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Das Auge der Fatima

Das Auge der Fatima

Titel: Das Auge der Fatima Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Wulf
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ihre kargen, aus trockenen Weizenfladen bestehenden Mahlzeiten stets im Sattel eingenommen. Lediglich zu den Gebetszeiten waren sie von den Pferden gestiegen, um ihre Pflichten Allah gegenüber nicht zu versäumen. Und manchmal hatten sie an einem Bachlauf oder einer Zisterne angehalten, um ihre Wasserflaschen aufzufüllen und die Tiere trinken zu lassen. Mittlerweile war Mustafa völlig erschöpft. Er war das Reiten nicht gewöhnt. Jetzt war er müde und hungrig, jeder Knochen und jeder Muskel in seinem Leib taten ihm weh. Vor seinen Augen tanzten Trugbilder auf und ab, verlockende Bilder von mit dampfenden Hirsebrei gefüllten Schüsseln und mit weißen Laken bedeckten Lagern aus goldfarbenem Stroh.
    Erschrocken zuckte Mustafa zusammen und setzte sich wieder aufrecht in den Sattel. Er konnte es kaum glauben, doch er war tatsächlich im Sitzen eingeschlafen. Um ein Haar wäre er dabei einfach zur Seite gekippt und vom Pferd gefallen. Mustafa warf Osman einen kurzen Blick zu. Ob der Meister dieses Zeichen seiner Schwäche bemerkt hatte? Anscheinend nicht, denn er sah weiterhin mit unbewegtem Gesicht geradeaus. Mustafa seufzte. Er bewunderte und verehrte Meister Osman. Er saß immer noch so kerzengerade auf seinem Pferd, als wären sie gerade erst vor kurzem aus Alamut aufgebrochen. Und dabei hatte der Meister noch viel größere Strapazen hinter sich gebracht, war er doch erst zwei Tage zuvor aus Gazna zurückgekehrt. Mustafa schüttelte sich, straffte die Schultern und kniff sich in den Oberschenkel. Wenn dieser Mann seinen Dienst für Allah so gewissenhaft versah, dass er darüber sogar Hunger, Durst und Müdigkeit vergaß, durfte auch er nicht einschlafen. Dann musste er stark sein, um der Ehre, ein Fidawi sein zu dürfen, gerecht zu werden. Und stark sein für Allah bedeutete vor allem, an jedem Tag und in jeder Stunde die eigenen Schwächen zu überwinden. Das hatte Meister Osman gesagt.
    Mustafa lächelte, als er an jenen Augenblick vor zwei Tagen zurückdachte, als Meister Osman ihn zu sich rufen ließ und vor allen versammelten Brüdern die Botschaft des Großmeisters vorgelesen hatte, durch die Mustafa zu einem Fidawi ernannt wurde. Vor Freude und Aufregung hatten ihm die Knie gezittert, als er vor den hohen Stuhl getreten war, den Meister Osman in Vertretung des Großmeisters besetzt hielt. Mit heftig klopfendem Herzen hatte er die Weihe empfangen. Osman war zu ihm getreten und hatte eigenhändig Mustafas linken Arm entblößt, um ihm mit einem im Kohlefeuer zum Glühen gebrachten Eisen das Zeichen der Fidawi auf den Oberarm zu brennen - ein Oval mit dem Schriftzug »Es gibt keinen Gott außer Allah«. Vor Schmerz waren ihm die Tränen in die Augen gestiegen, als sich das Eisen durch seine Haut bis tief ins Fleisch hineingefressen hatte. Trotzdem war es ihm gelungen, nicht zu schreien. Und er hatte in Meister Osmans Augen gesehen, dass dieser zufrieden mit ihm war. Dann endlich hatte er die Insignien der Fidawi erhalten - den schlanken, leicht gebogenen Dolch mit der Aufschrift »Allah ist groß« auf Griff und Klinge, die Würgeseile für die besonders schwierigen, die heimlichen Aufträge und den langen Säbel, der so scharf war, dass man sogar ein Haar damit hätte spalten können. Nachdem seine Wunde verbunden worden war und sie bei einem ausgiebigen Festmahl mit allen Brüdern gefeiert hatten, hatte Meister Osman ihn schließlich beiseite genommen. Er war mit ihm auf den Turm der Festung gegangen, dorthin, wo alle Fidawi ihre Aufträge mitgeteilt bekamen, und hatte ihm erklärt, dass es so weit sei. Er sollte seine erste Aufgabe bekommen, um sich vor Allah und allen Mitgliedern der Bruderschaft der Ehre, ein Fidawi zu sein, würdig zu erweisen. Und jetzt waren er und Meister Osman - jener Mann, den Mustafa neben dem Großmeister am meisten verehrte und bewunderte - gemeinsam auf dem Weg nach Qazwin, um dort einen gottlosen Mann ausfindig zu machen, der eine Vielzahl von Verbrechen gegen Allah und Seine Kinder begangen hatte. Mustafa konnte sein Glück, zu den wenigen Auserwählten zu gehören, immer noch nicht fassen.
    »Wir sind bald am Ziel«, sagte Osman, ohne ihn anzusehen. Der Meister sprach nicht oft, doch wenn er das Wort an Mustafa richtete, saugte dieser jede einzelne Silbe ebenso in sich auf wie die Worte aus dem Koran. »Wenn wir die Tore von Qazwin erreichen, verhältst du dich still. Wir wissen nicht, wie aufmerksam die Stadtwachen sind und wie sie sich Fremden gegenüber

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