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Das Antlitz der Ehre: Roman (German Edition)

Das Antlitz der Ehre: Roman (German Edition)

Titel: Das Antlitz der Ehre: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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Schritt weitergekommen. Ganz im Gegenteil, vermutlich hat dieser vergebliche Zug unserer Sache noch geschadet und mich zum Gespött gemacht.«
    »Rede keinen Unsinn«, schimpfte Graf von Wertheim, ehe Elisabeth etwas sagen konnte. »Es war gut und richtig, dass du dich gezeigt und den Bürgern klargemacht hast, dass du es nicht duldest, wenn sie sich von dir abwenden, um dem Bischof und den abtrünnigen Domherren zu dienen. Für das Wetter kann niemand etwas. Das Jahr ist für eine Belagerung eben zu weit fortgeschritten, das betrifft auch den Bischof. Wir werden sehen, wie die Karten bis zum Frühjahr verteilt sind! Und nun lasst uns aufbrechen, ehe die Ruhr sich breitmacht. Es muss nicht noch unnötig Tote geben.«
    Der alte Dechant von Masbach blieb mit einigen Männern auf der Burg zurück, der Rest trat den Rückweg an.
    Selbst wenn sie vorgehabt hätten, als stolzes Heer mit hocherhobenem Haupt davonzuziehen, glich der Aufbruch bei erneuten Wolkenbrüchen und Sturm eher einer Flucht. Albrecht und die Grafen versuchten die Männer wenigstens in Gruppen zusammenzuhalten. An einen geordneten Marsch war nicht zu denken.
    Auf Albrechts Drängen hin suchten sich die drei Frauen im Karren des Baders einen leidlich trockenen Platz. Die Pferde trotteten mit gesenkten Köpfen hinterher. In der letzten Gruppe rumpelten die Karren mit den zerlegten Kanonen,
deren Räder immer wieder im Schlamm stecken blieben und mühsam von unzähligen Händen wieder angeschoben werden mussten. Die Würzburger, die bis auf ihre Weibel alle zu Fuß unterwegs waren, boten ein erbärmliches Bild. Sicher sehnte sich jeder Einzelne von ihnen nur noch nach dem heimischen Herd. Mit gesenkten Köpfen stolperten sie voran.
    So folgten sie der Landstraße am Main entlang nach Süden, durch Himmelstadt und Zellingen, während der trübe Mittag in einen düsteren Abend überging. Am Fuß der Zeller Steige, wo der Weg nach den letzten Höfen des Ortes im dichten Wald verschwand, erlosch bereits das letzte Tageslicht. Dabei war die Strecke bis nach Würzburg sonst an einem Tag leicht zu bewältigen.
    Steil wand sich die Straße bergan. Einige Männer versuchten Fackeln zu entzünden, doch der Regen hatte alles durchnässt. Elisabeth hörte den Bader auf dem Kutschbock fluchen. Sie lugte unter der Plane hervor, konnte aber gerade einmal die ersten Männer erkennen, die hinter und neben dem Karren herstapften.
    Wo Albecht war? Er ritt vermutlich mit seinem Oheim an der Spitze. Noch immer stolz erhobenen Hauptes, obgleich wie alle anderen Männer durchnässt und durchfroren. Elisabeth lauschte in die Nacht. Noch immer hörte sie den Regen und den Wind in den hohen Bäumen rauschen. Daneben das Schmatzen der vielen Füße im Morast, das unterdrückte Murmeln und Stöhnen der erschöpften Männer. Von vorn drang gedämpfter Hufschlag. Es waren nur wenige Pferde, kaum drei Dutzend, da sie ja auf dem Hinweg mit Schiffen flussabwärts gefahren waren. Der Rest der Männer war zu Fuß unterwegs.
    Plötzlich zuckte Elisabeth zusammen. Sie spürte Grets eisige Hand, die sich um die ihre krallte.
    »Was ist das?«, stieß Gret aus. Noch nie hatte Elisabeth solch eine Furcht in ihrer Stimme vernommen.
    »Pferde! Es ist der rasche Hufschlag von Pferden. Er kommt näher, von vorn.«
    Elisabeth lauschte. Nun erklangen Rufe, die Pferde wieherten, und dann traf Stahl auf Stahl. Jeanne stieß einen unterdrückten Schrei aus und klammerte sich an die Freundinnen.
    »Was geht da vor sich?«, wimmerte sie. »Werden wir angegriffen?«
    »Offensichtlich«, gab Gret zurück, die sich wieder gefasst hatte. Von überall schien nun Waffengeklirr auf sie einzubranden. Männer und Tiere brüllten im Kampf um Leben und Tod. Der Bader griff nach dem langen Messer an seinem Gürtel und sprang mit gezückter Klinge vom Kutschbock.
    Elisabeth rutschte zur hinteren Öffnung und spähte hinaus. Sie konnte nur das Wogen der Leiber erkennen, nicht aber, wer Freund und wer Feind war. Alles, was sie begriff, war, dass eine riesige Reiterschar unvermittelt aus der Nacht auftauchte und über den aufgelösten Zug der Würzburger herfiel.
    »Los, raus hier, wir müssen uns im Wald verstecken. Das ist unsere einzige Chance zu entkommen«, zischte Elisabeth. Gret nickte mit entschlossener Miene und kletterte geschickt als Erste nach draußen. Jeanne wimmerte, wagte aber nicht, alleine zurückzubleiben. Eng an die hohen Speichenräder des Karrens gedrückt, versuchten sie zu ergründen, in welche

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