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Das Auge der Ueberwelt

Das Auge der Ueberwelt

Titel: Das Auge der Ueberwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Vance
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den Laufsteg, zog seinen Degen und bedrohte den zerlumpten Zöllner. »Wir sind alle miteinander schlecht, du genauso wie wir, weil du uns diese absurde Entscheidung aufzwingst. Laß die Kette ins Wasser, oder spüre meinen Degen zwischen den Rippen.«
    Der andere warf die Arme hoch. »Meine Bedingung ist erfüllt; du, Lodermulch, hast deine Tugend demonstriert. Das Floß kann durchfahren. Und da du deinen Degen für die Verteidigung der Ehre gebrauchst, werde ich dir darüber hinaus diese Salbe schenken, die deine damit eingeriebene Klinge befähigen wird, Stahl oder Felsgestein wie Butter zu zerschneiden. So fahrt denn, und mögen alle von euch geistigen Gewinn aus der Pilgerreise ziehen!«
    Lodermulch nahm die Salbe dankend an und kehrte auf das Floß zurück. Die Kette wurde ins Wasser gelassen, und das Floß glitt durch die Sperre.
    Garstang trat auf Lodermulch zu, um ihm seine Billigung auszusprechen. Mahnend fügte er hinzu: »In diesem Fall gereichte eine impulsive und eigenmächtige Handlung zum allgemeinen Wohl. Sollte sich in der Zukunft eine ähnliche Situation ergeben, so wäre es nichtsdestoweniger angezeigt, sich zuvor mit Männern von erprobter Weisheit zu beraten: mit mir selbst, Casmyr, Voynod oder Subucule.«
    Lodermulch grunzte. »Wie Sie wollen, solange die Verzögerung mir keine persönlichen Ungelegenheiten bereitet.« Und damit mußte sich Garstang zufriedengeben.
    Die anderen Pilger beäugten Lodermulch unzufrieden und zogen sich von ihm zurück, so daß er schließlich allein auf dem Vorderteil des Floßes saß.
    Der Nachmittag kam, dann Sonnenuntergang, Abend und Nacht; als es Morgen wurde, stellte man fest, daß Lodermulch verschwunden war.
    Die Verblüffung war allgemein. Garstang fragte herum, aber niemand konnte Licht in das Dunkel des Geheimnisses bringen, und es gab keine allgemeine Übereinstimmung, worauf das Verschwinden tatsächlich zurückzuführen sei.
    So seltsam es scheinen mochte, das Verschwinden des unbeliebten Lodermulch konnte die ursprüngliche Munterkeit und Kameradschaft innerhalb der Gruppe nicht wiederherstellen. Von da an saßen die Pilger einsilbig herum, und es gab keine weiteren Spiele oder Gespräche. Selbst Garstangs Ankündigung, daß Erze Damath nur noch eine einzige Tagesreise voraus liege, löste keine große Begeisterung aus.
     
    Am letzten Abend auf dem Floß lebte jedoch der alte Kameradschaftsgeist noch einmal auf. Vitz führte einige Gesangsnummern vor, und Voynod zeigte ein paar einfache Metamorphosen, worauf er einen kleinen silbernen Ring in die Höhe hielt und Haxt zu sich rief. »Berühren Sie den Ring mit der Zunge, drücken Sie ihn dann an die Stirn und schauen Sie durch.«
    »Ich sehe eine Prozession!« rief Haxt. »Männer und Frauen zu Tausenden, wie sie vorbeiziehen. Vorn gehen meine Mutter und mein Vater, dann meine Großeltern – aber wer sind die anderen?«
    »Ihre Vorfahren«, erklärte Voynod, »jeder in seiner charakteristischen Tracht, bis zurück zu den Menschen der Vorzeit, von denen wir alle abstammen.« Er nahm den Ring wieder an sich, langte in seinen Beutel und brachte einen geschnittenen Stein von stumpfblauer und grüner Farbe zum Vorschein.
    »Passen Sie auf, wie ich diesen Edelstein in den Skamander werfe!« Und er warf ihn ins Wasser. Man sah ihn fliegen und auf platschend im dunklen Wasser verschwinden. »Jetzt strecke ich nur meine Handfläche aus, und der Stein kehrt zurück.« Und tatsächlich, als die Pilger zusahen, kam etwas Naßglänzendes geflogen, und der Stein ruhte wieder in Voynods Handfläche. »Mit dieser Gemme gerät man nie in Not. Gewiß, sie ist nicht von hohem Wert, aber man kann sie immer wieder verkaufen ... Was soll ich Ihnen sonst noch zeigen? Vielleicht dieses kleine Amulett. Von stark erotisierender Wirkung, erweckt es leidenschaftliche Empfindungen in der Person, auf die seine Kraft gerichtet wird. Man muß mit seinem Gebrauch vorsichtig sein. Was kann ich sonst noch zur Schau stellen? Hier: mein Zauberstab, der augenblicklich jedes Objekt mit jedem anderen verbinden kann. Ich behalte ihn sorgsam im Futteral verwahrt, damit ich nicht unabsichtlich Hose mit Hinterbacke oder Geldbeutel mit Fingerspitze verschweiße. Was noch? Ah, hier! Ein Horn von einzigartiger Qualität. In den Mund eines Leichnams gestoßen, regt es ihn zur Äußerung von zwanzig letzten Worten an. In das Ohr des Toten gesteckt, erlaubt es die Übermittlung von Informationen in das leblose Gehirn ... Was haben wir hier? Ja,

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