Das Arrangement
Butch. Er hatte den Jüngeren so sehr verhätschelt und verwöhnt, dass dieser irgendwann glaubte, die Regeln der anderen würden für ihn nicht gelten.
“Hat man denn rausgefunden, wer's getan hat?”, erkundigte sich die Motelangestellte. “Die letzte Information, an die ich mich erinnere, ist, dass sie ein Mädchen von hier im Verdacht hatten, Marnie Soundso. Sie ist verschwunden, nicht wahr? Hat man sie jemals gefunden?”
“Noch nicht.” Marnie Hazelton war im vergangenen Februar die Hauptverdächtige gewesen, doch inzwischen war Tony sich nicht mehr so sicher. Er verfolgte noch eine andere Spur, beabsichtigte aber auf jeden Fall, Marnie zu suchen. Im Februar war er bei Josephine Hazelton, der verrückten alten Lady, die Marnie großgezogen hatte, zu Besuch gewesen. Sie verkaufte Gemüse und alles Mögliche auf dem Flohmarkt. Die Leute schienen sie zu mögen, aber Tony hatte das Gefühl gehabt, dass sie etwas zu verbergen hatte. Also er und Gramma Jo würden sich noch eine Runde unterhalten müssen, sobald er sich hier eingerichtet hatte.
Anschließend wollte er bei einer Exfreundin vorbeigehen, die ihn betrogen hatte. Das würde auch interessant werden. Was Tony fehlte, war ein handfestes Motiv für einen seiner Verdächtigen, außer dass sein Bruder ein echter Tyrann gewesen war, der gern Leute belästigte, die schwächer waren als er, egal ob Mann oder Frau.
“Bestellen Sie Ihrem Dad mal, dass ich mich nach ihm erkundigt habe”, zwitscherte die Empfangsdame. “Sie haben gar nicht gesagt, ob er nun verheiratet oder Single ist.”
“Er ist Single, seit meine Mutter vor über zwanzig Jahren gestorben ist. Fürs Heiraten ist er nicht der Typ.”
“Na ja, das ist ja auch egal. Man muss ja nicht heiraten, um eine Tasse Kaffee zu bekommen, soweit ich weiß.”
Tony versuchte höflich zu bleiben und nickte. Sein Dad hätte das ganz anders gehandhabt. Vernon hatte sich nie um etwas anderes geschert, als seinen Jungen den Garaus zu machen und am Fluss zu angeln, an irgendeinem Fluss. Er hätte dieser aufdringlichen Tante keinen zweiten Blick geschenkt, andererseits hätte er wahrscheinlich auch nicht hingesehen, wenn Pamela Anderson vor ihm gestanden hätte. Er war kein großer Fan des schönen Geschlechts. Seiner Meinung nach redeten Frauen zu viel und taten zu wenig. “Weinerliche, nachgiebige Lügnerinnen, allesamt”, sagte er immer gern.
Die Hotelangestellte schaltete das Radio aus. “Ich frage mich, ob ich Ihre Mutter kennengelernt habe. Sie ist wahrscheinlich mit Vern und mir zur Schule gegangen.”
“Kümmern Sie sich um Ihre eigenen Angelegenheiten”, zischte Tony. Er schlug so heftig mit der Faust auf den Tresen, dass ihre leere Kaffeetasse umkippte. “Es gibt nichts, was Sie über meine Mutter wissen oder erfahren müssten.”
Die Hotelangestellte sah ihn mit großen Augen an. Sie trat einen Schritt zurück und visierte das Telefon an, von dem sie sich gerade entfernt hatte. “Ich habe ja nichts gesagt, ich wollte nur freundlich sein.”
Tony zog seine Polizeimarke vor. “Sie und ich werden uns schon gut vertragen”, erwiderte er. “Sehen Sie nur zu, dass ich jeden Tag frisches Bettzeug bekomme. Frisch, nicht gewendet – und ich will kein Wort mehr über meine Mutter hören.”
5. KAPITEL
A lison spülte gerade mit Pfefferminzgeschmack-Mundwasser, als sie ein Klopfen an der Badezimmertür hörte.
“Kannst du mir mit der Krawattennadel helfen?”, rief Andrew.
Sie gurgelte laut, um ihm zu verstehen zu geben, dass er einen Moment warten musste, spuckte dann die blaue Flüssigkeit aus und trocknete sich das Gesicht mit einem Handtuch ab. Da sie nichts außer einem Slip trug, zog sie ihr Kleid vom Bügel an der Tür. Einen BH konnte man wegen des rückenfreien Oberteils nicht darunterziehen, so würde sie nun zumindest schnell hineinschlüpfen können.
Wieder klopfte er an. “Hast du was gesagt?”
Bevor sie antworten konnte, öffnete er die Tür und stand vor ihr, sodass sie gezwungen war, sich blitzschnell umzudrehen und das Kleid überzustreifen. Sie zerrte den Stoff hoch und befestigte die strassbesetzten Träger. Es blieb keine Zeit mehr, um das Rückenteil zu schließen.
“Was möchtest du?”, fragte sie und wandte sich um, während sie noch an dem Stoff herumzupfte.
Er schien sich über ihre ungelenken Verrenkungen zu amüsieren. “Kann ich dir behilflich sein?”, erkundigte er sich.
“Es wäre sehr hilfreich, wenn du meine Privatsphäre respektieren
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