Das Amulett
breites Grinsen im Gesicht des Elfen sorgte.
»Eine große Gefahr für unser Volk wurde abgewendet«, begann Ul‘goth seine Rede. »Der Hexer Xandor, der uns alle benutzt hat, ist tot.«
»Du meinst wohl eher, der Hexer, der Ul‘goth benutzt hat!«, unterbrach ihn Wurlagh barsch.
»Er hat auch Wantoi benutzt«, erwiderte Ul‘goth mit ruhiger Stimme, wenngleich eine tiefe Falte auf seiner Stirn seine Anspannung verriet.
Das versetzte Wurlagh nur einen weiteren Stich, und der junge Häuptling deutete anklagend mit dem Finger auf den hünenhaften Orkkönig. »Du hast meinen Vater zu diesem Kampf gezwungen! Du hast ihn dazu gezwungen, weil du nicht weiter kämpfen wolltest, wie du es uns versprochen hattest!«
»Meine Kampfeslust war nicht natürlichen Ursprungs«, versuchte Ul‘goth zu erklären. »Xandor wollte den Krieg. Ich wollte eine bessere Zukunft für unser Volk. Ein Leben, wie unsere Vorfahren es gelebt hätten. Ein Leben als stolzes und ehrenhaftes Volk, nicht als Schlächter unschuldiger Menschen.«
»Sie sind nicht unschuldig!«, schrie Wurlagh und sprang auf. »Die Menschen haben einst die Goblins in unsere Berge gejagt! Es ist ihre Schuld, und dass du dich heute mit so vielen von ihnen umgibst, zeigt mir, dass du unsere Vorfahren beleidigst! Du bringst Schande über uns alle!«
»Schweig!«, donnerte Ul‘goth durch den Saal. »Oder willst du deinen neugeborenen Sohn zum nächsten Häuptling deines Clans erheben?«
Die Drohung verfehlte ihre Wirkung nicht; Wurlagh setzte sich wieder hin, funkelte den Orkkönig allerdings aus gelben Augen wütend an. Doch Wurlagh wollte unter keinen Umständen gegen Ul‘goth antreten, zumindest nicht, wenn dieser völlig gesund war. Als er geschwächt auf seinem Lager aus Fellen lag, hatte Wurlagh mit Grunduul einen Machtwechsel geplant. Auch dem alten Schamanen hatten Ul‘goths neue Ziele missfallen, und so hatte er eines Nachts an Wurlaghs Tür geklopft. Ohne den Schamanen und Ul‘goths Schwäche war an eine offene Konfrontation nicht mehr zu denken. Wurlagh brauchte einen neuen Plan. Der junge Ork war gerissen; was ihm an Kraft fehlte, machte er durch Schläue wett, und so kam ihm schnell eine viel versprechende Idee. »Du willst also nicht weiter für unsere Ehre kämpfen? Du willst den Wunsch unseres Volkes missachten?«
»Unsere Ehre beweisen wir nicht durch sinnloses Morden«, wies Ul‘goth ihn zurecht. »Und ich glaube nicht, dass es der Wunsch unseres Volkes ist, mit allen südlichen Städten Krieg zu führen und unsere Söhne an ihre Schwerter zu verlieren.«
»Grunduul hatte Recht«, verkündete Wurlagh. »Ul‘goth hat die Vision verloren. Du bist nicht länger würdig, unser König zu sein.«
Ein Raunen ging durch die übrigen Anwesenden. Die Falte auf Ul‘goths Stirn vertiefte sich, und er starrte Wurlagh mit zusammengekniffenen Augen an. »Ich bedaure, dass ich deinen Vater getötet habe, bevor er dir beibringen konnte, was Ehre bedeutet«, sprach er schließlich, wählte jedes seiner Worte mit Bedacht. Ul‘goth wusste, wohin diese Versammlung führen würde; er konnte es nicht länger verhindern. Wurlagh würde einen Herrschaftsbeweis von ihm verlangen – ein Beweis, der häufig einem Exil gleichkam.
Der Herrschaftsbeweis stellte eine Möglichkeit dar, einen Häuptling von seinen Pflichten zu entbinden, bis er eine Aufgabe erfüllt hatte, die von solcher Bedeutung war, dass die übrigen Orks seine Herrschaft über sie wieder anerkannten. Im wahren Leben nutzten dies gern Thronräuber, wenn sie ihrem Häuptling nicht im Kampf gewachsen waren. Während der rechtmäßige Herrscher seinen Stamm verließ und tat, was das Gesetz von ihm verlangte, rissen die Neider die Macht an sich, und sollte er wider Erwarten doch zurückkehren, wurde ihm ein schnelles Ende bereitet. Ul‘goth wusste nur zu gut, dass man von ihm als König aller Orks einen außergewöhnlichen Beweis erwarten würde.
Das war ein weiteres Problem. Die Art des Beweises hing ganz und gar von den verbannten Häuptlingen selbst ab. Häufig wurden sie zu Söldnern, die sich ein ums andere Mal in waghalsige Abenteuer stürzten, um irgendwann die Belohnung zu erhalten, die ihnen als Herrschaftsbeweis ausreichend erschien. Selbstverständlich sahen die Thronräuber dies meist anders.
Bevor Ul‘goth jedoch verbannt werden konnte, musste sich die Mehrheit der Häuptlinge offen gegen ihn stellen. Der Orkkönig erhob die tiefe Stimme und brachte mit einem lauten Knurren die übrigen
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