Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das andere Ende der Leine: Was unseren Umgang mit Hunden bestimmt (German Edition)

Das andere Ende der Leine: Was unseren Umgang mit Hunden bestimmt (German Edition)

Titel: Das andere Ende der Leine: Was unseren Umgang mit Hunden bestimmt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia B. McConnell
Vom Netzwerk:
Fälle problematisch, wenn einem Hund nach vielen Jahren, in denen er erfolglos versucht hat, seinem Besitzer mitzuteilen, dass er doch bitte mit dem Angrapschen aufhören soll, buchstäblich der Kragen platzt und er Schaden anrichtet. Andere Hunde lieben das Gestreicheltwerden, außer wenn sie müde sind und mürrisch auf Streicheleinheiten reagieren, die sie am Morgen genossen hätten, nicht aber jetzt am Abend. 4 Traurig ist es, wenn ein Hund, der nach Berührung und Kontakt verlangt, mit einem nicht sehr schmusefreudigen Besitzer zusammenlebt – genau wie in menschlichen Paarbeziehungen mit unterschiedlichen Bedürfnissen, wenn einer der Partner niemals das bekommt, was er oder sie braucht.
    So körperbetont wir Primaten auch sind, selbst wir haben Zeiten, in denen sich Berührung oder »Fellpflege« unangenehm anfühlen. Es ist eine Sache, wenn ein Freund Sie zärtlich auf die Stirn küsst und sie beide alleine sind; der gleiche Kuss wäre aber etwas völlig Anderes, wenn Sie bei einem Autokauf mitten in den Preisverhandlungen stecken. Ich bin der Meinung, dass das Gleiche für unsere Hunde gilt. Der häufigste unangebrachte Einsatz von Streicheleinheiten ist vermutlich der, wenn Besitzer ihre Hunde aus einer schwierigen Situation abrufen und zur Belohnung fürs Kommen über den Kopf streicheln. Nehmen wir an, der Deutsch Kurzhaar Spike spielt gerade mit drei anderen Rüden und sein Besitzer ruft ihn zu sich. Spike ist atemlos, er hat wild in einer Gruppe gleichaltriger und aufs Kräftemessen versessener Kumpel gespielt, aber ist ein gut erzogener Junge und rennt folglich zu seiner Besitzerin, um nachzusehen, was sie möchte. »So ein feiner Junge!«, sagt sie, nähert ihr Gesicht dem seinen in der unfeinen Art, die wir an uns haben und tätschelt ihm den Kopf. Wenn Spike so ist wie die Tausende anderen Hunde, die ich in diesem Zusammenhang beobachtet habe, fehlt nur, dass er »Bäh!« sagt oder eine Art hündische Version von »Mann Mama, hör doch auf damit«. Spike ist in Spiellaune, er will sich vor den anderen Rüden beweisen und vielleicht, nur vielleicht, will er in diesem Moment wirklich nicht gestreichelt werden. »Aber er wird so gerne gestreichelt,« sagt mir seine Besitzerin. Ich werde auch gerne gestreichelt, aber nicht, wenn ich gerade Sport treibe.
    Ich benütze hier vermenschlichende Beispiele, um eine Sache klarzumachen, auch wenn die Gefahr besteht, dass Sie das Verhalten Ihres Hundes falsch interpretieren, wenn Sie sich in seine Lage versetzen. Wer annimmt, der Hund habe nur deshalb ins Wohnzimmer gemacht, weil er »wütend« darüber ist, dass sein Besitzer ihn tagsüber alleine gelassen hat, vergisst, dass Hunde von Fäkalien fasziniert sind. Hunde verbringen sehr viel Zeit damit, Ausscheidungen zu kontrollieren, zu beschnüffeln und manchmal auch zu fressen. Das Navajowort für Hund klingt wie »thlee shaw« und bedeutet »Pferdeäpfelfresser«. Es macht keinen Sinn, dass ihr Hund Ihnen ein so wunderbares Geschenk macht, wenn er wütend auf Sie ist. Manche Menschen denken, der Hund würde auf den Teppich machen, um sie zu ärgern, also schreien sie ihn an, stoßen vielleicht seine Nase in den Kot oder, noch schlimmer, schlagen ihn. So behandelte Hunde ducken sich das nächste Mal vor Angst (nicht aus schlechtem Gewissen), wenn ihre Besitzer nach Hause kommen und die Wahrscheinlichkeit ist gestiegen, dass sie aus Angst und Nervosität wieder auf den Teppich machen – denn wer weiß, was dieser Verrückte ihnen das nächste Mal antut, wenn er nach Hause kommt.
    Sich selbst als Hund vorzustellen kann also zu Problemen führen, in anderen Situationen aber wieder hilfreich sein. Was das Streicheln betrifft, halte ich es für hilfreich, denn so lässt sich erklären, warum manche Hunde immer weniger gerne auf Zuruf kommen, wenn sie als »Belohnung« dafür am Kopf gestreichelt werden. Viele Hunde empfinden es in dieser Situation sogar als Strafe, nicht als Belohnung. Sie müssten einmal die Gesichter dieser Hunde in unseren Trainingsstunden sehen, wenn die Besitzer ihre Köpfe streicheln: Sie drehen sich weg, die Lefzen verzogen wie ein Mensch, der gerade faule Eier gerochen hat. Sie wollten nicht gestreichelt werden, nicht jetzt; sie spielten gerade mit ihren Kumpels und wollten damit weitermachen.
    Was diesen verspielten, vor Energie strotzenden Hunden gefällt, ist, wenn der Besitzer ihnen mehr Spielen erlaubt, also vielleicht einen Ball wirft, wenn sie auf Zuruf kommen und nicht auf eine

Weitere Kostenlose Bücher