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Das Amulett

Das Amulett

Titel: Das Amulett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan R. Bellem
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mich zum Grabenkampf heraus, und ich musste ihn töten. Heute vermute ich, dass Xandor dahinter steckte, aber diese Erkenntnis bringt Wantoi nicht zurück. Nein, ich habe ihn getötet, und Wurlagh hat das Recht, Vergeltung zu verlangen. Ich hoffe, dass ich ihn nicht auch töten muss.«
    Tharador überraschte Ul‘goths Zuversicht nicht sonderlich. Er hatte Wurlagh zwar nie kämpfen gesehen, doch er bezweifelte, dass der Ork es mit Ul‘goth aufnehmen könnte. Er war groß, fast sieben Fuß, und überragte selbst Faeron, aber der Orkkönig war nicht nur groß, sondern auch breiter als zwei normale Männer. Ul‘goth verkörperte in jeder Hinsicht und selbst für Orkbegriffe ein Hünen. Bei genauerer Überlegung schien es im ganzen Heer der Orks keinen zweiten wie ihn zu geben, was den Paladin die Stirn runzeln ließ.
    »Keine Sorge, Tharador, Wurlagh würde in einem Kampf gegen mich nicht lange bestehen«, deutete Ul‘goth Tharadors Miene.
    »Dessen bin ich mir sicher«, erwiderte der Paladin geistesabwesend. »Mir ist nur aufgefallen, dass du in deinem Volk einzigartig zu sein scheinst.«
    »Sind wir das nicht alle?«
    »Ich meine«, versuchte Tharador die Gedanken in Worte zu fassen, »mir ist kein anderer Ork begegnet, der auch nur annähernd deine Statur aufweist.«
    »Ich verstehe«, nickte Ul‘goth. »Grunduul hat sich diese Frage auch oft gestellt. Bis vor Kurzem war er mein größter Fürsprecher gewesen.« Beim Gedanken an den toten Schamanen durchzog erneut eine mächtige Falte Ul‘goths Stirn. »Er war der festen Überzeugung, dass die Ahnen selbst mich im Leib meiner Mutter gesegnet hätten. Vielleicht stimmt das sogar. Meine Eltern waren stolze und starke Vertreter meines Volks und erzogen mich nach ihren Werten. Wenn die Ahnen mich gesegnet haben, dann durch das Geschenk meiner Eltern.«
    »Sicherlich ein großes Geschenk«, meinte Tharador.
    »Doch jetzt genug davon«, wechselte Ul‘goth plötzlich das Thema. »Wir müssen einen Weg finden, einen dauerhaften Frieden zwischen Menschen und Orks zu besiegeln.«
    Als Ul‘goth wieder allein in seinem Schlafgemach war, sank er schwer auf den großen Haufen Felle, auf dem er sonst die Nächte verbrachte. Doch der Orkkönig war keineswegs müde – vielmehr unruhig. Die Ereignisse hatten sich in den letzten Monden überschlagen, und es schien kein Ende in Sicht. Xandor hatte ihn benutzt und dazu gebracht, einen Krieg gegen die Menschen anzuführen.
    Ul‘goth erinnerte sich nicht daran, Xandor jemals getroffen zu haben, bevor sich der Hexer ihm hier in Surdan offenbart hatte.
    Er hatte sich lange gefragt, wie Xandor ihn so leicht hatte finden und beeinflussen können. Durch Grunduuls Enttarnung als Verräter lag die Antwort nunmehr auf der Hand. Wieso hast du das getan, alter Freund? fragte sich der Hüne beim Gedanken an den toten Schamanen.
    Grunduuls Beweggründe mochten vielseitig gewesen sein, letztendlich jedoch war es dem alten Ork vermutlich nur um persönliche Macht gegangen. Ul‘goth hatte selbst lange danach gestrebt. Sein Rang als König war ihm nicht in die Wiege gelegt worden. Er hatte ihn sich erkämpft.
    Und ich werde meinen Anspruch auf die Führung verteidigen , dachte er entschlossen. Niemand wird mich vom richtigen Weg abbringen. Niemand. Es ist der Wille der Ahnen.
    * * *
    Gordan war gerade von ihrer Unterredung mit Ul‘goth in seine kleine Kammer zurückgekehrt, als es an der Tür klopfte.
    »Ich hatte mich schon gefragt, wann du zu mir kommen würdest«, begrüßte der Magier seinen Gast, ohne den Blick vom Fenster abzuwenden, durch das er die schlafende Stadt betrachtete.
    Faeron stellte sich neben ihn und sog die kalte Nachtluft tief in die Lungen. »Du solltest nicht hier sein«, sagte er unvermittelt.
    Gordan zog eine Augenbraue hoch. »Der Kampf ist gewonnen, und Xandor ist tot.«
    »Und das wirst du auch bald sein, wenn du nicht in Alirions Wald zurückkehrst!«, schalt ihn der Elf.
    »Ah«, stieß Gordan aus, »darum geht es also. Um meinen Pakt mit dem Gott der Elfen.«
    Faeron nickte stumm. »Du bist durch dein Exil dem Tod entgangen. Deine Magie vermag dich hier nicht länger am Leben zu erhalten, Gordan.«
    »Ich weiß«, antwortete der Magier müde.
    »Dann ...«, Faeron suchte nach den richtigen Worten, und Gordan erkannte an seinem gequälten Blick, dass der Elf sie nicht finden konnte. »Wieso?«
    »Es gibt Dinge, die ich noch tun muss. Dinge, die jetzt erledigt werden müssen, Faeron«, erklärte der Magier.

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