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Das Auge der Fatima

Das Auge der Fatima

Titel: Das Auge der Fatima Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Wulf
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Röntgenbild machen, um herauszufinden, welche Wirbelkörper gebrochen waren und ob es Trümmer gab, die den Rückenmarkskanal einzuengen drohten. Das Einzige, was ihr blieb, waren ihre fünf Sinne und ihr Verstand. Damit konnte sie allerdings nur feststellen, ob die Frakturen jetzt bereits das Rückenmark in Mitleidenschaft gezogen hatten oder nicht.
    »Los, bringt eine Trage her, und zwar schnell!«, rief sie den umstehenden Männern zu.
    »Was?«, rief Jaffar, und seine buschigen dunklen Augenbrauen zogen sich missmutig zusammen. »Wer bist du, elendes Weib, dass du es wagst, mir oder meinen Männern Befehle zu erteilen? Noch ein Wort, und ich werde dich ...«
    Drohend trat er auf Beatrice zu, doch Malek stellte sich ihm in den Weg.
    »Dieses Weib, Jaffar, ist eine sehr berühmte Heilerin«, stieß er zornig hervor. Beatrice sah angesichts dieser Lüge überrascht auf. »Sie sorgt seit vielen Jahren für das Wohlergehen aller Mitglieder unserer Familie. Und noch nie hat jemand es gewagt, Sekirehs Wort zu widersprechen, wenn es um die Genesung eines der Unsrigen ging. Ich rate dir also, dich ebenfalls an diese Regel zu halten, Jaffar, oder du wirst dich mit mir und meinen Brüdern messen müssen!«
    Malek schlug seinen Mantel zurück und legte den Griff des Schwertes frei, das an seinem Gürtel hing. Jaffar bedachte ihn und Beatrice mit wütenden Blicken, doch schließlich zog er die Hand vom Griff seines Säbels zurück.
    »Das ist die Sache nicht wert«, sagte er verächtlich, doch Beatrice hatte den Eindruck, dass er in Wirklichkeit Angst vor ihr bekommen hatte. Sie war blond und blauäugig, und viele Nomaden waren abergläubisch. Vielleicht hielt er die Geschichte über ihre Heilkünste nur für einen Teil der Wahrheit und glaubte, sie sei in Wirklichkeit eine Hexe. Und gegen die Zauberkraft von Hexen konnte man bekanntlich mit einem Schwert nichts ausrichten. »Sich zu streiten wegen eines Weibes ist eines Mannes nicht würdig.«
    Der Nomade machte auf dem Absatz kehrt und rauschte mit hoch erhobenem Kopf davon. Malek atmete sichtlich erleichtert auf und nickte Beatrice zu.
    »Sage mir, was du brauchst, Sekireh. Wir werden es dir schon beschaffen.«
    »Zuerst benötige ich eine stabile, weich gepolsterte Trage. Und dann müssen mir zwei von euch dabei helfen, Assim auf diese Trage zu legen.«
    »Aber woher sollen wir eine Trage nehmen?«, fragte Kemal. »Wir haben keine in unserem Gepäck, und außerdem ...
    »Soviel ich weiß, befinden sich unter Yasminas Besitz doch auch Möbelstücke«, sagte Beatrice. »Sicher sind auch Tische dabei. Dreht zwei oder drei von ihnen um und nagelt oder bindet sie fest zusammen. Dann nehmt ihr Kissen und Decken und polstert die Trage damit aus.«
    »Du willst wirklich auf das Geschwätz dieses Weibes hören, Malek?«, rief Murrat empört. »Bist du von Sinnen?«
    Kemal warf Malek einen kurzen Blick zu. Auch er schien in diesem Moment an dem Verstand seines älteren Bruders zu zweifeln.
    »Malek, du weißt, ich gebe Murrat für gewöhnlich nicht Recht, aber in diesem Fall ...«
    »Ihr habt gehört, was Sekireh gesagt hat, Kemal«, unterbrach ihn Malek, und seine Stimme duldete keinen Widerspruch. »Lauft! Und beeilt euch!«
    Murrat starrte auf Assim hinab, als wäre der Junge schuld an allem, was auf dieser Welt gerade schief lief.
    »Ich habe doch gesagt, dieser Bursche macht nur Ärger«, brummte er, während Kemal bereits losgegangen war, um dem Wort seines älteren Bruders zu gehorchen. »Wir hätten ihn besser zu Hause lassen sollen.«
    Widerwillig drehte auch er sich um und lief schließlich hinter seinem Bruder her. Malek wandte sich an Beatrice. Sein Gesicht war düster vor Sorge - aber auch vor Misstrauen.
    »Du hast meine Brüder gehört, Sekireh«, sagte er so leise, dass nur sie es hören konnte. Die Art, wie er den Namen aussprach, ließ sie erkennen, dass er ihr nicht mehr glaubte. Ob ihm ihr Versprecher aufgefallen war? »Und ich traue dir ebenso wenig. Wir wissen nichts über dich, außer dass wir dich in der Wüste gefunden haben. Alles andere stammt nur aus deinem eigenen Mund.«
    »Und weshalb vertraust du mir dann deinen Bruder an?«, fragte Beatrice. »Und warum hast du Jaffar belogen?«
    »Weil ich glaube, dass Assim zurzeit keine andere Chance hat als dich. Außerdem, so abwegig es auch klingen mag, habe ich den Eindruck, dass du tatsächlich weißt, was du tust. Lass dir jedoch eines gesagt sein.« Er näherte sich Beatrice so, dass sie hören konnte,

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