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Das Auge der Fatima

Das Auge der Fatima

Titel: Das Auge der Fatima Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Wulf
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darum gebeten, mein Gesicht zu zeichnen. Und hätte ich davon gewusst, ich hätte ihn schon viel früher für seinen Frevel bestraft. Ich flehe Dich an, o großmütiger Schöpfer. Verwehre mir nicht den Zugang zu Deinem Reich. Ich folge Deinem Wort und Deinem Willen noch mehr als jemals zuvor. Ich werde alle Frevler bestrafen, Deine Feinde vernichten und jeden bis ans Ende der Welt jagen, der es wagt, gegen Dein Wort zu verstoßen. Ich werde mich für immer den Verlockungen von Ruhm und Reichtum entziehen. Ich werde niemals eine Frau berühren, das gelobe ich. Bitte ...«
    Und in seiner abgrundtiefen Verzweiflung schlug Hassan die Hände vors Gesicht und weinte.

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    18.
    A li! Ali, wach auf!«
    Die Stimme, die ihn rief, klang hoch und zart wie die Stimme eines kleinen Mädchens.
    Was für ein schöner Traum, dachte Ali und drehte sich auf die andere Seite. Ein Traum, in dem die Tochter von Beatrice zu mir gekommen ist, um bei mir zu wohnen.
    »Ali, komm schon! Steh auf!«
    Die Stimme ließ nicht locker. Und jetzt rüttelte jemand sogar an seiner Schulter und zog an seiner Decke. Also, dass war doch ...
    Ali drehte sich um und schlug die Augen auf. An seinem Bett stand das wohl bezauberndste Wesen, das es auf der Welt geben konnte - Michelle. Jeden Morgen, wenn er aufwachte, fürchtete er, dass es sie gar nicht gab, dass sie nichts weiter als eine Gestalt aus einem wunderschönen Traum war. Und jeden Morgen, wenn er dieses kleine Mädchen über den Flur hüpfen sah, das Licht auf ihren langen blonden Haaren, dann war er unendlich erleichtert, dass er sich offensichtlich geirrt hatte. Sie war kein Traumgebilde.
    Ali lächelte zärtlich. Doch sein Lächeln wurde nicht erwidert, denn gerade in diesem Augenblick war dieses bezaubernde Wesen, das im Nachthemd und mit nackten Füßen vor seinem Bett stand, ganz offensichtlich wütend.
    »Willst du denn immer nur schlafen, schlafen, schlafen?«, schrie sie und starrte ihn mit vor der Brust verschränkten Armen, zornig gerunzelter Stirn und zusammengezogenen Augenbrauen finster an. Sogar ihre klaren blauen Augen, die denen ihrer Mutter so ähnlich waren, wirkten an diesem Morgen dunkler als sonst.
    Ali sah sich verwirrt um. Hatte er etwa den Weckruf des Muezzin überhört und verschlafen? Doch ein Blick verriet ihm, dass es noch sehr früh war. Das Licht, das durch die Vorhänge in sein Schlafgemach fiel, hatte die Zartheit der Morgendämmerung. Der Tag war so jung, dass noch genügend Zeit blieb, um im Bett zu liegen, die wohlige Wärme zu genießen und dabei seinen Gedanken nachzuhängen.
    »Kannst du nicht mehr schlafen, meine Kleine?«, fragte Ali und streckte seine Hand aus, um dem Mädchen über den Kopf zu streicheln. Doch sie wich einen Schritt zurück. »Komm noch in mein Bett.«
    »Nein!«, sagte sie so heftig, dass Ali überrascht aufsah. Normalerweise konnte Michelle es gar nicht abwarten, in sein Bett zu kommen und sich eine Geschichte erzählen zu lassen. Was war nur heute mit ihr los? »Wir haben gar keine Zeit. Wir müssen alles vorbereiten. Mama kommt.«
    »Mama?« Ali setzte sich auf, sein Herz begann schneller zu klopfen. Beatrice sollte kommen? Aber woher ...
    Sein Herzschlag beruhigte sich ebenso schnell wieder. Er ließ sich auf sein Bett zurücksinken. Es war sehr früh am Morgen, offensichtlich war er immer noch nicht ganz wach. Nur so ließ es sich erklären, dass er sich - wenn auch bloß für einen kurzen Moment - von den Traumvorstellungen und Fantasien eines kleinen Mädchens hatte anstecken lassen. Woher sollte Michelle denn wissen, dass ihre Mutter kommt? Sie konnte ihr kaum einen Brief aus der Zukunft geschrieben haben. Es war klar, das Kind hatte geträumt. Leider.
    »Komm noch ins Bett, meine Kleine«, sagte Ali und versuchte sich seine Enttäuschung nicht anmerken zu lassen. Es gab Tage, an denen wünschte er sich in die Kindheit zurück, zurück in jene Zeit, als Träume noch Wirklichkeit waren. »Schau, die Diener schlafen auch noch alle. Wir können jetzt gar nichts tun. Komm ins Bett. Nur so lange, bis der Muezzin seinen Morgengesang anstimmt. Falls deine Mama heute kommt, dann sicher nicht so früh. Wir haben noch genug Zeit.«
    Dieses Argument schien sie zu überzeugen. Sie kletterte auf das Bett, kroch unter die Decke und kuschelte sich an Ali.
    »Erzählst du mir eine Geschichte?«
    Ali seufzte. Eigentlich hatte er noch ein wenig die Augen zumachen wollen. Der Tag würde anstrengend genug werden. Doch wenn eine

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