ich wurde stutzig, als ich die plötzliche Veränderung in Craigs Gesicht bemerkte.
»Was ist?«, fragte ich unsicher. Er wischte meinen besorgten Ton mit einem schwachen Lächeln weg.
»Ich war mir nur nicht sicher, ob du wiederkommen würdest.«
Ich runzelte die Stirn, als ich sagte, »Wie meinst du das? Ich war doch gar nicht lange weg. Höchstens vier Tage oder so.«
Ich erschrak, als ich sein ungläubiges Gesicht sah.
»Craig, warum guckst du so? Was ist los?«
Ich ahnte, dass nichts Gutes ihn dermaßen zögern ließ.
»Janlan, du warst drei Wochen weg.«
Ich richtete mich so schnell in den Schlafsäcken auf, dass für eine Sekunde mein Sichtfeld an den Rändern schwarz wurde.
»Was! Den Wievielten haben wir?«
Die Zeit musste wirklich stillgestanden haben in diesem vermaledeiten Ewigen Tal.
»Es ist der Zwölfte«, beantwortete Craig meine Frage ruhig. Er dachte wohl, so meine Panik dämpfen zu können.
»Der Zwölfte!«, keuchte ich. »Craig, wann ist die Wintersonnenwende?«
Er legte seinen Kopf schief, als verstünde er nicht ganz, was das eine mit dem anderen zu tun hatte.
»Soweit ich weiß ist sie dieses Jahr am einundzwanzigsten Dezember. Warum?«
Mein Herz raste vor Aufregung. Warum musste das alles so kompliziert sein?
»Craig, ich muss noch vor der Wintersonnenwende das Amulett auf die Spitze des Alverall bringen und den Tempel des Ordens finden, ansonsten war alles umsonst. Craig, wenn das stimmt, was du sagst… Wenn wir wirklich schon den zwölften Dezember haben, dann habe ich kaum mehr als eine Woche, um dorthin zu gelangen. Und dann weiß ich nicht einmal, wie es weiter geht. Wie zur Hölle soll ich das schaffen?«
Ich bemerkte Craig gar nicht mehr wirklich, sondern brabbelte vor mich
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