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Das Auge der Fatima

Das Auge der Fatima

Titel: Das Auge der Fatima Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Wulf
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sein, so war sein Weg nach Nordwesten vielleicht einfach nur ein Täuschungsmanöver, um seine Verfolger zu verwirren. Es gibt in diesem Land viele Städte. Er könnte unbemerkt in der Wüste seine Richtung geändert haben und ebenso gut nach Isfahan, Gazna, Hamdan, vielleicht sogar bis nach Bagdad geritten sein.« Yasmina sah Beatrice an, als ob sie sich bei ihr dafür entschuldigen wollte. »Verstehst du, was ich damit zu sagen versuche? Dieser Mann kann mittlerweile überall sein.«
    Beatrice fuhr sich verzweifelt durchs Haar.
    »Aber was soll ich dann deiner Meinung nach tun, Yasmina? Wie soll ich Michelle finden, wenn ich nicht irgendwo mit der Suche beginne?«
    »Das weiß ich, Beatrice. Deshalb wollte ich dir auch vorschlagen, dass du uns morgen nach Gazna begleitest«, sagte sie. »Gazna ist die größte Stadt im Umkreis von zehn Tagesritten. Selbst wenn dieser Mann nicht dort sein sollte und auch nicht durchgereist ist, so ist es ein Leichtes, von Gazna aus weitere Nachforschungen anzustellen. Viele Karawanen und Händler aus allen Ländern kommen nach Gazna. Sie hören und sehen viel auf ihren Reisen. Vielleicht ist einem von ihnen deine Tochter begegnet. Außerdem ist Maleks Familie sehr wohlhabend. Wir könnten einen Boten ausschicken, der an deiner Stelle die Gegend durchstreift.«
    Beatrice dachte nach und wog die Argumente gegeneinander ab. Was Yasmina gesagt hatte, klang einleuchtend. Außerdem scheute sie sich vor der Aussicht, erneut allein in der Wüste herumzuirren. Dieses Mal hatte sie noch Glück gehabt und war mit dem Leben davongekommen. Es war fraglich, ob ihr das Schicksal das nächste Mal ebenso wohlgesonnen sein würde.
    »Gut, ich komme also mit«, sagte sie. Dann sah sie Yasmina an. Und mit einem Schlag wurde ihr die Bedeutung dessen bewusst, was ihre Freundin ihr gerade erzählt hatte. Sie war nicht nur in derselben Zeit wie Michelle gelandet, sie hatte durch Zufall sogar dieselbe Oase erreicht, in der ihre Tochter eine Nacht verbracht hatte. Oder war es vielleicht gar kein Zufall? Stand hinter allem eine bestimmte Absicht, die der Stein verfolgte und die sie nur noch nicht kannte? Heiße Tränen traten in ihre Augen. »Mein Gott, Yasmina, es ist also wirklich wahr. Ich habe mich nicht getäuscht! Michelle ist hier. Es ist kaum zu glauben, dass ich tatsächlich eine Spur von ihr gefunden habe. Dabei seid ihr und Malek und seine Brüder die ersten Menschen, denen ich nach meiner Ankunft begegnet bin.«
    Sie schlug die Hände vors Gesicht und begann zu weinen. Erst jetzt merkte sie, wie erschöpft sie war, wie ausgelaugt. Offensichtlich hatte sie bislang mehr an ihrer Intuition gezweifelt - und natürlich auch am Stein der Fatima -, als sie sich selbst hatte eingestehen wollen.
    Yasmina legte ihr tröstend eine Hand auf die Schulter.
    »Ja, du hast eine Spur von ihr gefunden«, sagte sie leise und lächelte aufmunternd. »Und ich bin mir sicher, dass es nun nicht mehr lange dauern wird, bis du deine Tochter endlich wieder in die Arme schließen kannst.«

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    8.
    B ereits kurz vor Anbruch des nächsten Tages wurde Beatrice von einer Dienerin geweckt. Rasch kleidete sie sich an und nahm ein hastiges Frühstück aus Brot, Käse und mit Zitronensaft gewürztem Wasser zu sich. Ihre Füße taten zwar immer noch weh, als sie langsam die Treppe zum Hof hinunterstieg, doch die konsequente Behandlung mit Myrrhe und der stark riechenden Salbe aus Ziegenfett hatte ebenso wie die Ruhe dazu beigetragen, dass sie nicht mehr auf die starken Arme eines Dieners angewiesen war, um sich zu bewegen. Allerdings war sie froh darüber, dass sie kein Gepäck zu tragen hatte.
    Im Hof wurde Beatrice schon von Yasmina und Malek erwartet. Die Diener liefen kreuz und quer durcheinander, sodass man meinen konnte, an diesem Tag würde eine zweite Hochzeit stattfinden. Allerdings fehlte die durchdringende, aufgeregte Stimme der Hausherrin. Diese stand mit vom Weinen geröteten Augen dicht bei Yasmina und hielt deren Arm umklammert, als wollte sie ihre Tochter nun doch nicht fortgehen lassen. Und auch Yasmina hatte Tränen in den Augen. Verständlicherweise. Vermutlich würden sie sich höchstens einmal im Jahr wiedersehen, wenn überhaupt. Die Reise nach Gazna schien nicht gerade ungefährlich zu sein. Und nur für einen kurzen Besuch zum Tee nahm man die damit verbundenen Strapazen gewiss nicht in Kauf.
    »Beeilt euch«, drängte Malek die Frauen ungeduldig. »Meine Brüder warten sicher schon auf uns. Wir

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