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Das Auge der Dunkelheit (German Edition)

Das Auge der Dunkelheit (German Edition)

Titel: Das Auge der Dunkelheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Dekkard
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Getier sollte es gestattet werden, durch Brummen oder Sirren Chan Khuos Ohren zu malträtieren. Tan Pai durfte nur noch einfache Baumwollkleidung tragen, um das Geraschel der Seidenrobe zu verbannen, die er üblicherweise anlegte. Behutsam schloss er die Tür, deren Rahmen er mit geräuschdämmenden Schaumstoffstreifen beklebt hatte. Dann schlug er einen Bogen, um in das Sichtfeld seines Herrn zu geraten. So verhinderte Tan Pai, ihn durch das plötzliche Auftauchen in seinem Rücken zu erschrecken. Chan Khuo drehte seinem Diener die roten Schweinsaugen zu, erkannte den Gegenstand in seiner Hand. Auf Distanz bedacht hielt Tan Pai die Arme ausgestreckt, das Telefon in beiden Händen.
„Verzeiht, edler Herr. Ich würde es nicht wagen, wenn es nicht von außerordentlicher ...“
Mit einer ungeduldigen Geste unterbrach Chan seinen Diener und befahl ihm, näherzutreten. Vor zwei Tagen hatte er ihn um ein Haar mit einem Brieföffner niedergestochen. Nur weil Tan Pai, seinem Befehl gehorchend, es wagte, Tee zu bringen. Der Anruf musste lebenswichtig sein, wenn er sich nun unaufgefordert in das Refugium traute.
Bei den ersten Worten vom anderen Ende der Leitung zeigte sich eine unbändige Wut auf Chans Gesicht, die Tan Pai auf die Knie zwang. Rückwärts rutschend stellte er hastig, aber leise einen Sicherheitsabstand her. Chans Antworten reduzierten sich auf gelegentliches Grunzen und ein scharfes -Sofort!- zum Abschluss. Während des Gesprächs milderte sich die Wut zu leichter Verärgerung und endete in Erstaunen, nachdem er aufgelegt hatte.
„Das war dieser Hurensohn Tong Sa. Ist das zu glauben?“
Seit dem Angriff auf seinen Diener war kein Laut mehr über Chans trockene Lippen gekommen. Jetzt knarzten die eingerosteten Stimmbänder wie alte Schrankscharniere. Die Wirkung des Anrufes auf seinen Herrn brachte den Sekretär aus der Fassung.
„Der Jet soll bereitstehen“, befahl Chan. „Pack das Nötigste für ein paar Tage. Und schalte, verdammt noch mal, diese elende Klimaanlage ein. Hier hält es kein Schwein aus!“
Glückstrahlend sprang Tan Pai auf die Beine. Einen freudigeren Satz hätte auch sein Herz nicht machen können.

Kapitel 55
    Zum zweiten Mal in diesem Land waren sie nun Gefangene von Aufständischen. Im Gegensatz zu dem Häuflein Chin-Rebellen stand Leonard hier einer beeindruckenden Streitmacht von tausend Mann gegenüber. Das gesamte Lager bestand aus Bambus und dem Holz des nahen Waldes. Langhäuser dienten als Kasernen, die höheren Ränge wohnten in eigenen Hütten. Unter schattenspendenden Unterständen, einfache, strohgedeckte Überdachungen, wurde gekocht und gegessen. Sogar ein buddhistischer Schrein befand sich auf dem Gelände. An einer Ecke des Palisadenzaunes drängten sich ein ganzes Dorf und eine Pferdekoppel. Vor den Hütten köchelte ein milchiger Brei in riesigen Bottichen. Der Sud des Schlafmohns, der zu Rohopium verarbeitet wurde. Man nahm ihnen ihre Habseligkeiten und sperrte Nini und Leonard zusammen in einen Bambusverschlag. Dort übergab man sie dem dumpfen Brüten in der Hitze. Niemand befand es für nötig, eine Wache abzustellen. Zweimal täglich erschien eine alte Frau in schwarzer Baumwollkleidung und brachte Reis und Wasser. Mit vernebelten Augen stieß sie zwischen braunrot verfärbten Zähnen Laute hervor, die auch Nini nicht verstand. Stunden, Tage verbrachten sie in der trägen Eintönigkeit ihres drückend engen Käfigs und sahen matter werdend dem Geschehen auf dem Gelände zu. Soldaten, die exerzierten, berittene Karawanen, die Waffen und Munition herbeischafften oder das Lager mit Säcken voller Rauschgift wieder verließen.
Mehrmals beobachteten sie Exekutionen. Zerlumpte Gestalten wurden aus Käfigen gezogen, ähnlich dem ihren. Man traktierte sie mit Stockschlägen, bis sie wimmernd auf die Knie sanken. Trockene Stöße aus Maschinenpistolen streckten sie nieder und dann schleifte man sie fort wie geschlachtetes Vieh.
Wie viel Zeit vergangen war, bis der Hubschrauber kam, wusste Leonard nicht mehr. An diesem Tag blieb die schwarze Alte fort, gab es keinen Reis und Wasser. Stattdessen zerrten ihn zwei Männer aus dem Verschlag, banden ihm die Hände und zwangen ihn auf die Knie. Das Licht der blendenden Sonne verdeckend trat ein Mann auf ihn zu. Fünfzig Jahre alt, dunkelhäutig, das Haar zu einem militärischen Bürstenschnitt rasiert, harte Gesichtszüge mit mongolischem Einschlag. Mitleidlose Augen stachen auf Leonard ein. Wie die anderen Männer im

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