Das Auge des Basilisken
erklärte, sie könne gehen, wohin sie wolle, soweit es ihn angehe. Bald wurde klar, daß sie sich den Ausgang notfalls erkämpfen würde. In diesem Augenblick gab Nina sie frei, und es blieb nur Theodor Markow, ihr den Weg zu vertreten.
»Wenn sie jetzt gehen, werden Sie es sehr schwierig finden, zurückzukommen«, sagte er schnell. »Und Sie werden zurückkommen wollen, gleichgültig wie Ihnen im Moment zumute ist.«
Innerhalb eines Zeitraumes, der von manchen Leuten als überraschend kurz empfunden worden wäre, hatte Elizabeth zu ihrem normalen Verhalten zurückgefunden. Sie lächelte sogar traurig zu Alexander, der ihr die Wange tätschelte. Nina nahm sie bei der Hand.
»Komm mit!« sagte sie. »Drei neue Kleider erwarten deine Inspektion.«
»Drei?«
»Ja, drei. Du erinnerst dich an diese Frau in Towcester, die ich im Frühling besucht hatte? Nun, wie sich herausstellte, ist ihre Tochter …«
Die beiden Mädchen verschwanden im Schlafzimmer. Die Männer konnten hören, wie sie dort Schubladen und Schranktüren öffneten, plauderten, kicherten, als Elizabeth jemanden zitierte und Nina sie dafür schalt. Theodor Markow brachte eine kleine Pfeife zum Vorschein und stopfte sie.
»Das war gute Arbeit«, sagte Alexander.
»Nicht der Rede wert. Was ist sie genau?«
»Angeblich ist sie hoffnungslos in mich verliebt. Kann mir nicht denken, warum; ich habe sie nie angerührt.«
»Wirklich? Hübsch genug, sollte ich meinen.«
»Ja, aber zu verflixt schwierig. Stellen Sie sich vor, was sie sein würde, wenn sie ein bißchen Macht über einen hätte.«
»Mmh.«
Markow brachte die Pfeife in Gang und machte es sich im Sessel bequem. Er blickte jetzt zur Decke auf, vorher aber war sein Blick kaum von Alexander gewichen, wie dieser bemerkt hatte. Er ließ eine weitere halbe Minute verstreichen, ehe er im Gesprächston sagte:
»Was ist eigentlich wirklich dort draußen passiert?«
»Was? Oh, genau was ich sagte. Möchten Sie Einzelheiten?«
»Nein, nein. Sagen Sie die Wahrheit – Sie haben es ihr besorgt, nicht wahr?«
»Nein. Es sieht so aus, als hätte ich die Gelegenheit dazu gehabt, aber ich nahm sie nicht wahr. Vielleicht war es dumm von mir.«
»Sehr dumm, würde ich sagen. Wie alt sind Sie, Alexander? Neunzehn?«
»Einundzwanzig.«
»Tatsächlich? Nun, ich bin achtundzwanzig, mit entsprechend mehr Erfahrung. Aber man sollte meinen, daß mit Ausnahme von Frauen und Kindern jeder hätte sehen müssen, daß Frau Korotschenko eine reife Frucht war, die nur darauf wartete, gepflückt zu werden.«
»Nun, ich sah es nicht, und wenn mich das zu einer Frau oder einem Kind macht, dann ist das sehr bedauerlich für mich, aber ich kann jederzeit die Diener rufen und Sie hinauswerfen lassen; wenn ich Sie so sehe, könnte ich es wahrscheinlich sogar selbst schaffen. Ohne allzu große Anstrengung, um die Wahrheit zu sagen.«
»Warten Sie!« sagte Markow, als Alexander aufstand. »Ich wollte Sie nur zu einem Geständnis provozieren. Kommen Sie, Sie Unverbesserlicher haben es ihr besorgt, nicht wahr? Sie können es mir gestehen. Ich schwöre, daß ich es nicht weitersagen werde.«
»Zum allerletzten Mal, ich habe nichts dergleichen getan. Übrigens, worauf wollen Sie schwören?«
»Das ist ein sehr interessanter Punkt, aber wir haben jetzt nicht die Zeit, ihn zu vertiefen. Schwören Sie, daß Sie es nicht getan haben?«
»Natürlich schwöre ich es, bei allem, was Ihnen geeignet erscheinen mag. Was soll das alles überhaupt?«
»Ihre bisher einzige schlechte Antwort, aber sehen wir auch darüber hinweg. Schwören Sie auf die Ehre Ihres Vaterlandes und Ihres Regiments und Ihrer Familie?«
»Warum nicht? Ich schwöre es.«
Der andere sah ihn streng und sehr ernst an. »Mein Glückwunsch und mein tief empfundenes Bedauern. Es tut mir wirklich leid, daß ich Ihnen dies antun mußte.«
»Sie sind verrückt.«
»Sie können sich entspannen. Nicht mehr als drei Minuten, nachdem Sie und Frau Korotschenko den Salon verlassen hatten, bat Ihre Mutter Ihre Schwester Nina, ihr den Nähkorb aus dem Zimmer auf der anderen Seite zu holen. Ich erbot mich, selbst zu gehen.«
»Ach, du lieber Gott.«
»Ich fand den Nähkorb ohne weiteres, aber bevor ich in den Salon zurückkehrte, zog ich den Vorhang zurück und schaute hinaus. Reine Neugierde.«
»Nennt man das so?«
»Ich hatte nicht erwartet, etwas Besonderes zu sehen, aber ich sah … Nun, Sie wissen, was ich sah.«
»Ja.«
»Wie konnten Sie so unverantwortlich
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