Das Auge der Wüste: Das Geheimnis von Askir 3 (German Edition)
Menschen haben eine panische Angst vor allem, was Magie ist.«
»Ihr nicht?«, fragte Leandra.
»Nein. Nur vor der Magie der Seelenjäger. Aber ich verfüge über kein Talent, also bin ich nicht von Interesse für sie. Folgt mir bitte, aber passt auf, dass ihr nicht an irgendwelche Stapel stoßt. Es ist mühsam, sie neu zu sortieren.«
Er erhob sich, ging zur Wand und legte einen Hebel um. Der Spiegel über uns drehte sich mit einem lauten Scheppern in eine andere Richtung und schickte Sonnenstrahlen einen Gang entlang. Abdul schloss eine eiserne Tür auf, griff wieder zu einem Hebel neben der Tür, und ein anderer Spiegel fing das Licht ein.
Der Raum war relativ klein und enthielt gut drei Dutzend gleichartig gebauter eiserner Truhen. Janos sah sich mit erkennbarer Neugierde um. »Was befindet sich in diesen Truhen?«
Abdul sah zu ihm hoch. »Schätze von unfassbarem Wert, die gegen Feuer geschützt werden müssen. Ihr würdet kein Kupferstück auf dem Markt dafür bekommen. Es sind alte Dokumente, zum Teil noch aus der Zeit des Imperiums. Stammrollen zum Beispiel.«
»Wie die Rollen im Raum der Häuser?«, fragte ich.
Er sah mich überrascht an. »Ja, Esseri, solche Dinge. Manches ist nur für einen Archivar von Wert, manches vielleicht sogar vollständig wertlos. Aber diese Rollen sind die letzten Zeugen von Vorfällen, die Jahrhunderte zurückliegen. Wenn der Mensch nicht aufschreibt, vergisst er.«
Er öffnete eine der schweren Kisten. Zu meiner Überraschung sah ich, dass sie innen mit Bimsstein verkleidet war.
Die kleine Kiste, die er nun vor Leandra auf einen niedrigen Tisch stellte, konnte wirklich kaum etwas anderes sein als eine Dokumentenkiste, solche wurden auch noch in unserer Heimat verwendet.
»Diese Runen kenne ich«, sagte Leandra. »Es ist einfach.«
»Was steht dort geschrieben?«
» Nennt die Gnade Astartes als Schlüssel, das Urteil Borons als Schloss .«
»Das mit dem Schlüssel verstehe ich«, sagte ich und kratze mich am Kopf. »Aber was hat es mit dem Urteil Borons auf sich?«
Leandra lächelte. »Ich denke, dass ein Dieb das Urteil Borons erfährt, sollte er den Inhalt stehlen wollen.«
Ich nickte. Das sollte abschreckend genug sein. Allerdings hätte ich es in einer Sprache geschrieben, die ein Dieb auch verstand. Welcher Dieb las schon elfische Runen? Leandra legte eine Hand auf die flache Kiste.
»Na, dann wollen wir mal sehen … Gnade Astartes .«
Klick .
Abdul machte eine tiefe Verbeugung vor Leandra. »Ich danke Euch, Esseri.«
Andächtig hob er den Deckel an und sah hinein. Er seufzte enttäuscht und öffnete die Kiste ganz.
»Ich habe mir zu viel erhofft«, sagte er.
Nach seiner Enttäuschung zu urteilen, hätte ich die Kiste leer vermutet. Doch dem war nicht so, sie enthielt ein feines silbernes Band, so filigran gewoben aus hauchfeinen Silberdrähten, dass es beinahe wie eine Wolke wirkte.
»Ein Haarschmuck, nichts weiter. Wenn es auch ein schöner ist.« Abdul griff in die Kiste und nahm das silberne Band heraus, es floss wie schwerer Stoff in seinen Händen.
Er wog es in der Hand und sah dann Leandra an. »Es ist Elfenarbeit. Vielleicht gehörte es einem Eurer Vorfahren. Nehmt es als meinen Dank.«
»Aber – es ist unermesslich wertvoll!«, rief Leandra.
»Vielleicht an einem anderen Ort. Da es Elfenarbeit ist, wird ein jeder Magie in ihm vermuten. Wollte ich es hier auf dem Markt verkaufen, erhielte ich den Silberwert, und der Käufer würde es einschmelzen lassen. Wenn jemand mutig genug wäre, es zu kaufen. Nehmt es. Die Kiste ist für mich wertvoller als der Inhalt.«
»Dürft Ihr das denn überhaupt?«, fragte Sieglinde.
»Ja. Ich habe diese Kiste auf dem Markt erstanden und aus eigener Tasche bezahlt.« Er verbeugte sich. »Ihr solltet euch jetzt besser zum Schatzmeister der Händlergilde begeben, bevor es noch viel später wird. Ihr habt meinen Dank.«
Er sah zu Leandra hoch. »Wenn Ihr es tragt, lächelt ab und zu und denkt an den alten Abdul.«
Leandra machte eine leichte Verbeugung. »Das werde ich gewiss tun. Ich danke Euch für dieses großzügige Geschenk.«
Dann gingen wir.
»Sagt, Havald«, fragte Janos, als wir uns über den Platz der Ferne zur Börse bewegten, »habt Ihr Leandra jemals ein Geschenk gemacht?«
Leandra lächelte.
»Es ergab sich noch nicht die Gelegenheit. Wie ist es mit Euch und Sieglinde?«
»Ich bin ein einfacher Mann und zaudere nicht lange, wenn ich das Glück vor mir sehe. Schaut.«
Er griff Sieglindes
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