Das Amulett
der Namen, für die Gordan sich verbürgt hatte, schoss es Fylgaron durch den Kopf. »Nun, Xandor hat vor über dreihundert Jahren gelebt. Selbstverständlich ist er tot. Es stellt sich vielmehr die Frage, weshalb Gordan so lange überlebt hat.«
Phelyne schüttelte heftig den Kopf. »Xandor muss erst kürzlich gestorben sein. König Jorgan hat von ihm gesprochen, und Gordan erwähnte etwas von einem Exil, in das Xandor ihn getrieben hatte. Und nun ist Xandor tot.«
»Ein weiterer toter Magier«, meinte Sarphin trocken. »Wenn er tatsächlich so mächtig war, ist das kein Schaden für uns.«
»Ihr versteht nicht«, beharrte Phelyne. »Man hat uns getäuscht. Und vermutlich gibt es noch viele Magier aus den alten Tagen.«
»Die zweifellos über die Jahre sehr mächtig geworden sind«, spann Fylgaron ihren Gedanken weiter. »Sehr gut beobachtet, mein Kind. Was hat Gordan über Xandor berichtet?«
»Nichts, nur dass er tot ist.«
»Hmmm ...« Fylgaron legte die Stirn in Falten und rieb sich das Kinn.
»Du hast auch einen Paladin erwähnt, Schwester«, hakte Sarphin neugierig nach.
»Gordan sagte, dass er im Exil auf die Ankunft eines Paladins gewartet hatte. Den es anscheinend tatsächlich gibt! Er war hier in Berenth am Hof von König Jorgan! Bestimmt hing damit die seltsame Störung des Gleichgewichts zusammen, die Ihr gespürt habt!« Ihre Stimme wurde von Moment zu Moment lauter. »Es fiel auch ein Name – Tharador. Ich weiß nicht, ob es sich dabei um den Paladin handelt, vermute es aber.«
»Ein Paladin? Ein leibhaftiger Paladin auf Kanduras?«, wiederholte Sarphin fassungslos.
»Meister, was hat das alles zu bedeuten?«, fragte Phelyne beinah verzweifelt.
»Hmmm ...« Fylgaron ließ sich mit einer Antwort lange Zeit. »Das kann ich jetzt noch nicht mit Sicherheit sagen«, gab er schließlich zu. »Dass Jorgan uns so offensichtlich hintergeht, hätte ich nicht erwartet, ebenso wenig Gordans Auftauchen. Einen Paladin noch viel weniger.«
»Wir müssen den Orden zusammenrufen«, drängte Sarphin. »Wir sind alle in ...«
»Nein«, unterbrach ihn Fylgaron energisch. »Die übrigen Meister brauchen davon nichts zu erfahren. Im Gegenteil. Sollte hier eine Bedrohung für uns erwachsen, so dürfen wir die übrigen Kleriker nicht in Gefahr bringen.«
Sie wurden durch ein Klopfen an der Tür unterbrochen. Fylgaron erteilte nach einem kurzen Blickwechsel mit den übrigen Anwesenden die Erlaubnis zum Eintreten. Ein junger Novize schob sich ehrfürchtig durch die Tür und kam eilig näher.
»Sprich, mein Sohn«, forderte Fylgaron den Jungen auf, der kaum älter als zwölf Jahre sein konnte.
»Schwester Phelyne wird von König Jorgan heute zum Abendmahl erwartet«, verkündete der Junge ohne Umschweife. Es war bekannt, dass der Ordensvorsteher Zaghaftigkeit verabscheute; vor allem die Novizen fürchteten seinen Zorn, der sich in drakonischen Strafarbeiten äußerte.
»Welch seltsamer Zufall«, meinte Fylgaron freudig. »Du kannst gehen, mein Sohn.«
Als die Tür sich beinahe lautlos schloss, zeichnete sich ein zufriedenes Grinsen auf den dünnen Lippen Fylgarons ab. »Du wirst der Einladung des Königs folgen und versuchen, so viel wie möglich in Erfahrung zu bringen.«
»In Alghors Namen«, stimmte Phelyne dem Befehl mit einer demütigen Verbeugung zu.
Sarphin verließ das Zimmer, um seinen täglichen Arbeiten nachzugehen und seine Novizengruppe zu überwachen. Fylgaron wollte sich bereits wieder einem Schriftsatz widmen, doch Phelyne stand noch immer vor dem Tisch und biss sich nervös auf die Unterlippe. Fylgaron bedachte sie mit einem forschenden, fast argwöhnischem, Blick. »Du hast noch etwas auf dem Herzen?«
Phelyne nickte kaum merklich. »Es ist dieser Gordan. Er ist unvorstellbar mächtig. Obwohl ich mich vor Magie geschützt hatte, konnte er mir mein Zepter entreißen und meinen göttlichen Bann brechen«, erzählte sie kleinlaut.
Tiefe Sorgenfalten zerfurchten Fylgarons Stirn. »Das ist in der Tat beunruhigend.«
»Ich kann es mir nicht erklären«, sagte die Klerikerin.
»Dennoch würde ich dem Vorfall keine allzu große Bedeutung beimessen«, fuhr Fylgaron fort. »Gordan hat dich gewiss nur überrumpelt. Du musst fest genug an die Götter glauben, dann kann er dir nichts anhaben.«
»Da ist noch mehr«, platzte es aus ihr heraus. »Er hat das Zepter betrachtet und meinte, es sei ein magischer Zauberstab. Außerdem sagte er, all unsere Amulette und Talismane seien magischer
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