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Das Auge der Fatima

Das Auge der Fatima

Titel: Das Auge der Fatima Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Wulf
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Sohn«, sagte er und lächelte. »Was ist dein Begehr?«
    »Herr, ich komme von weit her. Mein Sohn«, er deutete auf Mustafa, »ist krank. Wir haben den weiten Weg nach Qazwin auf uns genommen, in der Hoffnung, dass er durch Eure Fürsprache, Allahs Wille und einen gottesfürchtigen Arzt wieder gesund werden möge.«
    Der alte Mann lächelte wieder und legte eine Hand auf Mustafas Kopf.
    »Ich bin sicher, dass Allah barmherzig sein und Eure Bitten erhören wird. Er sorgt stets für jene, die Ihm treu ergeben sind. Doch einen gottesfürchtigen Arzt kann ich Euch leider nicht nennen.« Er schien kurz nachzudenken. »Wie stark ist dein Glaube, mein Sohn?«
    Meister Osman sah auf. »Ich habe zweimal die Kaaba gesehen, und ich wäre bereit zu sterben, wenn dies Allahs Wille sein sollte.«
    Der Alte wirkte beeindruckt.
    »So kann ich dir den Arzt nennen, der deinem Sohn vielleicht helfen kann. Sein Name ist Ali al-Hussein ibn Abdallah ibn Sina. Er ist ein ... Nun ja, ich habe bereits den Emir gebeten, ihn wegen seines schändlichen Lebenswandels einzukerkern oder der Stadt zu verweisen.« Der Muezzin sah Mustafa mitleidig an. »Doch auch wenn er kein gottesfürch- tiger Mann ist, so kann er vielleicht trotzdem deinem Sohn helfen.«
    »Allah allein hat die Macht, sich der Bösen zu bedienen, um Seinen Kindern beizustehen«, erwiderte Osman. »Er wird uns in Seiner unermesslichen Güte vor dem ansteckenden Odem des Frevels beschützen.«
    »Wahr gesprochen«, stimmte der Alte zu. »Einen Mann mit weniger gefestigtem Herzen würden die Verlockungen, die im Hause dieses Arztes warten, vom rechten Weg abbringen. Doch ich bin sicher, dass ihr beide die Prüfung bestehen werdet.«
    Der alte Mann nannte ihnen den genauen Weg zum Haus des Arztes. Dann knieten Mustafa und Meister Osman Seite an Seite nieder, um zum Mihrab gewandt Allah für Seine weise Führung zu danken und Ihn um Seinen Beistand zu bitten, bevor sie sich auf den Weg zum Haus des Arztes machten.
    Mustafa war ganz aufgeregt, als sie wenig später das Haus erreichten, in dem der Ketzer wohnen sollte. Denn dass es sich bei dem genannten Arzt um jenen verabscheuungswürdi- gen Verbrecher handelte, daran bestand für ihn kein Zweifel mehr. Doch während sie darauf warteten, dass ihnen endlich das Tor geöffnet wurde, stellte er sich immer wieder dieselbe Frage: Wie konnte ein Mann, dem Allah in Seiner allumfassenden Barmherzigkeit die Fähigkeit und das Wissen geschenkt hatte, Menschen zu heilen und ihre Leiden zu lindern, sich von Allahs Wort abwenden?
    Endlich, als sie schon glaubten, sie hätten an das falsche Tor geklopft, wurde eine Luke geöffnet, und das breite Gesicht eines Wächters kam zum Vorschein.
    »Was wollt ihr?«, brummte er und warf ihnen beiden einen derart finsteren Blick zu, dass Mustafa bestimmt wieder gegangen wäre, wenn er allein hier gestanden hätte. Doch Meister Osman ließ sich nicht einschüchtern.
    »Wenn dies das Haus des Arztes Ali al-Hussein ibn Abdallah ibn Sina ist, so wie man mir gesagt hat, erbitte ich Ein- lass«, antwortete er in höflichem Ton, obwohl Mustafa keinen Augenblick daran zweifelte, dass der Meister den Torwächter ebenso gut hätte töten können, um sich Einlass zu verschaffen. »Mein Sohn ist schwer erkrankt. Und mir kam zu Ohren, dass dein Herr über das Wissen verfügt, ihn wieder gesund zu machen.«
    »Das stimmt«, erwiderte der Wächter mit einem höhnischen Grinsen. »Allerdings ist mein Herr nicht da. Er ist fortgegangen. «
    »Das vergrößert unser Unglück«, sagte Meister Osman. »Doch ich bitte dich, wenigstens so lange warten zu dürfen, bis er wieder nach Hause zurückgekehrt ist, damit wir ihm dann unser Anliegen vortragen können.«
    Der Wächter zuckte mit den Schultern. »Von mir aus. Es kann aber lange dauern.«
    »Das ist uns gleich«, entgegnete Meister Osman. »Wir haben einen weiten Weg auf uns genommen, um deinen Herrn aufzusuchen. Wir können warten.«
    Da der Torwächter keine Anstalten machte, sie in das Haus zu lassen, breitete Meister Osman seinen Reisemantel direkt auf der Straße vor dem Tor aus, setzte sich darauf und zog Mustafa neben sich.
    »Er wird es nicht lange aushalten«, raunte der Meister Mustafa ins Ohr. »Bald wird er uns ins Haus lassen, um weiteres Aufsehen zu vermeiden, und dann werden wir feststellen, ob dies hier wirklich das Haus jenes Mannes ist, den wir suchen.«
    »Aber Meister!«, wagte Mustafa endlich zu sagen. »Dieser Mann ist Arzt! Wie kann solch ein Mann

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