Das Arrangement
wusste, gegen sie verwenden. Sie war eine flüchtige Kriminelle. Alle glaubten, dass sie Butch umgebracht hatte. Wenn Andrew die Wahrheit sagte, dann hatte er sich lediglich zuschulden kommen lassen, dass er sie bat, die Identität seiner Frau anzunehmen, bis er das Geheimnis ihres Verschwindens aufklären konnte.
Er könnte jederzeit schwören, dass sie ihm nicht gesagt habe, sie sei nicht Alison, dass sie ihn ebenfalls an der Nase herumgeführt habe. Wie konnte sie das Gegenteil beweisen? Oder er könnte zugeben, dass er die Wahrheit gekannt hatte, und sich der Gnade des Gerichts ausliefern, indem er sagte, er sei nicht zur Polizei gegangen, weil er sie beschützen wollte.
Andrew stand wieder auf und ging zum Kamin, er schien in Gedanken versunken. Als er schließlich zu reden begann, überraschte er sie vollkommen.
“Wenn du das Ganze nicht durchziehen willst”, sagte er, “bringe ich dich nach Long Island zurück oder wohin auch immer du willst. Es ist deine Entscheidung. Ich werde mich danach richten.”
“Ist das so wichtig für dich?”, fragte sie. “Du würdest deine Nachforschungen aufgeben?”
“Das Armband ist nur ein Anzeichen. Du hast auch deine Haare verändert und willst ganz offensichtlich nicht kooperieren. Eigentlich versuchst du unseren Plan zu sabotieren. Vielleicht nicht bewusst, aber du tust es.”
Sie konnte nicht abstreiten, dass sie hier wegwollte, aber Sabotage?
“Marnie.”
Bei dem Klang seiner Stimme richteten sich die Härchen auf ihren Armen auf. Sie konnte sich nicht erinnern, wann er sie das letzte Mal bei ihrem richtigen Namen genannt hatte. Sie hatten sich beide darauf geeinigt, ihn nicht mehr zu benutzen. So wie sie sich geeinigt hatten, seinen Plan durchzuführen.
“Ich möchte gern, dass du bleibst”, sagte er. “Aber nicht mir zuliebe. Ich werde mich nach deiner Entscheidung richten.”
Sie fühlte, wie sie schwach wurde, doch andererseits machte sich der nagende Gedanke in ihr breit, dass sie sich dumm verhielt. Es war immerhin möglich, dass er sie gerade meisterhaft manipulierte. Dass er seine Frau umgebracht hatte und hierhergekommen war, um seine Unschuld zu beweisen und an das Erbe zu gelangen. Sein eigentlicher Plan hatte womöglich gar nichts mit der tatsächlichen Aufklärung von Alisons Verschwinden zu tun.
Marnie musste eine Entscheidung treffen, so oder so musste sie Farbe bekennen. Sie musterte das Armband, dessen Anhänger im Licht des Feuers funkelten.
“Ich bleibe”, sagte sie schließlich. “Ich versuche mein Bestes. Wir haben eine Abmachung, und ich werde sie einhalten, aber das tue ich nicht mit blondierten Haaren – oder mit dem Armband.”
Sie lehnte sich vor, um ihr Glas auf den Tisch zurückzustellen. Dieses Armband war von Anfang an nicht für sie gewesen, und sie würde es ihm jetzt wiedergeben. Bis auf einen Anhänger. Sie nahm den Pennyring und drückte ihn so fest gegen die Kante des Marmortisches, bis die Stelle, wo sie den Ring vor Jahren zusammengeschweißt hatte, aufschnappte.
Sie würde bleiben, doch zu ihren Bedingungen.
9. KAPITEL
J ulia fragte sich, mit welchen schmutzigen Fantasien sie heute Morgen wieder konfrontiert werden würde, als sie ihren Mercedes auf den Parkplatz des schäbigen Motels lenkte. Sie hatte Jack Furlinghetti wirklich satt. Welche Risiken sie bereits seinetwegen auf sich genommen hatte – und das alles für etwas, das ihr ohnehin gehörte. Wenigstens hatte er diesmal einen Ort ausgewählt, der weiter von Mirage Bay entfernt lag. Das hieß aber auch, dass sie sich gleich nach dem Frühstück aus dem Haus stehlen und sich Rebecca und Bret gegenüber mit Hinweisen auf einen angeblichen Shopping-Notfall hatte erklären müssen. Zumindest würde niemand groß Fragen stellen, wenn es um Julias Konsumrausch ging.
Sie hatte befürchtet, dass Alison womöglich mitkommen wollte, aber ihre Tochter war heute Morgen nicht zum Frühstück erschienen, auch nicht am Abend vorher zum Dinner. Andrew hatte steif und fest behauptet, dass es Alison gut gehe. Er behauptete, sie habe immer noch einen Ausschlag im Gesicht, und hatte ihr das Essen aufs Zimmer gebracht. Als Julia heute Morgen nach ihr sehen wollte, nur um sicherzugehen, dass Andrew sie mit seinem krankhaften Kontrollbedürfnis nicht wie eine Gefangene einsperrte, war jedoch der Anruf gekommen, und sie musste sich beeilen.
Ein mulmiges Gefühl machte sich in ihrer Magengegend breit, als sie an die verwitterte Tür des Motelzimmers anklopfte. Sie
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