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Das Auge des Basilisken

Das Auge des Basilisken

Titel: Das Auge des Basilisken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kingsley Amis
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leichtsinnig sein? Wären Sie zwanzig oder dreißig Meter weitergegangen, wären Sie außer Sicht gewesen. Hätten Sie nicht warten können?«
    »Ich schon, aber sie nicht. Sie fiel buchstäblich über mich her, und ich war völlig unvorbereitet. Ich hatte überhaupt keine Zeit zu überlegen.«
    »Ich verstehe. Warum, meinen Sie, setzte sie hinterher diese verdrießliche Miene auf?«
    »Nun, sie sagte mir, sie wolle es tun, damit ihr Mann nicht denken würde, ich hätte ihr Avancen gemacht, aber jetzt frage ich mich, ob die Erklärung, die ich vorhin erfand, der Wahrheit nicht näherkommen könnte. Mit anderen Worten, sie versuchte den Eindruck zu erwecken, daß sie Erwartungen in mich gesetzt hätte, die zu erfüllen ich nicht imstande gewesen sei. Was wiederum bedeuten würde, daß sie ihren Mann verabscheuen muß. Nun, wir hatten bereits Grund zu der Annahme, daß sie nicht gerade verrückt auf ihn ist. Aber warum gratulierten Sie mir?«
    »Zu dem Einfallsreichtum, mit dem Sie den Argwohn zweier sehr wißbegieriger Mädchen zerstreuten, und zu der Standhaftigkeit, die Ihnen half, meine heftigen Angriffe auf Ihren Stolz zu widerstehen.«
    »Danke. Das Letztere war vergleichsweise einfach. Ich wollte in diesem Stadium nicht wegwerfen, was ich zuvor mit soviel Mühe aufgebaut hatte. Es war einfach mein Pech, daß Sie aus dem Fenster schauten.«
    »Seien Sie unbesorgt, das Geheimnis ist bei mir sicher verwahrt.« Markow zündete die ausgegangene Pfeife wieder an. »Haben Sie auch ein Wiedersehen mit ihr verabredet?«
    »Wie die Dinge liegen, hat es nicht viel Sinn, es zu leugnen.«
    »Wissen Sie, Sie haben mich überrascht. Nicht durch Ihr Abenteuer, sondern durch Ihr Verhalten danach.«
    »Ich wundere mich selbst. Aber was das angeht, habe ich einen Zug niederträchtiger Verschlagenheit, der mir immer dann zu Hilfe kommt, wenn ich ihn wirklich brauche.«
    Wieder starrte Theodor Markow seinen Gesprächspartner an. »Sie sind ein interessanter Bursche, Alexander. Ich würde mich gern einmal in Ruhe mit Ihnen unterhalten. Das Dumme ist, daß ich nichts habe, wohin ich sie einladen könnte. Mein Quartier ist abscheulich. Es gibt näher als Oxford kein ordentliches Restaurant …«
    »Ich weiß. Ich habe die gleichen Schwierigkeiten, wenn ich ein Mädchen ausführen möchte.«
    »Was das betrifft, so wäre ich nicht abgeneigt, mich um Ihre Schwester zu bemühen, wenn es einen Sinn hat.«
    »Nina mag Sie – ich kenne diesen Blick von ihr.«
    »Und Sie würden es billigen?«
    »Natürlich billige ich es! Meine kleine Schwester und Sie – ein neuer Freund, der mir schon wie ein alter Freund vorkommt. Mir ist gerade eine Idee gekommen. Würde es Ihnen gefallen, abends einmal zum Essen in unsere Offiziersmesse zu kommen?« Als er den anderen zögern sah, fuhr er fort: »Ich kann Sie abholen und zurückbringen lassen, sollte das ein Problem sein.«
    »Oh … danke, auch für die Einladung … Ich wußte nicht, daß Zivilisten in Offiziersmessen als Gäste zugelassen sind.«
    »Das stimmt insofern, als die Regimentsmesse ziemlich sakrosankt ist, mit Ausnahme eines gelegentlichen Würdenträgers aus London oder Moskau, aber unter der Woche essen wir bei der Schwadron, nur ein halbes Dutzend von uns. Es könnte Ihnen gefallen, denn das Essen ist nicht schlecht, und anschließend können wir tun und lassen, was wir wollen; das wird mehr oder weniger erwartet. Freilich sind die Dienstbefehle für die nächste Woche noch nicht ausgegeben worden … würde morgen abend zu früh sein? Ich könnte Sie wegen der Einzelheiten bei der Kommission anrufen.«
    Kurz darauf kamen Nina und Elizabeth in den Raum zurück, die letztere nun im Besitz aller relevanten Tatsachen über die neuen Kleider. Beide betrachteten die jungen Männer mit unbestimmtem aber scharfem Argwohn. Nina sagte, sie sollten alle wieder in den Salon hinuntergehen.
    »Ich sollte mich überhaupt verabschieden«, sagte Theodor Markow.
    »Nicht bevor Sie uns etwas gespielt haben«, sagte Nina.
    »Lieber Gott, ich dachte, ich würde daran vorbeikommen.«
    »Wer sich vor Nina zu etwas verpflichtet, kommt nicht daran vorbei«, sagte ihr Bruder.
    »Das ist eine Eigentümlichkeit der Familie«, sagte Elizabeth.
    Als Frau Tabidze ihn eine Stunde zuvor am Eßtisch um die Weinbrandkaraffe gebeten hatte, war Alexander sehr geneigt gewesen, den gesamten Inhalt der Karaffe über sie zu schütten, und sie dann womöglich anzuzünden. Nicht, daß er es ihr übelgenommen hätte, weil sie

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