Das Amulett
tobte Khalldeg. »Beeilt euch, nicht dass am Ende keiner mehr übrig ist!«
Calissa schüttelte ob der Bemerkung nur ungläubig den Kopf. Ihr wäre Khalldegs Befürchtung am liebsten. Die Diebin hatte noch immer keinen Gefallen an der Idee gefunden, dass sie heute das Leben anderer Wesen auslöschen sollte.
Faeron trat an die Palisade und legte die Hände auf die dicken Stämme. »Magra, hilf mir, deinen Zorn zu vollstrecken.« Er wiederholte den Satz noch einige Male und strich mit den Fingern über das tote Holz. Der Elf ging leicht in die Knie und spannte die Muskeln. Seine Füße sanken plötzlich eine Handbreit in den Boden ein, obwohl er festgetreten war.
Kleine Steinchen tanzten zu seinen Füßen, und die Luft um seine Hände schien zu vibrieren. Faeron schloss die Augen; als er sie wieder öffnete, hatten sie jegliche Farbe verloren. Seine Lippen formten einen stummen Schrei, dann entlud sich die gesamte von ihm gesammelte Kraft in einer gewaltigen Druckwelle.
Die Erde schleuderte auf einer Länge von mindestens zwanzig Schritten sämtliche Holzpfeiler in die Luft und ließ sie wie Speere auf das Goblinlager herabregnen. Viele bohrten sich harmlos in den Waldboden, doch nicht wenige spießten einen oder gleich mehrere, Goblins auf und pfählten sie.
Faeron selbst schien unverändert. Der Einsatz seiner magischen Kräfte schien ihn dieses Mal nicht im geringsten erschöpft zu haben. Tharador blickte ihn staunend an.
»Alirion hat wahrlich nicht falsch gelegen. Du bist dieses Geschenks würdig«, sagte der Ewige anerkennend und galoppierte durch den entstandenen Durchgang. Khalldeg tat es ihm gleich und stieß dabei wilde Kriegsschreie aus.
»Der Wald hat dich verändert«, stellte Tharador fest.
»Nein«, entgegnete Faeron. »Ihr habt mich verändert. Nur habe ich es erst jetzt erkannt.« Der Elf löste den Miniaturbogen vom Gürtel, und die Waffe wuchs zu ihrer vollen Größe. »Beeilt euch!«, rief er Tharador und Calissa zu, als er an ihnen vorbeirannte, um Khalldeg noch einzuholen.
Khalldeg stürmte auf eine kleine Gruppe von drei Goblins zu. Die Monster waren von den herabregnenden Baumstämmen noch so verwirrt, dass sie den Zwerg erst zu spät bemerkten.
Khalldeg verpasste dem ersten Goblin, den er erreichte, einen rechten Schwinger. Das Berserkermesser in seiner Faust zog eine tiefe, blutige Schneise durch das Gesicht des Goblins und schickte ihn zu Boden. Noch bevor die armselige Kreatur aufschlug, hatte Khalldeg einem weiteren Gegner die Linke tief in den Magen gebohrt. Als er die Waffe aus dem zusammensackenden Goblin befreite, rissen die beiden Stacheln tiefe Wunden.
Der dritte Goblin sah sich nun einem Berserkerzwerg gegenüber, der seine blutigen Waffen wie ein Faustkämpfer vor sich hielt. Der Goblin wähnte sich durch sein Schwert im Vorteil und griff sein Gegenüber mit einem weit ausholenden Überkopfhieb an.
Khalldeg lachte schallend, als er das herabsausende Schwert gekonnt mit der Vertiefung zwischen Axtblatt und Stachel des linken Berserkermessers auffing und dem Goblin die zweite seiner grausamen Waffen mehrmals in schneller Folge tief in die Seite rammte.
Der Zwerg sah sich nach weiteren Goblins um, als plötzlich der erste der Dreiergruppe in seinem Augenwinkel auftauchte. Der Goblin hatte sich wieder auf die Beine gerappelt und seine wuchtige Axt gepackt.
Khalldeg drehte sich auf dem Absatz um und wollte gerade seine Waffen schützend hochreißen, als der Goblin kraftlos zusammensank; mehrere Pfeilschäfte ragten aus seinem Rücken.
Faeron nickte dem Zwerg kurz zu, als er an ihm vorbeisprang und einen weiteren Pfeil auf die Bogensehne spannte.
Tharador und Calissa versuchten, den beiden zu folgen, doch als die Diebin das Massaker sah, das der Zwerg unter seinen Gegnern anrichtete, änderte sie plötzlich den Kurs. Sie bog links zwischen zwei Hütten ab und verdrängte so den Anblick der grauenhaft zugerichteten Leichen.
Sie stieß mit einem Goblin zusammen, der sich rückwärts bewegt hatte, und die beiden gingen ineinander verschlungen zu Boden. Calissa brauchte kurz, um sich wieder zu orientieren; der Goblin war schneller. Wieselflink befreite sich das kleine Monster aus dem Gewirr aus Beinen und zog ein kleines Messer. Der Goblin war vermutlich gerade auf dem Weg zu seiner Habe gewesen, um sich besser zu bewaffnen – oder zu fliehen.
Dass Calissa eine schöne Frau war, entzog sich dem Blick des Goblins. Unter Goblins galten andere Maßstäbe für weibliche
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