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Das Auge der Fatima

Das Auge der Fatima

Titel: Das Auge der Fatima Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Wulf
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stünden mit der Hölle und allen ihren Dämonen und Geistern im Bunde.«
    Wieder donnerte seine Faust auf den kleinen Tisch hinab und ließ das Geschirr erzittern.
    »Ich verstehe deine Wut, mein Freund«, sagte Hassan. »Und so wahr ich hier stehe, sage ich dir, dass diese gottlosen Frevler für ihre Sünden bezahlen werden. Jetzt herrscht endgültig Krieg zwischen uns und ihnen, ein heiliger Krieg. Wir werden ihre geheimen Schlupfwinkel aufspüren, sie daraus vertreiben und sie und ihre Brut bis an das Ende der Welt jagen. Sie werden keine Ruhe und keinen Schlaf mehr finden, nirgendwo werden sie vor unserem heiligen Zorn sicher sein. Und für jeden unserer getöteten Brüder werden wir mindestens zehn von ihnen töten.« Er machte eine Pause. »Was habt ihr mit unseren Brüdern gemacht?«
    »Wir haben sie nach Alamut gebracht, damit sie dort in allen Ehren bestattet werden können. Außerdem gab ich den Auftrag, ein Grabmal zu bauen, das Heiligen würdig ist.«
    Hassan nickte anerkennend. »Du hast wahr gesprochen, Osman. Ja, sie sind Heilige. Märtyrer, die ihr Leben für Allah und Seine Kinder geopfert haben. Und was ist mit den Bettlern?«
    »Sie haben ihren Lohn erhalten«, erwiderte Osman und lächelte grimmig. »Ihre Körper füllen jetzt das Loch in der Wüste. Für den Fall, dass die >Hüter< zur Stätte ihrer Schandtat zurückkehren.«
    »Wäre ich selbst da gewesen, ich hätte es nicht besser machen können«, sagte Hassan. »Jetzt musst du mir nur noch helfen, meinem Vater Nuraddins Tod beizubringen.«
    Osman nickte. »Ich werde ihm die Geschichte einer reichen Karawane erzählen, die in einen Hinterhalt geriet. Nur wir beide konnten entkommen. Leider wurde Nuraddin im Kampf gegen die feigen Räuber so schwer verwundet, dass er auf dem Weg nach Gazna in meinen Armen gestorben ist.«
    »Sehr gut. Allah wird dir diese Lüge vergeben. Doch weshalb wolltest du ursprünglich zu mir?«
    »Das ist wohl kaum weniger bedeutend, Hassan. Wir haben eine Nachricht erhalten, die dich interessieren wird. Ali al-Hussein ibn Abdallah ibn Sina, der Arzt, der uns wegen seiner abscheulichen Schriften wohl bekannt ist, soll ein Freund dieses Nomaden sein.«
    Hassan nickte. »Das kann ich mir vorstellen. Fliegen und Asseln finden immer zueinander. Möglich, dass der Kerl mit dem Mädchen zu ihm unterwegs war.«
    »Ja. Doch damit nicht genug. Einer unserer Freunde hat das Auge der Fatima am Himmel gesehen. Es stand über der Gegend von Qazwin.«
    Hassan spürte, wie sein Herz für einen Moment aussetzte. Das Auge der Fatima.
    »Wann?« Seine Stimme klang plötzlich unnatürlich heiser.
    »Es ist mittlerweile lange her. Es muss noch vor Beginn des Ramadan gewesen sein.«
    Von jähem Zorn übermannt, stürzte sich Hassan auf Osman, packte ihn bei den Schultern, zog ihn vom Boden hoch und schüttelte ihn wie einen räudigen Hund.
    »Schon vor dem Ramadan? Und wieso erfahre ich erst jetzt davon? Weshalb hat man mir nicht schon viel früher Bescheid gegeben? Warum ...«
    »Ich weiß, dass es sich um einen Fehler handelt, den man nur schwer verzeihen kann, Großmeister«, stammelte Osman. »Doch ich bitte Euch um Nachsicht und Vergebung. Unser Freund in Qazwin ist ein einfacher Mann, ein Hirte, der seine Ziegenherde außerhalb von Qazwin und in den Bergen grasen lässt. Er musste lange darüber nachdenken, was er tun sollte. Er hat das Sternbild nur während einer einzigen Nacht gesehen und war sich nicht sicher, ob er es sich nur eingebildet hatte. Und die Nachrichten über den Arzt sind kaum mehr als jene Gerüchte, die man aufschnappen kann, wenn man den klatschsüchtigen Weibern am Brunnen zuhört. Niemand weiß wirklich, wo ibn Sina sich zurzeit versteckt. Unser Freund wollte uns nicht unnötig belästigen.«
    Hassan ließ Osman los, sodass er zurücktaumelte und wieder auf die Polster fiel.
    »Während einer einzigen Nacht, sagst du?« Er wandte sich ab und durchquerte das Zimmer mit großen Schritten. »Warum nur so kurz?«
    »Ich weiß es nicht«, antwortete Osman und warf Hassan einen Blick zu, als wollte er sich vergewissern, wen er jetzt vor sich hatte - den Freund, mit dem er Kindheit und Jugend verbracht hatte, oder den Großmeister des Ordens der Assassinen, dem er als Mitglied und Untergebener Respekt und Gehorsam schuldete. »Vielleicht waren der Nomade und das Mädchen auf der Durchreise und haben eine Nacht in Qazwin verbracht. Vielleicht wollte Allah uns in Seiner uner- messlichen Güte ein Zeichen senden, das

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