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Das Auge der Fatima

Das Auge der Fatima

Titel: Das Auge der Fatima Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Wulf
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wollen gemeinsam zum Treffpunkt mit unserem Karawanenführer gehen.«
    »Guten Morgen!«, wurden sie fröhlich von Assim begrüßt, als sie vor das Haus traten. Er lachte ihnen zu, verneigte sich vor Yasminas Eltern und Malek und ging dann zu Beatrice. »Es freut mich, dass du wieder mit uns reist, Sekireh.«
    »Mich auch«, sagte Beatrice und erwiderte sein Lächeln. Sie mochte Assim. Die Fröhlichkeit und Unbeschwertheit dieses Jungen wirkte ansteckend. »Allerdings werde ich dir diesmal nicht wieder zur Last fallen und hinter dir auf deinem Pferd reiten müssen.«
    Assim zuckte mit den Schultern. »Das war doch nicht schlimm. Weder ich noch mein Pferd haben deine Anwesenheit als Last empfunden. Aber du hast Recht, diesmal wirst du gemeinsam mit Yasmina und ihren beiden Dienerinnen in der Sänfte reisen.« Er verzog sein hübsches Gesicht. »Ich kann mir das zwar nicht vorstellen, es muss ziemlich stickig unter den dicken Stoffen werden, aber für eine Frau ist diese Art zu reisen sicherlich viel angenehmer.«
    Wenig später marschierten Malek, Yasmina, ihre Eltern und Brüder sowie alle Diener des Hauses und Beatrice quer durch das Dorf. Alles war still. Ein einzelner Hund schlug an und bellte hysterisch, offensichtlich kam ihm die Menschenansammlung im Morgengrauen verdächtig vor, doch eine durchdringende Frauenstimme brachte ihn schnell zum Schweigen.
    Der Himmel über ihnen war noch dunkel, und die Sterne schimmerten, doch am Horizont zeigte sich bereits ein schmaler Silberstreif als erster Vorbote der nahen Morgendämmerung. Sie hatten den Treffpunkt am Rande der Oase noch nicht erreicht, als ihnen auch schon eine Gestalt entgegenkam. Das bodenlange weiße Gewand, das Kopf und Körper gleichermaßen einhüllte, hob sich so deutlich von der noch herrschenden Dunkelheit ab, dass es im ersten Augenblick aussah, als würde sich ihnen ein Geist nähern.
    »Allah sei gepriesen. Ihr kommt spät, aber Ihr kommt!«, sagte der Mann mit einer tiefen, rauen Stimme, deren spöttischer Unterton nur schwer zu überhören war. »Ich wollte mich gerade zu Euch auf den Weg machen. Ich dachte schon, Ihr habt es Euch kurz vor Beginn der Reise anders überlegt.«
    Beatrice lief ein wohliger Schauer über den Rücken. Etwas an diesem Mann kam ihr bekannt vor, erinnerte sie an etwas oder jemanden. Doch es war nicht die Stimme. Es dauerte eine Weile, bis sie begriff, dass es sein weicher, leicht singender Akzent war, der ihr so vertraut zu sein schien. Dieser Mann war ein Nomade. Wie Saddin.
    »Sei auch du gegrüßt, Jaffar«, entgegnete Malek kühl und berührte flüchtig Mund und Stirn mit der linken Hand. Sein hübsches Gesicht nahm einen überraschend hochmütigen Ausdruck an. Es war ihm deutlich anzumerken, dass er nur deshalb die Regeln der Höflichkeit wahrte, um allen Anwesenden zu zeigen, welche unüberbrückbare Kluft zwischen ihm und dem Nomaden lag. »In meiner Familie ist es üblich, dass ein Mann zu seinem Wort steht. Wie ausgemacht möchten wir, dass ihr uns nach Gazna begleitet.«
    Jaffar hob seine buschigen Augenbrauen und verneigte sich. Offensichtlich spürte auch er den Unterschied, der zwischen ihm und Malek bestand. Allerdings hätte Beatrice Wetten darauf abschließen mögen, dass er ganz anders darüber dachte.
    »So bitte ich Euch, mir zu folgen, Ihr edlen Herren!«, sagte er. »Ich werde Euch zu unserem Sammelpunkt geleiten.«
    »Sammelpunkt?«, fragte Malek überrascht. »Weshalb ...«
    »Wir erwarten noch einige Juwelenhändler, die ebenfalls auf dem Weg nach Gazna sind. Sie hörten gestern Abend von unserer Karawane und haben sich entschieden, sich uns anzuschließen.« Jaffar lächelte, doch diesmal hatte sein Lächeln etwas Drohendes. Seine weißen Zähne blitzten im flackernden Schein der Fackeln auf. Er sah aus wie ein zähnefletschendes Raubtier. »Ich hoffe, Ihr habt nichts dagegen einzuwenden, edler Herr?«
    »Nein«, beeilte sich Malek zu versichern, und Beatrice konnte ihm nur beipflichten. Sie an Maleks Stelle hätte auch auf eine Konfrontation mit diesem Mann verzichtet. »Du führst die Karawane. Es ist alles in Ordnung.«
    »Gut, Herr«, erwiderte Jaffar und verneigte sich erneut. »Ich wusste, dass Ihr ein kluger und verständiger Mann seid.«
    Inzwischen hatten sie den Rand der Oase erreicht. Sie passierten die letzte Baumreihe und standen auf einer Grasfläche, die nach etwa hundert Metern beinahe nahtlos in die Wüste überging. Die Sonne tauchte langsam über dem Horizont auf, und die

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