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Das Auge der Dunkelheit (German Edition)

Das Auge der Dunkelheit (German Edition)

Titel: Das Auge der Dunkelheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Dekkard
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Möglichkeit?“
„Das reine Extrakt der Blätter. Jemand hat sie vergiftet.“
„Warum, verdammt noch mal, sollte man mich ...?“, und er stockte.
Die Frage erübrigte sich. Es ging nur darum, wer ihn vergiften wollte. Aber es formte sich kein Verdacht auf eine bestimmte Person formen.
„Wie auch immer“, sagte er. „Ich danke Ihnen für alles.“
Mit Befremden betrachtete er dabei Schälchen mit dunklen Flüssigkeiten, die auf dem Nachttisch standen.
„Danken Sie der Miss. Sie hat Ihnen rechtzeitig eine Injektion gegeben, die die Vergiftung aufgehalten hat. Ich habe nur mit ein paar nutzlosen Kräutern experimentiert und verdächtige Zauberformeln vor mich hin gemurmelt.“
Dabei wedelte Namdring lustig mit den Händen. Er kannte den Argwohn, mit dem viele Besucher aus dem Westen auf die traditionelle, asiatische Heilkunst reagierten und nahm es mit Humor. Bedächtig reinigte er die Schalen und verstaute die Kräuter in Säckchen.
„Vielleicht hat Ihre Krankheit auch eine andere Ursache“, mutmaßte der Mönch. „Die Miss sagt, Sie sind erst seit ein paar Tagen im Land. Sie machen auf mich nicht den Eindruck eines Mannes, der sich in kürzester Zeit Feinde schafft, die einem mit Gift zu Leibe rücken.“
„Das hatte ich bis vor wenigen Wochen auch geglaubt.“
Namdring unterbrach seine Arbeit.
„Wie meinen Sie das?“
Durch einen Rest von Entkräftung hatte Leonard sich zu diesen Worten hinreißen lassen. Er manövrierte sich mit einer unverfänglichen Erklärung heraus.
„Hier scheint alles von tieferen Rätseln durchdrungen. Mit denen ich offensichtlich auf Kriegsfuß stehe. In Rangun wollte mir ein Mann die Zukunft vorhersagen. Eine ziemlich finstere Prognose. Aber sie erschreckte ihn mehr als mich. Er weigerte sich sogar, alles zu erzählen.“
„Sie haben ihn hoffentlich nicht bezahlt.“
Den Einwand garnierte der Mönch mit einem Lächeln.
„Sie haben recht“, sagte er dann. „Die Dinge sind von tieferen Rätseln durchdrungen. Einiges verwirrt selbst mich. Vielleicht haben Sie eine Ader dafür. Die sich erst hier zeigt, fern von Ihrem normalen Leben.“
Diese Bemerkung ließ Leonard unkommentiert und fragte, in welchem Ort sie sich befanden. Sie hätten Bagan, ihr Ziel, erreicht, erklärte der Mönch. Nach einer halsbrecherischen Fahrt, die Kaih und seinem alten Gefährt alles abverlangt hatte. Einen Arzt fanden sie nicht vor. Zu ihrem Glück lief ihnen der kundige Mönch Namdring über den Weg. Nachdem Leonard versorgt war, brachte die örtliche Dependance des burmesischen Institutes für Archäologie sie in hölzernen Bungalows unter. Sie gehörten zu einer heruntergekommenen, ehemaligen Tagungsstätte der Regierung. Außer Namdring wohnten in der Siedlung noch weitere buddhistische Mönche, die in Bagan ihren spirituell motivierten Forschungen nachgingen. An Namdring stellte Leonard ein extrem bescheidenes, unaufdringliches Wesen fest, ein Paradebeispiel seiner Zunft. Mit einer ebenso unaufdringlichen Neugier zeigte der Mönch auf Leonards Brust.
„Sie tragen ein sehr ungewöhnliches Amulett, Mister Ryland.“
Es war das Bronzeding aus Conleys Hinterlassenschaft. Einem Impuls folgend hatte Leonard es vor der Abfahrt aus Rangun angelegt, unter seinem Hemd verborgen. Jetzt baumelte es vor seiner nackten Brust. Man hatte ihn für die Behandlung seiner gesamten Kleidung entledigt.
„Ein Geschenk“, sagte Leonard schnell. „Von einer Frau.“
Dehnte man die Wahrheit, konnte man es als Geschenk bezeichnen, dachte er. Wenn man vernachlässigte, dass es von einer Toten stammte. Und der Akt des Beschenkt werdens mit einschloss, ihr selbst gemauertes Grab aufzubrechen. Um keinen Verdacht zu erregen, was die Herkunft des Amuletts anging, verlegte sich Leonard auf die Offensive.
„Ich habe keine Ahnung von diesen Dingen. Hat es eine bestimmte Bedeutung?“
„Darf ich?“
Leonard überreichte ihm das bronzene Medaillon, und der Mönch besah es aufmerksam von beiden Seiten.
„Das Quadrat hier auf der Rückseite bezieht sich auf den Grundriss einer Pagode. Sie alle haben eine solche Basis. Das Quadrat symbolisiert die Erde, den Ausgangspunkt der spirituellen Reise eines jeden Menschen.“
Mit dem Daumen fuhr Namdring über die Gravur der gewellten Linien auf an der linken Seite des Quadrats.
„Das hier ist schon schwerer zu deuten. Die Linien stehen für das Element Wasser. Den vier Himmelsrichtungen des Quadrats werden in den verschiedenen buddhistischen Ländern auch

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