Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Amulett der Zauberin: Roman (German Edition)

Das Amulett der Zauberin: Roman (German Edition)

Titel: Das Amulett der Zauberin: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Coughlin
Vom Netzwerk:
beobachtete genau die Reaktionen, die über sein Gesicht huschten: Überraschung, Verwirrung, Unglaube. Alles wirkte echt, aber vielleicht war er ja nur ein guter Schauspieler und präsentierte ihr eine clevere, ja fast magische Vorstellung.
    »Was meinen Sie mit verschwunden?«, verlangte er mit angespannter, tiefer Stimme zu wissen. »Wohin verschwunden?«
    »Ich hatte gehofft, das könnten Sie mir sagen. Deswegen bin ich hier.«
    »Warum sollten Sie glauben …« Er brach ab und runzelte die Stirn. »Wollen Sie damit sagen, dass Sie ihn verloren haben? Sie haben ihn weniger als einen Tag und haben ihn verloren?«
    »Natürlich habe ich ihn nicht verloren. Jemand hat ihn genommen. Da besteht ein Unterschied.«
    »Kein wesentlicher«, schoss er zurück. »Das Einzige, was zählt, ist, dass Sie ihn nicht mehr haben.« Das letzte Wort bellte er fast, und seine Miene wurde immer finsterer, während er die Lage nach und nach verstand. »Und Sie denken, ich hätte ihn. Deswegen sind Sie hier … Sie glauben, ich hätte ihn gestohlen.«
    »Ich halte es für möglich. Entweder Sie oder die Hexer. Sie könnten von Anfang an zusammengearbeitet haben.«
    Er starrte sie schweigend an, die Arme verschränkt und die Zähne zusammengebissen.
    Sie verschränkte ebenfalls die Arme und starrte zurück. »Der Anhänger ist nicht meine größte Sorge. Ich glaube, wer auch immer ihn gestohlen hat, hat auch meine Nichte entführt.«
    »Aha. Also beschuldigen Sie mich nicht nur des Einbruchdiebstahls, sondern auch der Entführung eines Kindes?«
    »Nicht wirklich eines Kindes. Rory ist fünfzehn.«
    »Glauben Sie mir«, knurrte er, »soweit es mich betrifft, ist das Kind genug. Halten Sie mich wirklich für fähig, so etwas zu tun?«
    »Ich habe keine Ahnung, wozu Sie fähig sind«, blaffte Eve. »Ich kenne Sie nicht. Und ich will Sie auch nicht kennen.«
    Hazard versteifte sich, weil ihre Worte ihn trafen wie Pfeile. Gefühle, die er schon seit langer Zeit nicht mehr empfunden hatte, erwachten in ihm, und das gefiel ihm nicht. Bei manchen war er sich nicht einmal mehr sicher, ob er sie benennen konnte. Andere, wie Wut, kannte er nur zu gut. Wut war ihm sowohl vertraut als auch nützlich, auch wenn die Art von Wut, die er normalerweise empfand, eher kalt und berechnend war, nicht diese kochende, wilde Empfindung, die jetzt gegen seine Selbstkontrolle kämpfte. Über die Jahre hatte er seine Wut gehegt und gepflegt, bis sie mehr war als nur ein Gefühl. Sie war zu seiner Rüstung und seinem Antrieb geworden und, auf perverse Art, zu seinem Trost.
    Aber jetzt versagte sie, denn er fühlte sich weder getröstet noch geschützt. Er fühlte sich roh und verletzlich, ohne einen Puffer zwischen sich und den Anschuldigungen. Eve Lockharts hitzige grüne Augen glühten ihn an. Und nichts schützte ihn vor dem Sog der weiteren Gefühle, die sie auslöste.
    Verdammte Hexe.
    Dieser lächerliche Aufruhr in ihm war ihre Schuld. Sie war verantwortlich für diese seltsame Schwere um sein Herz und den dämlichen Frosch im Hals und die völlig blödsinnige Art, wie er hier herumstand, als hätte ihm jemand alle Energie ausgesaugt. Und das alles aus keinem besseren Grund, als dass sie schlecht über ihn dachte.
    Ich kenne Sie nicht. Und ich will Sie auch nicht kennen.
    Das war deutlich. Und was spielte es für eine Rolle, dass ihre Gedankengänge völlig falsch waren? Er hatte den Anhänger nicht gestohlen, und ganz sicher hatte er ihre Nichte nicht gekidnappt … obwohl er inzwischen dachte, er hätte es tun sollen. Das mit dem Anhänger, nicht mit der Nichte.
    Statt den Vormittag damit zu verbringen, Vasil aufzuspüren und ihn dafür zu bezahlen, dass er sich von ihr fernhielt, um sich dann die Mühe zu machen, sich Zugang zu ihrem Büro zu erschleichen, um an den gesunden Menschenverstand zu appellieren, den sie so eindeutig nicht besaß, hätte er einfach zu ihrem Haus fahren, den Anhänger stehlen und sich selbst das Leben leichter machen sollen. Und damit hätte er sich zusätzlich diesen ganzen Blödsinn hier erspart. Aber nein, aus irgendeinem unverständlichen Grund hatte er sie davon überzeugen wollen, dass er besser war als Vasils Schergen. Je länger er wach gelegen und über sie nachgedacht hatte, desto stärker war der Drang geworden, sich ihr gegenüber … ehrenhaft zu verhalten.
    Ein Narr lernt nie.
    Aber all das war jetzt unwichtig. Er wusste, dass er ihr nichts gestohlen hatte, und das würde seinem Ehrgefühl reichen müssen.

Weitere Kostenlose Bücher