Das Atmen der Bestie (German Edition)
hatte gemeint, dass ich mich wahrscheinlich in ein Pferd verwandele. Ich würde, statt Mist zu entsorgen (wie er sagte), übergehen zur Produktion von Mist.
Jane setzte sich ans Fenster und wir beobachteten, wie der Regen draußen auf die Straße herabstürzte. Ich zündete eine Zigarette an und rührte in meinem Kaffee; die ganze Zeit sah sie mich stumm an, als ob sie wüsste, dass ich ihr etwas erzählen wollte.
»Du siehst gut aus«, meinte ich. »Die Zeit vergeht und du wirst mit jeder Stunde immer hübscher.«
Sie schlürfte ihren Cappuccino. »Du bist doch nicht gekommen, um mir Komplimente zu machen.«
»Nein, das nicht. Aber ich will auch keine Gelegenheit dazu versäumen.«
»Du siehst besorgt aus.«
»Sieht man mir das an?«
»Ja, extrem.«
Ich lehnte mich auf dem wackligen Stuhl zurück und stieß Rauch aus. Direkt über Janes Kopf hing ein Poster an der Wand, das für die Legalisierung von Haschisch warb, doch nach dem unterschwelligen Aroma in Prokic’s Deli zu urteilen, war sowieso niemand von den Gesetzen beeindruckt – man konnte hier hereinspazieren, ein Glas Milch und ein Salami-Sandwich kaufen, und kam high wieder raus.
»Hast du in deinem gesamten Leben schon einmal etwas erlebt, das so absolut seltsam war, dass du nicht wusstest, wie du es begreifen kannst?«, fragte ich.
»Was meinst du mit absolut seltsam?«
»Also, manchmal passieren doch seltsame Dinge, oder? Du siehst jemanden auf der Straße, den du für tot gehalten hast, oder so etwas Ähnliches. Nur ein einzelner Vorfall. Aber mit absolut seltsam meine ich eine Situation, die ganz seltsam anfängt und dann immer seltsamer wird.«
Sie schob sich die Haare aus der Stirn. »Das ist es, was dich so belastet?«
»Jane«, meine Stimme klang ganz rau, »es belastet mich nicht. Es macht mich verrückt.«
»Willst du darüber reden?«
»Es klingt alles so lächerlich.«
Sie schüttelte den Kopf. »Erzähle es mir trotzdem. Ich liebe lächerliche Geschichten.«
Langsam, mit vielen Unterbrechungen und Erklärungen, erzählte ich ihr alles, was in Seymour Wallis’ Haus passiert war. Das Atmen, die Freisetzung von Energie, wie Dan Machin ohnmächtig wurde. Dann beschrieb ich den Zwischenfall im Krankenhaus und Dans unheimlich glühende Augen. Ich erzählte ihr auch von seinen seltsam geflüsterten Worten: Es ist das Herz, John, es schlägt noch weiter!
Jane hörte mir die ganze Zeit mit ernstem Gesichtsausdruck zu. Dann legte sie eine ihrer langfingrigen Hände auf meine. »Darf ich dich etwas fragen? Wirst du nicht beleidigt sein?«
Ich ahnte, was sie fragen wollte. »Wenn du glaubst, dass ich hier eine Show abziehe, um uns wieder zusammenzubringen, dann irrst du. Alles, was ich gerade erzählt habe, ist passiert, und nicht letzten Monat oder letztes Jahr. Es ist hier in San Francisco in der vergangenen Nacht und hier in San Francisco heute Morgen passiert. Es ist Wirklichkeit, Jane, ich schwöre es.«
Sie griff über den Tisch und nahm sich eine von meinen Zigaretten. Ich hielt ihr meinen Glimmstängel hin und sie zündete sie sich an der glühenden Spitze an. »Es klingt so, als ob dieses Ding, dieser Geist oder was immer es ist, ihn besetzt. Es klingt wie Der Exorzist oder so ...«
»Das habe ich auch schon gedacht. Aber ich fand es zu blöd, um es auszusprechen. Ich meine, um Gottes willen, diese Dinge passieren doch nicht wirklich.«
»Vielleicht doch. Nur weil sie nie jemandem passieren, den wir kennen, heißt das ja nicht, dass sie überhaupt nicht passieren.«
Ich drückte meine Zigarette aus und seufzte: »Ich habe es mit meinen eigenen Augen gesehen und doch glaube ich es einfach nicht. Er saß aufrecht in seinem Bett und ich sage dir, Jane, seine Augen glühten . Er ist doch ein ganz normaler junger Typ, der für die Stadt arbeitet, er trägt noch einen Bürstenhaarschnitt wie ein Junge, und er sah aus wie der Teufel.«
»Was kann ich tun?«, fragte Jane.
Ich schaute aus dem Fenster, vor dem Leute standen, die sich vor dem Regen schützten. Der Himmel hatte eine seltsame grüne Metallfarbe angenommen und die Wolken bewegten sich schnell über die Dächer der Brannan Street. Heute früh, bevor ich zu Dan gegangen war, hatte ich mit Seymour Wallis telefoniert, um mich mit ihm für eine weitere Besichtigung des Hauses zu verabreden, und er hatte mich dasselbe gefragt: »Was kann ich tun? Himmelherrgott, sagen Sie mir, was kann ich tun?«
»Ich weiß es wirklich nicht«, antwortete ich Jane. »Aber vielleicht
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