Das andere Ende der Leine: Was unseren Umgang mit Hunden bestimmt (German Edition)
Rolle spielt oder nicht, gibt es Trainer, die sich nicht an die Regeln halten. Auf dieser Rennbahn war die Regelüberschreitung extrem weit gediehen und Fremde mit Kassettenrekordern und Fotoapparaten erregten nicht gerade wenig Aufmerksamkeit.
Ich suchte nach sprachübergreifenden Beispielen von Tiertrainern und wollte herausfinden, wie spanisch sprechende Jockeys ihre Pferde anfeuerten oder beruhigten. Später wollte ich sie mit Pferde- und Hundetrainern vergleichen, die Englisch, Baskisch, Chinesisch, peruanisches Quechua und zwölf andere Sprachen sprachen. Aber damals mussten es eben Spanischsprechende sein, die nie Englisch gelernt hatten, und alle Jockeys, die auf dem alten, heruntergekommen Renngelände herumlungerten, sprachen entweder nur Englisch oder beide Sprachen.
»Warten Sie auf José,«, wurde mir gesagt; »er kommt jeden Tag her und er kennt eine Menge Trainer und Jockeys, die kein Englisch sprechen. Er bringt Sie hin.« Sie hatten Recht. José kannte jeden, und jeder kannte José, und obwohl José genauso erstaunt über den Grund meines Besuches war wie der Rest der Stallmannschaft, erklärte er sich bereit, mich zu ausschließlich spanisch sprechenden Trainern und Jockeys mitzunehmen, damit ich meine Aufnahmen von ihrer Arbeit mit Pferden machen konnte. Auf unserer Fahrt durch die südtexanische Hügellandschaft hielten wir an einem kleinen Vorstadtladen. José (es war acht Uhr morgens) kam mit einem Sixpack Bier zurück. Er riss eine Dose auf, steckte sich einen Joint von der Größe einer Zigarre an und sagte, »OK, Treesha, wir bringen dich zu einer Menge Typen, die mit Tieren quatschen, OK? Auch einen?« Ich lehnte ab und fühlte heimlich nach meinem Schweizer Taschenmesser.
José hielt Wort. Ich muss etwa fünf gute Aufnahmen von nicht englisch sprechenden Trainern und Jockeys gemacht haben. Schnell wurde klar, warum José jeden kannte und mich nur zu gerne herumfuhr. Jedes Mal, wenn wir irgendwo ankamen, übersah ich geflissentlich die dicken, länglichen Plastikbeutel, die verstohlen von José zu den Trainern wanderten. Ich fummelte an meiner Ausrüstung herum, während José seinen Hauptauftrag erledigte und dann erklärte, warum ich da war. Weiß der Himmel was José zu ihnen sagte; mein dürftiges Spanisch war nicht geeignet, ihrer Unterhaltung zu folgen. Ganz offensichtlich hielten sie mich alle für verrückt, aber trotzdem empfingen sie mich in der Art, wie sie es mit einem netten, harmlosen Außerirdischen tun würden.
Auf gewisse Weise war ich ja auch eine Außerirdische, ich achtete auf die Töne, die andere gegenüber Tieren äußerten, als ob ich eine andere Spezies studieren würde. Ich fühlte mich wie Jane Goodall, wohlwollend neugierig auf die interessanten Geräusche der Primaten um mich herum, nur eben dass die Primaten zufällig Menschen waren.
Was ich über diese interessanten Geräusche lernte, hatte tiefgreifenden Einfluss auf meine Art und Weise, mit Hunden zu kommunizieren. Professionelle Tiertrainer, die genauso gut wie jeder andere wissen sollten, wie man Stimmen zur Kommunikation mit Tieren einsetzt, unterscheiden sich in einem ganz bestimmten Punkt von Hundebesitzern. Sie sind in der Lage, ihre eigenen Stimmungen und Gefühle von den Geräuschen, die sie äußern, zu trennen. Sie machen Geräusche, um eine bestimmte Reaktion zu erwirken und nicht, um ihre eigene Gefühlslage auszudrücken.
Das ist nicht so einfach wie es scheint. Menschliche Gefühle beeinflussen unsere Art zu sprechen enorm, nicht nur im Hinblick auf die Worte, sondern auch darauf, wie wir ein bestimmtes Wort aussprechen. Man nennt das den »prosodischen« Aspekt der Sprache. Ich bin sicher, Sie haben schon einmal den Satz gehört »Nicht was Sie sagen ist wichtig, sondern wie Sie es sagen.« Wie Sie ein Wort sagen enthält manchmal genauso viel Information wie das Wort selbst, wenn nicht sogar mehr. Hören Sie nur einmal hin, wie verschieden Sie den Namen Ihres Hundes aussprechen können. »Maggie,« können Sie mit samtweicher Stimme sagen, wenn Sie beide kuscheln und sie sich an Ihr Gesicht schmiegt. »Maggie!«, schreien Sie lauthals und voller Angst, wenn sie auf die Straße zurennt. Wie wir den Namen unseres Hundes, irgendein Wort oder einen Satz sagen, ist oft davon bestimmt, wie wir uns fühlen: Denken Sie nur daran, wie oft Angst oder Ungeduld sich in Ihre Worte gemischt haben, selbst wenn Sie das gar nicht wollten.
Wir haben bereits gesehen, wie aufgeregte Primaten sich
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