Das Auge der Dunkelheit (German Edition)
er nach hinten an seinen Hosenbund und zog ein Jagdmesser hervor. Das Gewehr mit dem Kolben voran stand Ellen dem Mann unschlüssig gegenüber. Noch nie in ihrem Leben hatte sie eine Waffe abgefeuert, nicht mal eine in der Hand gehalten.
Er bemerkte ihre Verunsicherung. Mit drei, vier schnellen Schritten bewegte er sich auf sie zu, seine Klinge sauste durch die Luft. Ellen reagierte zu spät. Mit einem Tritt unter den Kolben entwaffnete der Mann sie. Polternd fiel das Gewehr zu Boden. Grinsend gönnte sich der Kerl eine Sekunde des Triumphes. Eine zu viel. Plötzlich schrie er auf, fuhr wütend herum. In seinem Oberarm steckte summend Randells Bohrer. Sofort nach ihrem unvermuteten Angriff kroch Nini unter den Tisch, aus der Reichweite seiner Schläge. Mit einem weiteren Aufschrei riss der Mann den Bohrer heraus, ging damit drohend auf Nini los. Ein scharfes Klacken hielt ihn auf und der Druck der Gewehrmündung in seinem Rücken.
„Jetzt ist Schluss damit, Arschloch!“
Während Ellen ihn in Schach hielt, griff Nini seine Hände, bog sie nach hinten und legte ihm die Handschellen an. Danach fesselten die beiden Frauen den Bewusstlosen. Der dritte lag ausgestreckt auf dem Boden. Ihn hatte die tödlichste Spritze auf dem Tisch erwischt und sein Gehirn war zu der Überzeugung gelangt, er sei erfroren. Ellen befreite Leonard von den Schnallen, die ihn an die Liege fesselten. Mit leichten Schlägen auf die Wangen versuchte sie, ihn zu wecken.
„Leonard! Es ist vorbei. Leonard?“
Zwinkernd richtete er sich auf, öffnete die Lider.
„Alles in Ordnung, Leonard?“
Er lächelte.
„Wer sind Sie?“
Kapitel 44
Nach einer halben Stunde in der Luft zogen sich noch immer die kahlen Kammlinien der Berge unter ihnen entlang. Kein Zeichen einer Siedlung. Zweimal blitzten einzelne Feuer, winzig, von oben betrachtet wenig mehr als ein Streichholz. Wer schlägt sich durch diese gottverlassene Gegend, ging es Randell durch den Kopf.
Wie hypnotisiert vertiefte sich Kavenay in die Landkarte auf seinen Knien und murmelte er vor sich hin.
„Than Mon. Es stimmt, was Mister Finneys Betthäschen gesagt hat. Es liegt mitten im Chin-Gebiet.“
Dann hob er den Kopf und fügte lauter hinzu: „Leider.“
„Ärger?“
„Es gibt dort eine Unabhängigkeitsbewegung. Und ausgerechnet jetzt besinnt sie sich darauf, was die Lieblingsbeschäftigung aller Unabhängigkeitsbewegungen ist. Das ziellose Herumballern in der Gegend. Mit einer unschönen Konsequenz.“
„Es wird alles voll Militär sein.“
„Und die haben das nicht so gerne, wenn ihnen Ausländer beim Massakrieren zusehen.“
„Verzeihung, Sir. Aber ich seh da ´n anderes Problem. In diesem Land laufen drei Milliarden Mönche rum. Wie sollen wir da den einen finden?“
„Cleveres Kerlchen. Die perfekte Tarnung.“
„Vielleicht reicht es, wenn wir einfach nur schneller sind als der Bastard. Sollte uns nicht schwerfallen, hiermit“, sagte Randell und
klopfte auf das Polster der Sitzbank.
„Diese Geschichte hat mich eins gelehrt, lieber Randell. Halte mehr als eine Lösung parat.“
Nach der passenden suchend wurde er bei einer zerfetzten Leiche fündig.
„Was stand da in dem Polizeibericht aus Malaysia? Über den toten Schmied?“
Daran gewohnt überließ Randell Kavenay zunächst seinen Gedankensprüngen.
„Dieser Arundhavi gehört doch zum gleichen Verein. Wie wär´s, wenn wir den Behörden stecken, dass ein paar ungehörige Mönche gemeinsame Sache mit den Chin machen? Besonders solche mit auffälligen Rücken-Dekorationen.“
„Wird er dumm aus der Wäsche gucken, schätz ich.“
Kavenay beugte sich vor zu dem Co-Piloten und zeigte ihm den Zielort auf der Karte.
„ Fermé “, widersprach der Mann kopfschüttelnd.
„Hat er gerade fermé gesagt?“
Kavenay wunderte sich, woher ein burmesischer Militärpilot den französischen Ausdruck für geschlossen kannte.
„Ja, Sir, hab ich auch gehört. Hat wohl mal ´ne Franzmann-Touristin gebumst.“
Ein weiteres Mal hielt Kavenay dem Mann die Karte unter die Nase.
„Wir müssen da hin, klar?! Than Mon!“
„No, Sir. Monywa.“
Kavenay insistierte, bekam aber noch einmal die gleiche, knappe Antwort, wobei der Co-Pilot mit dem Finger auf eine Stelle in der Karte tippte.
„He, du Blödian!“, fuhr Randell dazwischen. „Was sollen wir in Monywa?“
„Monywa! Army!“, antwortete der Mann. Er spielte mit beiden Händen, als richte er ein Gewehr auf Randell und feuere damit. Dann lachte er.
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