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Das Auge der Dunkelheit (German Edition)

Das Auge der Dunkelheit (German Edition)

Titel: Das Auge der Dunkelheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Dekkard
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birgt eine zu große Verantwortung. Und die Hüter wurden ihr gerecht. Das Wissen bedeutet grenzenlose Macht über die Menschen. Sie hätten es zu ihrem eigenen Vorteil nutzen, selbst Götter werden, die Welt beherrschen können. Aber sie verwendeten es, um den Pfad der Erkenntnis auszuleuchten.“
„Sie meinen, die Menschen seien noch nicht reif genug, die letzten Wahrheiten zu kennen?“
„Mehr noch. Nur wer rein in der Seele ist, selbstlos und ohne Begierde, ist überhaupt in der Lage, zu sehen. Und hat die Kraft, diese Wahrheit zu ertragen. Denn da ist noch das Andere .“
„Auch ich musste es erst schmerzlich erfahren“, fügte Arundhavi hinzu.
„Alles hat zwei Seiten, die sich gegenseitig bedingen, die ohne einander nicht existieren können. Richtig und falsch. Gut und böse. Leben und Tod.“
„So ist es“, bestätigte Sen. „Und so hat auch dieses Ritual zwei Aspekte. Der weise führt auf den Pfad der Erkenntnis. Doch die Hüter entdeckten auch den anderen, den dunklen Weg. Dies war es, was sie vor allem vor der Welt zu verstecken suchten. Dieser Weg führt an das Ende der Zeit. Der Buddha selbst weigerte sich, ihn vollständig zu gehen. Er bedeutet das Erlöschen allen Lebens.“
Leonard betrachtete den Dolch in seiner Hand.
„Dann ist dies auch ...“
Sen nickte bedächtig.
„Sie erkennen es jetzt. Er ist ebenso beides. Ich habe sein letztes Rätsel erst bei meinem zweiten Besuch in Kuching lösen können. Sehen Sie sich die Zeichen auf der Klinge an, den Kelch, den Kegel, die Flamme, welche die drei letzten Stufen der geistigen Entwicklung symbolisieren. Und dann das vierte, das Chu-Po oder Pyu-Zeichen. Die meisten Quellen, die ich fand, interpretieren es falsch, als die Zahl eins. In Wirklichkeit steht es für das, was jenseits der Flamme liegt.“
„Jenseits jeder Existenz“, riet Leonard.
„Richtig. Das sechste, das letzte Element.“
„Das Nirvana. Das Nichts.“
„Nichts und Alles. Oder, um es bildhaft auszudrücken. Sie betreten gleichzeitig den Himmel UND die Hölle. Die menschliche Seele ist unfähig, eine solche Erfahrung zu ertragen. Und deshalb darf diese Grenze nie überschritten werden. Der Stein, die Träne, in der Hand jenes kristallenen Buddhas dort ist das Licht, die Erkenntnis. Die Klinge jedoch ist die Dunkelheit . Durchstößt man damit den Dämon, wie Sie es soeben vorhatten, zeigt sich die andere Seite, der Schwarze Buddha. Gibt man die Klinge in seine Hand und spricht man das Mantra in der umgekehrten Reihenfolge, so öffnet sich das Tor zum absoluten Chaos.“
Der Dolch wog unendlich schwer. Leonard fasste ihn mit beiden Händen und reichte ihn Sen. Plötzlich sprang Arundhavi vor, entriss Leonard den Kris und stieß ihn beiseite.
Erschrocken prallte Sen zurück. Bevor Leonard reagieren konnte, starrte er in den Lauf eines Revolvers.
„Keine Bewegung. Um ein Haar hättest du es noch verdorben!“
Grinsend wandte sich Arundhavi an den entsetzten Chinesen.
„Ihr hättet es mir nie verraten. So blieb mir nur zu hoffen, dass dieser Unwürdige den Kris findet. Und Euer Vertrauen zu gewinnen, in dem ich ihn in Eure Hände gebe. Bis ihr unvorsichtig genug wäret, mit der Wahrheit herauszukommen. Wie glücklich, dass dies nun gerade hier und jetzt geschieht.“
„Arundhavi! Ihr seid von Sinnen!“
„Oh, nein. Ihr glaubt, die Welt braucht das Licht? Was bedeuten all diese armseligen Leben gegen einen Mann, der es wagt, an das Ende der Zeit zu gehen? Als was, glaubt Ihr, werde ich zurückkehren? Ich will es Euch sagen. Als Euer zorniger, dunkler Gott!“
„Das ist Wahnsinn. Ihr wisst nicht, was Ihr da heraufbeschwört!“
„Ihr irrt, weiser Mann. Ich kenne den sehr wohl, der auf der anderen Seite lauert.“
Arundhavi hielt den dunklen Dolch in die Höhe.
„Dies wird ihn bannen. Es ist der Stein, der ihm die Macht dazu gibt. Die Träne des Schwarzen Buddha wird das Unvermeidliche aufhalten.“
Er drohte mit dem Revolver.
„Und nun bleibt, wo Ihr seid, wenn Euch der Rest Eurer erbärmlichen Existenz wichtig erscheint.“
In Höhe der aufgemalten Dämonenfigur setzte er den Dolch an die Wand und stieß ihn in den Schlitz. Knirschend drehte sich der kristallene Buddha um seine Achse. Die Rückseite des Reliefs, die sich langsam nach vorne schob, zeigte das gleiche, monströse Antlitz, wie es im Untergewölbe des Thammuyiangi in die Wand gemeißelt war. Und dieser grausame Buddha meditierte nicht. Eine Hand im Schoß zur Faust geballt, die andere

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