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Das Auge der Dunkelheit (German Edition)

Das Auge der Dunkelheit (German Edition)

Titel: Das Auge der Dunkelheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Dekkard
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Tag, bis plötzlich völlige Dunkelheit über ihn hereinbrach, durchstochen nur noch von den blauen Flammenzungen. Das Kichern erstarb, Traurigkeit breitete sich aus. Ein kristallener Buddha schwebte in der Luft. Aus dem geschlossenen Mund rann monoton eine Kette kurzer Silben.
Han-chi-sah-mon-san-chöh-man-ih-ana-han.
Das zerschnittene Gesicht taumelte dicht vor Leonards, die Narben lösten sich ab, begannen, sich wie Schlangen umeinander zu winden. Schwarze Kiesel tanzten herum, ausgedörrte Lippen formten trockene Worte.
Warum bist du zurückgekommen?
Ich bin nicht zurückgekommen.
Siehst du, was du einst gesehen hast? Den Unaussprechlichen, den höchsten der Drei?
    Heller Tag, brüllend heiß. Vor ihm reckten sich drei Berge in die Höhe, der Gipfel des Höchsten in Wolken gehüllt. Der Unaussprechliche. Dort wartete es, dorthin führte das Auge der Dunkelheit. Das Hemd schweißgetränkt, die Hände voller Blut. Irgendjemand verfolgte ihn. Aber ich habe sie doch alle getötet!
Du darfst nicht dorthin. Niemand darf es erfahren. Warum bist du zurückgekommen?
Ich bin ...
    Nacht, voller Fieber. Das Labyrinth. Dort ist nichts. Nichts außer tiefer Verzweiflung. Flieh! Bevor es zu spät ist. Raus aus diesem Dschungel. Aus dieser elenden Hölle. Die Bäume! Sie haben Gesichter. Mein Gott, sie sind voller Leichen.
Dort wird deine schwarze Seele Ruhe finden, weißer Mann. Aber sie wird nicht mit den anderen in den Himmel wachsen.
    Ein letzte s Mal der Nachthimmel, bevor sie das Grab verschließen. Aber ihn, ihn haben sie mir gelassen. Hier drinnen, in der Finsternis, leuchten seine Sterne. All das Morden. Umsonst. Gütiger Gott, was habe ich getan?
Niemand darf es erfahren!
Ich bin nicht Blackford Conley! Lasst mich wieder raus! Mein Name ist Leonard Finney!
    „Mein Name ist Leonard Finney!“
„Beruhigen Sie sich, Mister Ryland! Beruhigen Sie sich!“ Manaos Stimme klang dumpf, wie aus einem Sarg.
„Er hat den Verstand verloren. Nini. Schnell. Hol Wasser.“
Wie durch einen Schlag ins Gesicht flohen die Visionen, verdichteten sich zu einem Punkt in der Ferne, der sich mit einem Blitz auflöste. Er fühlte seine Hände und Füße, befreit von den Fesseln.
„Mein Name ist Leonard Finney“, wiederholte er matt. Mit diesen Worten durchstieß er die Spinnenfäden seiner Trance. Manao warf Nini einen besorgten Blick zu. Reglos stand sie abseits, mit ernstem Gesicht.
„Nicht verrückt. Sein Name Leonard Finney.“
„Mach dir keine Gedanken, Manao“, lenkte Leonard ein. „Ich erklär´s dir später.“
Mit beiden Händen fasste er sich an die Schläfen. Ohne jede Nachwirkung verzog sich die Droge.
„Was war das, verdammt? Wo sind die Eingeborenen?“
„Sie sind fort“, erklärte Manao. „Und wir sollten auch so schnell wie möglich verschwinden.“
„Wie lange hab ich hier, was auch immer gemacht?“
„Die Zeremonie, oder wie man das nennen will, dauerte die ganze Nacht. Der Schamane sagte kein Wort darüber. Es schien ihn nicht zu beunruhigen. Aber hat er uns davor gewarnt, länger als nötig zu bleiben.“
„Die ganze Nacht?“, ächzte Leonard. „Es ist alles weg. Fast alles. Dieser Berg. Der Unaussprechliche. Dort befindet sich die Pagode des Schwarzen Buddha.“
Und dort wartete auch ...
Ein tiefer Schrecken raste über sein Gesicht. Dieses Ding, Ra´sa, der Unabwendbare. Es lebte. Er hatte ihn gesehen. Kurz und heftig stieg in Leonard wieder eine andere Vision auf. Er war im Körper Blackford Conleys gewesen, hatte seine Gedanken gedacht.
„Sie haben ihn lebendig begraben. In einem Baum. Sie haben einen Teil des Stammes ausgehöhlt, Conley hineingesteckt und die Rinde wieder verschlossen. Und er hatte den Kris!“
„Was immer Sie gesehen haben, es war nicht real“, entgegnete Manao.
Leonard packte die schmächtigen Schultern des jungen Dayak.
„Gibt es solche Bestattungsriten?“
„Ja, schon“, gab er widerwillig zu. „Jedenfalls gab es sie bei manchen Stämmen. Vielleicht praktizieren die Danah Oth es immer noch. Aber das hat überhaupt nichts zu bedeuten. Sie standen unter Drogen. Das war alles nur Einbildung. Phantasie.“
„Nein! Bäume voller Leichen. Eine Art lebendiger Friedhof. Es muss hier irgendwo sein.“
„Haben Sie nicht zugehört? Wir müssen fort von hier. Ich habe keine Lust, dass meine Zähne als Halskette an einem dieser Wilden herumbaumeln.“
„Wir sind kurz vor dem Ziel. Ich habe die Bäume gesehen. Bäume mit Gesichtern. Es sind in die Rinde

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