Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Amulett

Das Amulett

Titel: Das Amulett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan R. Bellem
Vom Netzwerk:
jedoch würde stets das Wohl seiner Freunde an die oberste Stelle setzen. Alirion erwartete bedingungslose Treue, aber die konnte Faeron nur denen entgegenbringen, die er aus tiefstem Herzen liebte.
    Als der Elf die Augen wieder öffnete, saß er inmitten eines Kreises bunter Blumen. Er stand auf und ging zu Tharador und den anderen zurück; aus jedem seiner Fußabdrücke sprossen feine Triebe und neues Leben. Faeron hatte seinen inneren Frieden wieder gefunden.
    * * *
    »Morgen ist es also soweit«, sagte Calissa. Ihre Stimme klang niedergeschlagen, und sie hatte den Blick starr auf den Boden gerichtet. »Morgen werde ich kämpfen müssen.«
    »Niemand zwingt dich, Mädchen«, brummte Khalldeg nachdenklich. »Du kannst auch hier warten, bis der ganze Spaß vorüber ist!«
    »Spaß?«, fragte die Diebin entsetzt und sah dem Zwerg fest in die Augen, damit er ihre Erschütterung spürte.
    »Pah! Das verstehst du nicht«, setzte Khalldeg zu einer Erklärung an. »Ein guter Kampf ist mir immer willkommen. Und außerdem lassen Goblins nicht mit sich reden. Sie verstehen nur eine Sprache« Und um seine Aussage zu unterstreichen, löste er die beiden Berserkermesser vom Gürtel und schliff die Klingen gegeneinander.
    Calissa verzog über das metallische Kreischen das Gesicht, sagte jedoch nichts mehr.
    Khalldeg nickte zufrieden und legte sich schlafen. Er wollte am nächsten Tag ausgeruht in den Kampf ziehen, brummte er noch – einen Augenblick später hörte man lediglich sein lautes Schnarchen.
    »Verurteile ihn nicht für sein Wesen«, sagte Tharador leise.
    »Aber Kämpfen scheint ihm Spaß zu bereiten«, protestierte die Diebin und wollte zu einer längeren Beschwerde ansetzen, als der Paladin ihr ins Wort fiel.
    »Das tut es nicht«, sagte Tharador bestimmt. »Es ist nur seine Art, mit der Anspannung umzugehen. Niemand von uns findet Gefallen daran.«
    »Aber ihr fürchtet euch auch nicht davor«, warf Calissa ein.
    »Doch, ich habe Angst«, gestand Tharador. »Jedes Mal, wenn ich das Schwert ziehe, fürchte ich mich. Nicht vor dem Tod oder meinem Gegner, sondern davor, einen Fehler zu begehen. Vielleicht gibt es selbst unter den Goblins einige, die Frieden wollen – was wenn ich einen von ihnen morgen töte? Einen, der etwas hätte verändern können? Ul‘goth hat mir mehr über Respekt vor andersartigen Wesen beigebracht, als es mein gesamtes voriges Leben konnte. Vor zwei Monden hätte ich Ul‘goth in der festen Überzeugung getötet, etwas für die Menschen zu tun, die ich beschützen wollte.«
    »Weise Worte für einen jungen Mann wie dich«, erklang Faerons Stimme plötzlich hinter ihnen. Er kehrte gerade von seiner Begegnung mit dem Ewigen zurück und hatte Tharadors letzte Worte unfreiwillig belauscht. Der Paladin erstaunte ihn immer wieder aufs Neue. »Und du sprichst mir aus dem Herzen. Morgen werden viele Feinde durch meine Hand sterben. Doch kann ich mir stets sicher sein, dass sie den Tod auch verdienen? Diese Frage verfolgt jeden gewissenhaften Kämpfer.«
    Calissa dachte darüber sorgfältig nach. Sie versuchte, in ihr Innerstes zu blicken und erkannte, dass sie sich weniger vor dem Kampf als solchem, als vielmehr vor dem Akt des Tötens fürchtete, den Gedanken daran geradezu verabscheute.
    Tharador legte ihr beruhigend die Hand auf die Schulter. »Es wird dich verändern, sei dir dessen bewusst. Aber du kannst selbst bestimmen, was es aus dir macht.« Calissa nickte dankbar und lächelte innig. Das Lächeln beflügelte das Herz des Paladins, doch er ließ es sich nicht anmerken.
    »Morgen also«, sagte Faeron knapp.

Einen König zu töten
    Kordal ließ die Zweige des Strauchs vorsichtig und leise wieder in ihre ursprüngliche Position zurückgleiten. Sie waren bisher einem schmalen Weg in nördlicher Richtung gefolgt, der sich mit einem Mal mitten im Dickicht verloren hatte. Daavir und Lantuk knieten hinter dem Krieger. Zu ihrem Glück hatten sie sich sehr leise voranbewegt, denn kaum war der Weg vor ihnen abgebrochen, hatten sie auch schon den Lärm des Goblinlagers vernommen.
    Vorsichtig hatten sie sich durch die niedrigen Gebüsche geschlichen und hockten nun im Schutz mehrerer kräftiger Bäume und Sträucher, wo sie ihre Entdeckung besprachen.
    Das Lager der Goblins war riesig. Kordal konnte nur in etwa erahnen, dass es sich um ein Gebiet von mehreren Morgen handeln musste. Wenige Schritte von ihrem Standort entfernt erhob sich eine Palisade aus Baumstämmen, die das Lager umschloss,

Weitere Kostenlose Bücher