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Das Antlitz der Ehre: Roman (German Edition)

Das Antlitz der Ehre: Roman (German Edition)

Titel: Das Antlitz der Ehre: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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voller Scharfsinn, wenn es darum ging, die politische Lage einzuschätzen. Vielleicht hatten seine körperlichen Mängel ihm den Posten als Berater eines Fürsten verwehrt, sodass er ins Narrengewand schlüpfte, um seine Meinung kundtun zu können und auch gehört zu werden. Bischof Johann jedenfalls schätzte die Ansichten seines Hofnarren, der von jeher mehr Ratgeber denn Possenreißer gewesen war.
    Elisabeths Gefühle dem Mann gegenüber waren gemischt. Sie achtete seinen klugen Geist, fürchtete sich aber ein wenig vor seiner scharfen Zunge, denn einen Vorteil hatte der Posten des Narren für Friedlein allemal: Er durfte viel mehr aussprechen, ohne die Entlassung oder eine Strafe befürchten zu müssen, als andere Berater. Eine scharfe Zunge war bei einem Hofnarren geschätzt, bei Ratgebern nur selten. Und gerade deshalb fühlte sich Elisabeth, seit sie die Schande ihrer Zeit im Frauenhaus mit sich trug, in seiner Gegenwart unwohl. Bildete sie sich das nur ein oder legte er eine besondere Betonung auf das Wort Jungfrau?
    Er konnte um ihr Geheimnis nicht wissen. Ihr Vater würde nicht über diese Schmach sprechen, nicht einmal mit dem von ihm so hochgeschätzten Friedlein. Das hoffte sie zumindest. Vielleicht bezog sich der Spott ja auch auf den jungen Domherrn Albrecht von Wertheim, der für sie bereit war, der kirchlichen Laufbahn, die er eben erst begonnen hatte, wieder zu entsagen. Dachte der Narr, sie habe seinem Werben bereits zu weit nachgegeben?
    Nun, diese Vermutung war für sie weniger gefährlich, als wenn er in ihrer Vergangenheit kramen und das Jahr, das sie
angeblich im Kloster verbracht hatte (wie die offizielle Erklärung ihres Verschwindens lautete), näher untersuchen würde.
    »Ja, meine Tochter sieht prächtig aus, Friedlein«, bestätigte Johann von Brunn mit Stolz. »Komm her, meine Liebe. Es ist schön, dass du dich doch noch besonnen hast, das schwere Los, das man mir aufgebürdet hat, mit mir zu teilen.«
    Elisabeth schüttelte den Kopf. »Nein, Vater.« Die Anrede schmeckte noch immer ein wenig seltsam, obgleich sie früher als Kind keine Schwierigkeiten damit gehabt hatte. »Ich komme nur, um nach Euch zu sehen und mich davon zu überzeugen, dass Ihr Euch wohl befindet.«
    »Und dann? Wirst du sogleich zu Unser Frauenberg zurückkehren?« In seinem Tonfall schwang die Kränkung mit.
    »Ja«, antwortete sie nur. Er wusste von ihren Plänen. Warum sie noch einmal aussprechen? Der Hofnarr schien allerdings nichts dabei zu finden, die Wunde noch einmal aufzureißen.
    »Sie wird den jungen Domherrn Albrecht von Wertheim ehelichen, wenn er kein Domherr mehr ist, sondern wieder Ritter. Nicht mehr Euer Ritter natürlich, Exzellenz. Nein, ich vermute, eher der seines Bruders, des Pflegers Johann von Wertheim, der Euch als Bischof folgen wird, wenn Ihr – wie von vielen bereits sehnsüchtig erwartet – bald für immer die Augen schließt.«
    Elisabeth zuckte zusammen und warf ihrem Vater einen Blick zu. Der schien sich nicht wirklich zu ärgern, obwohl er einen leeren Zinnbecher ergriff und nach seinem Hofnarren warf, der diesem jedoch geschickt auswich. Der Becher prallte gegen die Wand und blieb verbeult am Boden liegen.
    »Vater, ich liebe Albrecht«, sagte Elisabeth. Sie ignorierte Friedlein, der spöttisch »Oh, die Liebe! Welch starke, himmlische Macht« murmelte.
    »Steht es nicht schon in der Bibel, dass die Tochter ihr Vaterhaus verlassen und ihrem Gatten nachfolgen wird?«
    »Du hast ja recht, meine Liebe, dennoch hätte ich dich gerne um mich. Geradina ist erst seit einer Woche hier, und ich muss gestehen, sie geht mir jetzt schon auf die Nerven.«
    Elisabeth erwiderte nichts. Was sie über die jüngste einer ganzen Reihe von Mätressen des Bischofs dachte, behielt sie lieber für sich. Dass sich ihr Vater mit seinen mehr als siebzig Lebensjahren überhaupt noch mit Mätressen umgab, konnte ihr nicht gefallen, selbst wenn er nicht Bischof gewesen wäre. So schwieg sie lieber und ergriff die ihr entgegengestreckte Hand, um einen Kuss auf den Ring zu hauchen. Er war mit einem wertvollen Edelstein geschmückt, zeigte aber nicht das Siegel des Würzburger Fürstbischofs. Natürlich, das Siegel hatte der Vater in die Hände des Pflegers legen müssen, der nun die Regierungsgeschäfte für ihn übernahm, um das Land aus seinen zerstörerischen Fehden zu führen und vor allem von der drückenden Schuldenlast zu befreien, an der Johanns leichtfertige Lebensweise maßgeblich Schuld

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