Das andere Ende der Leine: Was unseren Umgang mit Hunden bestimmt (German Edition)
Primaten den Geruchssinn stark nutzen, aber wir Menschen denken kaum darüber nach.
Über die Jahre hinweg bin ich hin und wieder meiner eigenen Neugier erlegen und habe mich auf Hände und Knie niedergelassen, um an den Stellen zu schnüffeln, an denen mein Hunderudel die Luft wie Staubsauger einsog. Einige wenige Male konnte ich gar nichts riechen, aber meistens war ich beeindruckt von einem satten, dicken Geruch, der sich deutlich vom Geruch des Bodens ein paar Zentimeter weiter unterschied.
Meine Hunde scheinen dann mehr Spaß an meinem Verhalten zu haben als ich selbst, sie schnüffeln noch eifriger, wedeln mit den Ruten, lecken mich und sich gegenseitig, als ob etwas Bemerkenswertes geschehen sei. Vielleicht war es das auch. Vielleicht ist es ein großer Schritt, wenn wir Menschen uns der Gerüche bewusster werden, als wir es gewöhnlich sind. Gerade eben hatte das Schreiben dieses Kapitels einen Einfluss darauf, wie ich die Welt wahrnehme. (Ich wollte »wie ich die Welt sehe« schreiben und dabei fiel mir einmal mehr auf, wie visuell wir sind. Ich blätterte im Lexikon in meinem Kopf nach einem anderen Wort, das sich nicht nur auf die Sicht beschränkt, und landete bei »betrachten«. Hups, schon wieder visuell. Sehen Sie – oh, schon wieder – es ist eine größere Sache, wenn wir versuchen, unsere bewusste Sinneswahrnehmung zu erweitern.)
Nach einer Stunde Recherchearbeit für dieses Kapitel begann ich, mir wie ein verrückt gewordenes Kaninchen schnüffelnd einen Weg durchs Haus zu bahnen, die Nase wackelnd, die Augen zugekniffen und leise, kurze Schnüffelgeräusche hinter mir herziehend. Ich lernte so einiges. Erst einmal ist mein Haus schmutziger, als ich dachte. Ein Haufen Dinge roch staubig oder schimmelig, obwohl die Luft im Haus sauber und frisch riecht. Von dieser niederschmetternden Entdeckung einmal abgesehen, wartete eine ganze neue Welt nur darauf, von mir entdeckt zu werden. Fast jeder Gegenstand, den ich beschnüffelte, hatte seinen eigenen, charakteristischen Geruch. Ich hätte nie erwartet, dass jedes Buch, das ich beschnüffelte, anders roch als die übrigen, aber es war so. Einige Trends waren dabei festzustellen. Ältere Taschenbücher rochen modrig; neue Bücher mit Festeinband nach Holz. Ein nur einmal an einem kalten Tag über einem T-shirt getragenes Sweatshirt roch unter den Armen am stärksten. Meine Betttücher rochen immer noch nach Waschmittel. Ein alter, trockener Hundekauknochen roch staubig; die Fernbedienung für den Fernseher scharf und chemisch.
Versuchen Sie selbst einmal, Ihr Haus und Ihren Hof zu durchschnüffeln. Achten Sie dabei auf ein paar Dinge, die Hunde von Natur aus tun. Erstens können Sie mehr Geruch aufnehmen, wenn Sie in vielen kleinen, kurzen Zügen schnüffeln anstatt in einem einzigen langen Sog. Es gibt einen Grund dafür, dass Ihr Hund im Stakkato schnüffelt. Beschnüffeln Sie etwas mit einem langen, vielleicht eine Sekunde anhaltenden Inhalieren und dann den gleichen Gegenstand mit der gleichen Zeitdauer noch einmal, aber mit vier bis sechs kurzen Schnüfflern. Oft werden Sie mit den kurzen, schnellen Schnüfflern mehr riechen. (Schnüffeln Sie nicht zu kräftig; kurze, leichte Züge sind alles, was nötig ist). Zweitens zögern Sie nicht, Ihre Nase direkt an den Gegenstand zu halten. So gut wie Hunde Gerüche wahrnehmen können, sie zögern auch nicht, ihre Nasen tief in das zu versenken, was immer gerade interessant ist. Seien Sie nicht zu schüchtern.
Vorsicht, wenn Sie ernsthafte Allergien haben. Ich würde es nicht gerne sehen, wenn Sie während Ihres Experimentes einen Asthmaanfall erleiden. Und seien Sie sich dessen bewusst, was man »olfaktorische Adaptation« nennt. Wir alle kennen das: Sie ist der Grund dafür, warum wir nur eine begrenzte Zahl an Parfüms auf einmal ausprobieren können. Ihr olfaktorisches System muss sich erst wieder neu einstellen, wenn es übersättigt ist. Wenn es erst einmal mit vielen verschiedenen Gerüchen überschüttet wurde, kann es diese nicht mehr effektiv voneinander unterscheiden. Beschnüffeln Sie also ein paar Gegenstände und geben Sie Ihrem System dann ein bisschen Zeit zur Erholung, bevor Sie weitermachen.
Die größte Überraschung für mich war, als ich das Fell im Nacken meiner Hunde beschnüffelte. Ich hatte erwartet, dass sie alle ein bisschen unterschiedlich riechen würden, aber ich war so geschockt davon, wie deutlich verschieden sie rochen, dass ich meinen Kopf hochriss wie eine
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