Das Amulett
zeigen.«
Calissa verstand es noch immer nicht, doch sie spürte, dass dies auch gar nicht nötig war. Als der Ewige sie wieder allein mit ihren Gedanken zurückließ, fühlte die junge Frau sich seltsam erleichtert und ... befreit. Sie betrachtete das Wasser des Sees und vermeinte beinah, seine reinigende Kraft in sich zu spüren.
* * *
»Aufstehen, Junge!« Khalldeg rüttelte an Tharadors Schulter, bis der Paladin endlich die Augen öffnete. Der Zwergenprinz nickte zufrieden: »Sehr schön, ich hätte ja ohne dich angefangen, aber der Elf sagte, dass wir alle zusammen gehen. Jetzt komm, wir wollen die kleinen Monster nicht warten lassen.«
Tharador rieb sich den Schlaf aus den Augen und blinzelte mehrmals, bis sein Verstand ihm endlich mitteilte, wo er sich befand. Der Paladin konnte sich nicht erinnern, wann er jemals so gut geschlafen hatte wie letzte Nacht. Er fühlte sich erfrischt und voller Tatendrang. Erst jetzt bemerkte Tharador, dass die Sonne bereits wieder unterging. Sie hatten beinahe einen ganzen Tag geschlafen!
Plötzlich erblickte der Paladin die massive Gestalt des Ewigen, obwohl er sicher war, den Gott noch einen Lidschlag zuvor nicht gesehen zu haben. Der Ewige stand bei Faeron und Calissa und schien ihnen Anweisungen zu erteilen. Tharador stand eilig auf und gesellte sich zu seinen Freunden.
»Das Lager ist sehr groß«, stellte Faeron fest, der auf eine Anordnung von Blättern und kurzen Stöckchen auf dem Boden starrte. »Das könnten wir zu unserem Vorteil nutzen.«
»Sieh her, Junge«, sagte Khalldeg zu Tharador. »Hier, die Stöckchen sind die Palisade um das Lager. Und die Blätter stellen ihre Hütten dar. Es ist ein sehr einfaches Bild.«
Sofern die behelfsmäßige Karte maßstabsgetreu war, umspannte das Lager mehr als drei Morgen Waldboden. Tharador zählte weit über zwanzig Hütten.
»Ich werde euch unterstützen, so gut ich kann«, erklang die durchdringende Stimme des Ewigen. »Ich habe den Wald bereits um seine Hilfe gebeten und ich bin sicher, dass er sie uns gewähren wird.«
»Wir werden uns hier einen Weg ins Lager suchen«, erklärte Faeron und deutete auf eine Stelle im Nordosten der Darstellung. Dort standen hinter dem Schutzwall mindestens vier Goblinhütten.
»Da können wir vielleicht welche im Schlaf überraschen – sehr gut, Elf«, stimmte Khalldeg freudig zu.
Calissa schien etwas skeptischer. »Allerdings könnte man uns dort auch schnell umzingeln.«
»Davon gehe ich aus«, sagte Faeron knapp. »Aber zwischen den Hütten gleichen wir ihren Vorteil der zahlenmäßigen Überlegenheit aus.«
»Dafür können sie uns über die Dächer angreifen«, entgegnete die Diebin.
»Vergesst nicht die anderen, die noch kommen, und die Unterstützung des Waldes«, warf der Ewige ein.
»Was meinst du, Junge?«, fragte Khalldeg und stieß Tharador auffordernd den Ellbogen in die Seite.
»Ich fürchte, ein Ort ist so schlecht wie der andere«, tat er seine ehrliche Meinung kund.
Ein Rabe setzte sich auf die Schulter des Ewigen, und es schien, als würde der Vogel dem Gott etwas ins Ohr flüstern. »Es beginnt, die anderen sind bereit«, teilte der Gott ihnen mit. »Folgt mir.«
»Boten des Wandels«, sagte Faeron mit einem fast spitzbübischen Lächeln auf den Lippen.
Tharador konnte nicht leugnen, dass der Elf sich verändert hatte, seit sie dem Ewigen begegnet waren. Faeron schien kaum noch schwermütig. Tharador dachte jedoch nicht länger darüber nach, da die Spannung des bevorstehenden Kampfes seinen Geist überflutete. Er überprüfte noch einmal den Sitz seiner gehärteten Lederrüstung und folgte seinen Freunden ins Dunkel des Waldes.
* * *
Die Nachricht verbreitete sich im Lager der Goblins wie ein Lauffeuer – selbstverständlich nur hinter vorgehaltener Hand. Groglit plante, Crezik die Stirn zu bieten. Doch viel verwunderlicher war, dass ihm bisher noch niemand in den Rücken gefallen war. Vermutlich hatte Groglit dies zum Teil seiner Lügengeschichte zu verdanken, dass er seinen ganzen Spähtrupp alleine getötet hatte, als dieser ihm nicht gehorchen wollte. Zum anderen war Creziks Position alles andere als gefestigt.
Viele Goblins würden sich Groglit nicht offen anschließen. Sie würden ihn vielmehr in Creziks Messer laufen lassen, beobachten, wie weit Groglit damit kam, und dann selbst einen Putschversuch unternehmen.
Groglit war sich dessen zum Teil bewusst, doch der Schrecken saß ihm zu tief in den Knochen, um untätig zu bleiben. Er wollte
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