Das Auge der Wüste: Das Geheimnis von Askir 3 (German Edition)
er mir mit und setzte sich gerader hin. Er war ein zierlicher Mann fortgeschrittenen Alters, in einer sauberen weißen Robe und mit Tintenflecken an den Fingern. Als wir eintraten, studierte er gerade sorgfältig mit einer großen Lupe eine reich verzierte Schriftrolle.
»Die Götter mit Euch, guter Mann«, sagte Leandra. »Ist dies die Registratur?«
Als der Mann ihre Stimme hörte, sah er langsam auf und starrte sie an. »Essera, Ihr habt eine Stimme wie warmer Honig, sie gleicht Eurer Schönheit!«, sagte er ehrfürchtig. »Als ich ein kleiner Junge war, habe ich eine Stimme wie die Eure gehört, ich habe sie nie vergessen.«
Leandra lächelte leicht. »Ich danke Euch für dieses Kompliment, aber …«
»Diese Stimme gehörte einer Elfe, so schön wie ein Sonnenaufgang über einer fruchtbaren Wiese. Verzeiht, gehört auch Ihr zu der Rasse der Elfen?«
»Meine Mutter ist eine Elfe. Wir …«
»Könnt Ihr denn auch die Schrift der Elfen lesen?«
Leandra seufzte. »Nein, ich habe es nie gelernt. Ich …«
»Das ist sehr, sehr schade«, sagte er mit einem Gesicht so traurig, als wäre soeben sein Lieblingshund gestorben. »Womit kann ich Euch dienen, Esserin?«
»Wir beabsichtigen ein Haus zu erwerben«, sagte Leandra und schien darauf zu warten, dass der Mann sie wieder unterbrach, aber er nickte nur. »Man sagte uns, dass es ein Register gebe, in welchem alle Häuser aufgeführt sind.«
Er nickte wieder. »Es ist üblich, ein solches Geschäft mit dem Besitzer zu tätigen«, sagte er dann.
»Das Haus steht leer«, erklärte sie.
»Hm, das macht es in der Tat schwierig. Wo befindet sich dieses Haus?«
»Es steht an der Ecke zur nördlichen Straße am Platz des Korns. Direkt neben dem Wasserturm.«
»Platz des Korns … hm … bitte wartet hier, Esserin.« Er lächelte. »Dies ist nicht die Registratur, sondern das Archiv. Aber die Registratur ist mir unterstellt. Ich werde sehen, was ich tun kann.« Der Mann erhob sich und eilte davon.
»Hätte er mich noch einmal unterbrochen, ich glaube …« Leandra hörte auf, als Janos lachte.
»Nichts hättet Ihr getan, Sera. Er tat es so nett und so höflich, Ihr hättet ihm verziehen. Außerdem, seht ihn an, es schickt sich nicht, Schwächere zu schlagen. Ein Schreiber, wie er im Buche steht.«
»Macht Ihr Euch über mich lustig?«, sagte der Schreiber. Er hatte die gesuchte Rolle schnell gefunden und war wieder zurückgekehrt, rechtzeitig, um Janos’ Worte zu hören.
»Nein«, sagte Janos und sah den Mann an. »Es ist eine Tatsache. Ihr seid schwach und zierlich. Aber ich wollte Euch nicht beleidigen.«
»Mein Name ist Abdul el Farain. Mein Titel ist Bewahrer des Wissens. Wer seid Ihr, großer starker Kämpfer?«
»Nennt mich Janos.«
»Janos also. Ihr seid ein großer kräftiger Mann, mit breiten Schultern, und so, wie Ihr Euch gebt, ein erfahrener, furchtloser Kämpfer.«
Janos musterte Abdul misstrauisch. Ich hatte mir eine Stelle an der Wand beim Eingang gesucht und lehnte dagegen, Leandra neben mir. Ein amüsiertes Lächeln spielte über ihre Lippen. Sieglinde stand an einer Säule und sah von Janos zu Abdul und wieder zurück.
»Sagt, Janos, wie viele Sprachen sprecht Ihr?«, fragte Abdul.
»Zwei. Und eine Hand voll Dialekte.«
»Ich spreche zwölf Sprachen.«
»So viele Sprachen gibt es gar nicht«, sagte Janos im Brustton der Überzeugung.
»Wenn Ihr meint. Ihr wisst sicherlich, wie man eine Klinge fertigt?«
Janos sah ihn an. »In Grundzügen, ja.«
»Wohl auch, warum eine Klinge gehärtet wird?«
»Damit sie die Schärfe hält.«
»So sicherlich auch, wieso das so ist.«
Janos zögerte und schüttelte schließlich den Kopf.
»Seht, Janos, ich könnte es Euch sagen. Hättet Ihr vor einem Meisterschmied Respekt?«
»Sicherlich.«
»Wie viel Respekt hättet Ihr vor einem Mann, der einen Meisterschmied ausbilden könnte?«
Janos sah auch, worauf das hinauslief. »Ich hätte einen großen Respekt.«
»Bräuchte er die starken Arme eines Schmieds?«
»Ich habe bereits verstanden«, sagte Janos mit einer Verbeugung. »Er bräuchte das Wissen und nicht die Kraft. Ich entschuldige mich.«
Sieglindes Augen leuchteten; sie lächelte, als Janos das sagte.
Abdul musterte Janos. »Jetzt bin ich es, der Euch nicht beleidigen will. Ich hätte nicht gedacht, dies von Euch zu hören.«
»Ich bin im Stande, meine Fehler zu erkennen«, sagte Janos mit einem Lächeln. »Es hilft zu überleben.«
»In der Tat. Nun zu diesem Haus. Es ist das
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