Das Amulett der Zauberin: Roman (German Edition)
Eigentlich, wenn man genau darüber nachdachte, hatte sie ihn bestohlen. Wenn sie nicht ihre magischen Tricks eingesetzt hätte, wäre er als höchster Bieter aus der Versteigerung gegangen und hätte den Anhänger mitgenommen. Stattdessen hatte sie ihm die Trophäe vor der Nase weggeschnappt, nur um sich dann umzudrehen und ihn zu verlieren, bevor er ihn zurückholen konnte. Er war die geschädigte Partei in der ganzen Sache. Warum also sollte es ihm etwas bedeuten, dass sie ihn für einen Lügner und Dieb hielt?
Es sollte ihm nichts bedeuten. Und das tat es auch nicht. Er weigerte sich, es zuzulassen. Es ärgerte ihn einfach nur, dass sie dort stand, fast Nase an Nase mit ihm, mit glühenden grünen Augen und hocherhobenem Kinn, und genau das dachte. Es ärgerte ihn fast so sehr wie die Tatsache, dass es ihr so leicht gelungen war, ihn innerlich aufzuwühlen und von seiner Fährte abzubringen. Es war erniedrigend. Und außerdem gefährlich. Er konnte es sich momentan nicht leisten, sich ablenken zu lassen. Er hatte zu viel Zeit und Mühe in die Planung dieser Sache investiert, und alles hing davon ab, dass er diesen Anhänger in die Finger bekam. Er würde vielleicht niemals eine zweite Chance bekommen, also sollte die Gefahr des Versagens genug sein, um seine Aufmerksamkeit zu schärfen.
Hexe, dachte er wieder und wünschte inständig, es wäre so einfach. Unglücklicherweise hatte der Aufruhr in ihm nichts damit zu tun, dass Eve Lockhart eine Hexe war, sondern damit, dass sie eine Frau war.
Die schönste Frau, die er je gesehen hatte, dachte er zum zweiten Mal. Andere mochten anderer Meinung sein, aber er wusste, dass es wahr war. Alles an ihr gefiel ihm und führte ihn in Versuchung. Sie nur anzusehen sorgte schon dafür, dass er sie berühren wollte, und er wusste, dass eine Berührung dazu führen konnte, dass er alles wollte. Dass er sie mit Haut und Haar wollte.
Er würde sich nicht alles sofort nehmen. Nicht, dass er je die Chance bekommen würde, aber wenn doch, würde er sie nicht in einer gierigen Bewegung an sich reißen, so sehr seine Sinne auch danach schreien mochten. Wenn es ihm möglich wäre, verschlänge er sie in hundert, nein tausend quälend kleinen Bissen. Er würde sie auskosten, als hätte er alle Zeit der Welt, als stünde ihnen die Ewigkeit zur Verfügung.
Er wollte seine Fingerspitzen über ihr Gesicht und ihren Hals wandern lassen, um herauszufinden, ob ihre Haut sich so glatt und makellos anfühlte, wie sie aussah.
Er würde seine Handfläche sanft an ihre Wange drücken und die Wärme fühlen, die aufstieg, wenn sie errötete, so wie es im Moment der Fall war.
Er wollte seine Hände unter die goldkupferne Seide ihres Haares schieben und sie anheben, so dass er ihren Nacken genauso küssen konnte wie die verführerische Wölbung ihrer Schulter. Langsam, bis er die Stelle fand, die sie zum Erzittern brachte und vor Verlangen seufzen ließ.
Er dachte gerade über andere versteckte Stellen nach, die er küssen wollte, als ihm plötzlich klar wurde, dass sich etwas in ihrer Miene verändert hatte. Sie wirkte immer noch konzentriert und wachsam, wie eine prachtvolle Kriegerprinzessin aus einem Märchen, aber sie wirkte nicht mehr so sicher. Wie lange, fragte er sich, stand er schon hier und starrte sie an, verloren in seinen eigenen, verrückten Gedanken? Lange genug, dass sie ahnte, was in seinem Kopf vorging? Davon ging er nicht aus. Sie wirkte zu sehr mit ihren eigenen Gedanken beschäftigt, um sich darum zu kümmern.
Er nahm sich ein paar Sekunden, um die richtigen Worte zu finden, gab schließlich auf und versuchte, einfach nur irgendetwas zu finden, was er sagen konnte. Die Sache wurde nicht leichter dadurch, dass er sich bemühte, nicht auf ihren Pullover zu schauen, und feststellte, dass es ihm jetzt keinen Deut leichter fiel als am Vormittag in ihrem Büro. Der Pullover war weich und eng, und er hatte keine Ahnung, was für spitzenbesetzte, weibliche Kleidungsstücke sie darunter trug, aber seiner eingerosteten – nicht zu verwechseln mit amateurhaften oder ungeübten – Meinung nach war das Einzige, was darunter war, sie selbst. Und schon allein diese Möglichkeit machte es ihm unmöglich, über etwas anderes nachzudenken.
Es gab einen Namen für die Farbe ihres Pullovers, aber er konnte sich nicht daran erinnern. Die Farben hatten alle Namen, einen für jede Schattierung. Es war so lange her, dass er diese Worte ausgesprochen oder auch nur gedacht hatte, dass sie
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