Das Auge der Wüste: Das Geheimnis von Askir 3 (German Edition)
es, als ob ich Brotkrumen suche.«
»Varosch, du veränderst ihre Sicht der Welt. Gib ihr Zeit. Für sie … Sie ist eine Elfe, für sie muss das alles hier fürchterlich plötzlich kommen.«
»Immer wenn Ihr mich duzt, ist es Euch wichtig«, sagte er. »Aber ja, Havald, ich weiß das. Aber wir Menschen können uns keine hundert Jahre Geduld leisten.«
»Kannst du mir sagen, was dieser Verrückte in meinem Zimmer macht?«
»Natalyia. Sie ist auch dort. Es ist der Heiler, von dem wir gehört haben. Er ist verschroben. Trauben hatte er keine, aber er braucht sie auch nicht. Natalyia ist bereits geheilt, aber sie liegt noch im Stein. Er sagt, er müsse sie aus dem Stein herauslocken, und er wisse auch wie.«
»Natalyia ist geheilt?«
»Ja. Ich habe es selbst gesehen. Er ist noch besser als Zokora mit ihren Trauben. Er legte die Hand auf Natalyia, der Bolzen fiel heraus und die Wunde schloss sich, obwohl sie Stein ist. Nur wacht Natalyia nicht auf.«
»Wieso ist er verrückt?«
»Er erzählt wirre Dinge. Dass er andere Dinge sehe als andere. Die Welt eine andere wäre, als sie ist. Er sieht Vögel aus Metall, eiserne Kutschen und Kerzen ohne Rauch, aber heller als die Sonne, solche Dinge. Zokora denkt, er ist harmlos. Ihr müsstet sein Haus sehen, es ist voll mit seltsamen Dingen, die er zu bauen versucht. Er hat einen Diener, Omputa, mit dem er ständig spricht, nur dass dieser Diener nicht existiert. Auf seinem Hügel steht eine Windmühle, die nichts anderes tut als einen großen Eisenstein in einem Kupferkorb zu drehen. Das sei die Quelle seiner Magie, sagt er.«
»Ich dachte, Magie wäre hier verpönt. Läuft er nicht Gefahr, verbrannt zu werden?«
Varosch lachte. »Ja, sicher, aber jeder hier weiß, dass er verrückt ist. Wisst Ihr, was er als Bezahlung von uns forderte? Einen lackierten Kupferdraht, zwanzig Schritt lang. Wir haben den größten Teil des Nachmittags damit verbracht, einen Drahtzieher zu finden und dann noch jemanden, der diesen Draht lackiert. Braun, denn er sei für die Erde.«
Ich schüttelte den Kopf. Von den Göttern die Kraft zur Heilung zu erhalten war eine große Gnade. Aber darüber den Verstand zu verlieren …
Ich erhob mich. »Heute Nacht hat Zokora etwas mit dem Kopfgeldjäger vor. Ich werde mich solange zur Ruhe begeben. Aber wenn Natalyia erwacht, weckt mich.«
»Ich werde für sie beten«, sagte Varosch.
»Ich weiß nicht, wie er es gemacht hat«, sagte Varosch, nachdem er mich wachgerüttelt hatte. »Ich habe es nicht gesehen. Aber Natalyia ist geheilt, wieder aus Fleisch und Blut und schläft einen tiefen Schlaf.«
Es war spät abends, die Sonne war schon seit zwei Stunden untergegangen und wir waren bereit, Zokoras Plan in die Tat umzusetzen.
»Ist der Verrückte weg?«, fragte ich.
Varosch nickte.
»Gut«, sagte ich. »Es ist Zeit, den Dingen auf den Grund zu gehen.«
11. Hunde, Mörder und Verrat
»Er wird denken, eine Ratte hätte ihn angenagt und dabei auch die Fesseln geschwächt. Er sollte im Stande sein, sie zu zerreißen«, sagte Zokora leise. Sie stand im Dunkel neben mir, ein schwarzer Schatten in einem dunklen Hauseingang. Von hier aus hatten wir einen guten Blick auf die Lanze der Ehre . Wir wollten dem gefangenen Kopfgeldjäger die Flucht ermöglichen, damit er uns zu seinen Auftraggebern führte und wir endlich erfuhren, wer auf so mysteriöse Weise hinter uns her war.
»Ich hoffe, er kommt bald zu sich«, sagte Varosch. »Nicht dass er uns noch stirbt. Er wirkte halb tot, als ich ihn zuletzt sah.«
»Und Ihr seid sicher, dass er sich nicht daran erinnert, was er Euch erzählt hat?«, fragte ich Zokora.
»Ja. Still, da kommt er.«
Ich sah, wie sich die Luke hob und der Mann sich vorsichtig umsah. Er bemerkte nur eine dunkle, schnarchende Gestalt am anderen Ende des Schiffes. Es war ein Risiko, vielleicht würde er versuchen, den Mann auf dem Boot zu überwältigen, aber er sollte zu geschwächt dazu sein. Der schnarchende Mann war Janos. Sein Kopfkissen war Ragnarkrag. Janos hatte wahrlich Gefallen an der Axt gefunden und an der Stärke, die sie verlieh.
Der Kopfgeldjäger versuchte nichts, er war wohl froh, von dem Schiff fliehen zu können. Er hatte sich einen alten Sack um die Hüften gewickelt, ansonsten war er nackt. Zokora meinte, das würde ihn veranlassen, direkt Hilfe zu suchen. Der erste Weg führte ihn zu einem Brunnen, wo er gierig trank.
»Er kann einem fast leid tun«, sagte Varosch.
»Ich folge ihm. Ihr haltet euch weit
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