Das andere Ende der Leine: Was unseren Umgang mit Hunden bestimmt (German Edition)
manche Hunde sind in der Tat ruhig, wenn Ihre Besitzer »Nicht bellen!« schreien, aber »Nicht« hätte genauso gut funktioniert.
Vergewissern Sie sich, dass Ihr Hund unter Ihren Signalen das gleiche versteht wie Sie, auch wenn Sie deutlich und konsequent in ihnen sind. Beispielsweise habe ich den Verdacht, dass die meisten Menschen und die meisten Hunde das Wort »Sitz« unterschiedlich definieren. Vermutlich haben Sie es wie die meisten Hundebesitzer Ihrem Hund beigebracht, indem Sie ihn zu sich rufen, »Sitz« sagen und ihn belohnen, sobald er es getan hat. Für uns ist »Sitz« eine Körperhaltung. Wir definieren »Sitz« als eine Position, in der die Hinterläufe des Hundes gebeugt sind, das Hinterteil sich auf dem Boden befindet und die Vorderpfoten bei aufrecht gestreckten Vorderläufen auf dem Boden stehen. »Sitz«. Einfach. Und es sieht so aus, als ob Ihr Hund das genauso verstehen würde, denn meistens, wenn Sie »Sitz« sagen, wette ich, dass Ihr Hund genau das tut. Was aber tut er, wenn er gerade liegt und Sie »Sitz« sagen? Falls Sie ihm nicht gerade explizit beigebracht haben, sich aufzusetzen, bleibt er vermutlich liegen. Was, wenn er schon sitzt? Viele schon sitzende Hunde legen sich übrigens hin, wenn Sie »Sitz« sagen. Was, wenn Sie »Sitz« sagen und Ihr Hund ist zehn Meter von Ihnen entfernt? Wenn er so ist wie die meisten Hunde, wird er glücklich zu Ihnen herantrotten und sich vor Ihnen hinsetzen, genauso, wie Sie es ihm anfangs beigebracht haben. Meine Vermutung ist, dass die meisten Hunde denken, »Sitz« bedeute »Geh zu den Beinen von Herrchen oder Frauchen, stell dich vor ihm oder ihr hin und beweg deinen Körper teilweise in Richtung Boden«.
Natürlich können Sie Ihrem Hund beibringen, sich hinzusetzen, ohne zu Ihnen zu kommen oder sich eher auf- anstatt hinzusetzen. Aber der springende Punkt ist, dass Sie es ihm beibringen müssen. Solange Sie nicht darüber hinausgehen, was die Mehrzahl der Hundebesitzer tut, versteht Ihr Hund »Sitz« vermutlich anders als Sie. Vielleicht fragen Sie sich einmal, von welchen weiteren Worten Ihr Hund vielleicht sein eigenes Verständnis haben könnte. Ich muss da an meinen Lieblingscartoon denken, in dem ein trotteliger, grinsender Hund sagt: »Hi! Ich heiße NEIN NEIN Böser Hund. Und du?«
Stellen Sie sich vor, wie es sein muss, der Hund am anderen Ende der Leine zu sein – ständig versucht er, ein liebenswertes, aber verwirrendes Wesen zu verstehen: seinen Besitzer.
Ich habe eine neue Perspektive davon bekommen, wie es sein muss, ein Hund zu sein, als ich zwei Jahre lang an der Fakultät für Psychologie der Universität von Wisconsin in Madison für Professor Charles Snowdon arbeitete. Wir versuchten, die Tonsignale eines kleinen südamerikanischen Tieres namens Lisztäffchen zu übersetzen. Diese hoch sozialen, eichhörnchengroßen Primaten leben in einer üppigen Vegetation und haben ein beeindruckendes Repertoire an Vokabeln aufgebaut. Genau wie Ihr Hund können Wissenschaftler nur raten, was die Lautäußerungen einer anderen Spezies wirklich bedeuten, indem sie analysieren, was vorher und nachher geschah und daraus ihre Schlussfolgerungen ziehen. Aber selbst für ein Mitglied der intelligentesten Spezies der Welt stellte es sich als überraschend schwierige Aufgabe heraus, diese Lautäußerungen zu übersetzen. Zum Beispiel geben Familienverbände dieser Lisztäffchen »Langrufe« ab, wenn sie die Geräusche benachbarter Gruppen hören. Sind ihre Rufe Mitteilungen an die anderen Gruppen, an ihre eigene Familie oder beides? Was bedeuten sie? Wie finden Sie das heraus?
Es ist nicht einfach, die Lautäußerungen einer anderen Spezies zu verstehen. Glauben Sie mir, Ihr Hund ist viel damit beschäftigt, die Ihren zu entschlüsseln. Bedeutet »Platz, Platz, PLATZ« das gleiche wie »Platz«? Ist »Hier« das gleiche wie »Hierher«? Wenn Sie einfach einmal darüber nachdenken, wie Sie Ihre Worte gebrauchen, hilft Ihnen das automatisch, Ihr Vokabular zu straffen.
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Jeder Hundebesitzer, der schon einmal ein Erziehungsbuch gelesen hat, versucht (meistens erfolglos) den Hinweis zu befolgen, dass man Kommandos nicht wiederholen soll. Meiner Erfahrung nach ist es eine der universellsten Tendenzen aller Menschen, sich zu wiederholen, wenn sie mit Hunden sprechen. Wir neigen so zur Wiederholung, dass wir uns sogar wiederholen, wenn der Hund
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