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Das Auge der Dunkelheit (German Edition)

Das Auge der Dunkelheit (German Edition)

Titel: Das Auge der Dunkelheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Dekkard
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schwante bereits dort, dies sei, wenn überhaupt die Wahrheit, bestenfalls ein Teil davon. Was sie dort hinten zurückließen, erzählte mir der junge Burmese in einer stillen Stunde. Einen alten, blinden Priester, aufgespießt auf einen Bambusstab. Und ein junges Mädchen, getötet mit einem einzigen Messerstoß ins Herz.

Kapitel 31
    Februar 1988, Bagan, Burma
    Mein mysteriöser Besitz weckt die sonderbarsten Gefühle. Ich verachte zutiefst jene meiner Landsleute, die sich mit einer Dunkelhäutigen einlassen. Manchmal mit ihnen sogar einen Bastard zeugen und diesen auch noch stolz herumreichen. Sogar der gute Willet, sonst ein ungewöhnlich liberaler Mann, stimmt mir bei, daß dieses erbärmliche Verhalten eine Schwäche und Verderbtheit zeigt, die eines weißen Mannes unwürdig ist. Dennoch drängt mich seit kurzem eben jenes unselige Verlangen, zwischen die braunen Schenkel einer Einheimischen zu rutschen.
B.C.
    Leonard flog, schwebte durch die frische Luft der Augustna cht. Eben noch spürten seine Füße die kühlen Zinnen einer wuchtigen Mauer. Nun umgab ihn der Atem der Dunkelheit. Er fiel. Unter sich erkannte er das schwarze Asphaltband einer schmalen Straße. Wie eine ruhende Schlange wand sie sich durch schwarze Höhen. Hinter einer Kurve tauchten zwei gelblich schimmernde Fäden auf. Die Scheinwerfer eines Autos. Es raste in ungeheurer Geschwindigkeit auf ihn zu. Aber er selbst war es, der sich in teuflischem Tempo dem Auto näherte. Leonard breitete seine Arme aus, als könnte er dadurch wieder Auftrieb gewinnen. Mit einem Schlag befand er sich dicht über der Motorhaube des Fahrzeugs. Hinter der Windschutzscheibe zwei entsetzte Gesichter, ein Mann am Steuer, eine Frau daneben, den Mund zu einem Schrei geöffnet. Den Aufschlag fühlte er nicht mehr.
    „ Etwas Grauenvolles wird passieren!“
Leonard riss die Augen auf, registrierte die Umgebung. Die rohen Wände eines einfachen Zimmers, ein leise kreiselnder Deckenventilator, das harte Bett, das seinen Rücken traktierte, eine kühle Hand auf seiner heißen Stirn. Sie gehörte einem dunkelhäutigen, kahl rasierten Mann im mittleren Alter. Eine orangerote Toga umschlang seinen Körper. Ein Mönch.
„Miss. Er ist aufgewacht.“
„Gottseidank.“
Dann ein zweites Gesicht.
„Ellen? Was ...?“
„Du hast dir mit irgendwas furchtbar den Magen verdorben. Du warst völlig weg. Gelähmt. So was hab ich noch nie erlebt. Wenn Namdring nicht gewesen wäre. Mein Gott.“
Bescheiden winkte der Mönch, der Namdring hieß, ab.
„Aber nein. Ich habe diese Symptome früher schon einmal gesehen. Deshalb war es leicht, die richtigen Schritte zu unternehmen. Sie haben ein starkes Herz, Mister Ryland. Das hat Sie gerettet.“
Leonard horchte auf die Signale seines Körpers. Er fühlte sich matt, wie nach einer mehrtägigen Erkältung. Sonst fehlte ihm nichts. Sogar die Hitze auf der Stirn verflog.
„Was meinen Sie mit gerettet?“
„Die Anzeichen wiesen auf eine bestimmte Pflanze hin. Sie sieht dem wilden Koriander zum verwechseln ähnlich. Jemand hat wohl versehentlich diese Pflanze verwendet und Ihr Hühnercurry damit gewürzt.“
Im Stillen zählte Leonard die Mahlzeiten der letzten Tage. Vergeblich suchte er ein Hühnercurry darunter.
„Eines wundert mich allerdings“, ergänzte Namdring. „Ihre Lähmung deutet auf eine ungewöhnlich hohe Konzentration. Die Bitterstoffe in den Blättern hätten das Essen eigentlich ungenießbar machen müssen.“
Fröhlich gluckste er vor sich hin.
„Es sei denn, Sie haben drei Kilo Curry gegessen.“
„Es gibt noch eine andere Möglichkeit“, sagte Ellen und ihr Gesicht verfinsterte sich.
Die Tür des Zimmers flog auf, Sonnenlicht brach herein, Ruuds aufgeregtes Gesicht umflutend.
„Ellen. Du musst sofort mitkommen.“
Ruud warf Leonard einen Gruß zu und mühte sich rührig um einen weniger kühlen Ton. „Gut, Sie wieder unter den Lebenden zu sehen.“
Durch einen spürbaren Rest von Eifersucht hörte man heraus, dass der Holländer es ernst meinte. „Mach schon, Ellen. Ich sag nur eins: eine Sensation!“
„Ruh dich aus“, sagte Ellen und berührte Leonard sanft. „Ich erzähl´s dir später.“
Er nickte verständnisvoll und sie fegte aus dem Zimmer. Ganz die Wissenschaftlerin. Fiel das Wort Senstation, vergaß sie alles andere. Als sich die Tür hinter ihr schloss, wandte Leonard sich an den Mönch.
„Wissen Sie, was Ellen sagen wollte? Was meinte sie damit: Es gibt noch eine andere

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