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Das Auge der Dunkelheit (German Edition)

Das Auge der Dunkelheit (German Edition)

Titel: Das Auge der Dunkelheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Dekkard
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aus Holztonnen schöpften. Die Nächte kühlten es auf eine Temperatur herunter, die ihnen bei der ersten Kelle, die sie über dem Kopf ausschütteten, einen Schrei entlockte. Trotzdem genossen beide diese morgendliche Schrecksekunde. In den vergangenen Tagen hatte es keine Gelegenheit zur Körperpflege gegeben. Hier konnten sie sogar ihre Kleidung vom Schmutz und Gestank ihrer Verstecke befreien.
Die beiden Männer, die Nini und ihn am Morgen des dritten Tages abholten, erregten keinen Verdacht in Leonard. An das Verfahren, kommentarlos an die nächsten Begleiter weitergereicht zu werden, hatte er sich gewöhnt. Sie kamen in einem rostigen Militär-LKW, entweder ausrangiert, oder, was Leonard in dieser Gegend für wahrscheinlicher hielt, gestohlen. Ihn überkam erst ein Anflug von Unruhe, als die Männer ihnen Plätze in der Fahrerkabine anboten, statt sie wie üblich auf der Ladefläche zu verstecken.
„ No worry“, meinte der eine. „ No danger. No problem.“
Im Laufe seines Lebens entwickelte Leonard ein gesundes Misstrauen gegenüber Menschen, die -Kein Problem- sagten. Denn mit erstaunlicher Regelmäßigkeit tauchten in der Umgebung dieser Menschen schnell eine Menge Probleme auf. Die holperige Fahrt ging über sandige Pisten oder quer über die Felder hinweg. Zu Leonards Beruhigung ohne Zwischenfälle und ohne je einer Menschenseele zu begegnen. Nach mehrstündigem Geschaukel lenkte der Fahrer den bulligen Diesel in ein Waldstück hinein. Ohne abzubremsen, rumpelte er einen Weg entlang, gerade breit genug für den Laster. Zweige klatschten gegen die Windschutzscheibe, sodass Leonard den Weg voraus kaum einsehen konnte. Der Fahrer musste den Pfad blind und im Dunkeln bewältigen können, so sicher hetzte er das schwere Gefährt über den lehmigen Boden. Dann trat er plötzlich heftig auf die Bremse. Vor ihnen öffnete sich eine Lichtung. Dort wartete eine Maultierkarawane, zwölf Männer und doppelt so viele Tiere.
„Mae Sai “, sagte der Fahrer und zeigte nach vorn. „Thailand . “
Die Hälfte der wartenden Männer begann sofort, den Lastwagen zu entladen. Sie packten Kisten und Säcke auf die Rücken der Tiere. Nini und Leonard nötigte man in einer ungewöhnlichen Hast, auf zwei der Maultiere zu steigen. In weniger als einer Viertelstunde stand die Karawane abmarschbereit.
„Wer sind die Leute?“, fragte Nini besorgt.
„Schmuggler, nehm ich an. Deshalb geht das wohl alles ziemlich fix.“
Und deshalb, setzte Leonard in Gedanken hinzu, wohl auch die Waffen. Über jeder Schulter hing ein Gewehr. Keiner ihrer Begleiter richtete das Wort an sie, stumm trottete der Tross am jenseitigen Ende der Lichtung wieder in den Wald hinein. Der Pfad schlängelte sich meilenweit durch den trocken-heißen Dschungel, bergan und wieder talwärts. Als sie endlich aus dem Gewirr der Bäume ins offene Gelände traten, war es für eine Flucht zu spät. Das Lager besaß die Ausdehnung eines 4000-Seelen-Dorfes, umgeben von einem Palisadenzaun. Sechs aus Bambusrohr errichtete Wachtürme umgaben die äußere Begrenzung. Auf den oberen Plattformen Männer mit Maschinengewehren. Vier der Türme trugen Scheinwerfer. Ohne Zweifel ein Stützpunkt der Muang Tai Army.

Kapitel 54
    Seit der Nachricht von Lo Hans Tod verdorrte der mächtige Chan Khuo am Fenster seiner Luxuswohnung über den Dächern Singapurs. Eine Pflanze ohne Wasser, der unerbittlichen Tropensonne ausgesetzt. Um den Lautlosen trauerte er keine Sekunde. Wurde Lo Han besiegt, so ereilte ihn mit seinem nassen Grab nur das gerechte Schicksal. Aber das Ende der Hoffnung veranlasste Chan Khuo, sich vollends dem Morphium zu ergeben. Mit dem Tod seines besten Killers verlief die Spur. Der Engländer war verschwunden, die letzte Chance dahin, seinem eigenen erbärmlichen Ende zu entgehen. Die, die für seine Suche starben, durch seine eigene Hand oder auf seinen Befehl, vermochte er nicht mehr zu zählen. Alles vergeblich. Die erbarmungslose Krankheit, die sein Inneres zersetzte wie Säure, hielt nur noch Meister Sens an Zauberei grenzende Heilkunst auf. Aber wie lange noch?
Die Füße in drei Paar dicke Wollsocken gehüllt schlich Tan Pai zur Tür herein. Sein Herr verbat sich seit Tagen jede Störung und reagierte auf das leiseste Geräusch mit einem Wutausbruch. Weil ihn selbst das Summen der Klimaanlage um den Verstand brachte, verdichtete sich die Luft im Ruheraum zu einem heißen Brei. Regelmäßig versprühte der Sekretär im Vorraum Insektenspray. Keinem

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