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Das andere Ende der Leine: Was unseren Umgang mit Hunden bestimmt (German Edition)

Das andere Ende der Leine: Was unseren Umgang mit Hunden bestimmt (German Edition)

Titel: Das andere Ende der Leine: Was unseren Umgang mit Hunden bestimmt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia B. McConnell
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einen Hund aus vollem Lauf zu stoppen. In der gesamten Studie kristallisierten sich zwei verschiedene Versionen von Signalen für das Langsamerwerden heraus, eines mit einem einzigen, langgezogenen Ton zum Beruhigen oder allmählichen Verlangsamen eines Tieres und eine kurze, scharfe zum sofortigen Anhalten eines schnell laufenden Tieres. Wenn Sie darüber nachdenken, macht es Sinn, dass »hindernde« Signale in zwei Kategorien fallen, denn Beruhigen oder allmähliches Langsamerwerden ist eine ganz andere Reaktion als das Zusammennehmen aller Energien zu einer Vollbremsung aus Höchstgeschwindigkeit.
    Vielleicht benutzten all die Menschen ähnliche Klänge, weil sie einfach typisch menschlich handelten und die Tiere lernten, darauf passend zu reagieren. Aber die meisten Tiertrainer sind der Meinung, dass bestimmte Töne und Klangfolgen besser funktionieren als andere, wenn man ein Tier anfeuern möchte. Die Rennreiter, mit denen ich sprach, waren überzeugt von der aufputschenden Wirkung kurzer, wiederholter »sch sch sch«-Geräusche. Sie erklärten mir, dass es Jockeys verboten ist, ihre Pferde mit »sch sch sch« in die Startbox treiben zu wollen, weil das die schon in der Startbox wartenden anderen Pferde aufregen würde. Schäfer gebrauchen exakt die gleichen Geräusche, um einen zögernden Hund davon zu überzeugen, dass er sich einem bedrohlich wirkenden Schafsbock gegenüberstellen muss. Reiter beim Barrel Racing (eine Disziplin, in der es um Schnelligkeit und Präzision geht) verwenden verschiedene Geräusche, um ihre Pferde zu beeinflussen: zwei bis vier Schnalzer für das Losgehen im Schritt, wiederholte Schnalzer zum Angaloppieren und eine Serie von »sch sch sch«, um so schnell wie möglich zu reiten. Im Zuge meiner Feldforschungen notierte ich siebzehnmal den Hinweis, dass ein Reiter sich weigerte, das »sch«-Geräusch für die Tonbandaufnahme zu wiederholen, weil er fürchtete, sein Pferd würde dadurch zu nervös und schwer zu kontrollieren.
    Primaten sind nicht die einzigen Lebewesen, die den Gebrauch kurzer, wiederholter Klangfolgen mit dem langer, anhaltender Laute abwechseln. Pferde, Schafe und Hunde, um nur einige zu nennen, gebrauchen alle kurze, wiederholte Laute, um ihre Jungen zu sich zu rufen. Junge Welpen äußern kurze und hohe wiederholte Winsellaute als Signal an ihre Mutter, dass sie sich unwohl fühlen und ihre Aufmerksamkeit brauchen. Männliche Ratten auf Brautschau haben je bessere Chancen auf Erfolg, desto höher die Wiederholungsrate ihrer Laute ist. Lüsterne Hähne tun gut daran, oft und schnell hintereinander zu krähen: je schneller die wiederholten Noten, desto mehr Hennen näherten sich ihnen. Forschungen an Vögeln wie Silbermöwen und Hausspatzen haben ergeben, dass kurze, wiederholte Rufe zur Rekrutierung weiterer Schwarmmitglieder führen. Die Tatsache, dass Silbermöwen diese Rufe nur dann abgeben, wenn genug Futter zum Teilen mit anderen da ist, legt nahe, dass sie zum Heranlocken anderer dienen.
    Für meine Doktorarbeit führte ich noch eine getrennte Studie durch, in der ich eine Hypothese überprüfte, nach der verschiedene Laute verschiedene Auswirkungen auf Welpen haben. Die Ergebnisse waren glasklar. Anhand der Anzahl von Schrittbewegungen mit den Vorderpfoten stellten wir fest, dass sich die Aktivität der Welpen nach vier kurzen Pfiffen erhöhte, jedoch nicht nach einem einzigen langen, anhaltenden Pfiff. Am interessantesten für Hundehalter ist dabei, dass vier kurze Pfiffe (vergleichbar mit Silben) effektiver waren als ein langer Pfiff, um unseren fünf Monate alten Junghunden das Herankommen beizubringen. Das macht Sinn, wenn man bedenkt, dass »Komm hier« in der Regel gesteigerte Aktivität meint.
    Der gleichbleibende Gebrauch von Lautsignalen von Menschen an ihre Tiere über so viele Sprachgrenzen hinweg erinnert an einen weiteren universalen Aspekt von Sprache. Wissenschaftler haben herausgefunden, dass Menschen zu Hunden ähnlich sprechen wie zu Babys, und Menschen auf der ganzen Welt sprechen ähnlich zu Babys. 5 Man nennt diese Sprache »Motherese«, sie ist vom Klang her höher als gewöhnlich und ändert die Tonmodulation von hoher zu tiefer Stimme viel öfter, als wenn zu einem Erwachsenen gesprochen wird. Nicht nur, dass Babys besonders gut auf »Motherese« reagieren, so gut wie alle Eltern, egal welcher Muttersprache, sprechen in dieser Universal»sprache« zu ihren Babys. Manche Merkmale des Motherese sind auch hilfreich, wenn man zu Hunden

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