Das Auge des Basilisken
würde alles verraten, wenn er meinte, es würde ihm helfen, bei einer Frau zum Ziel zu kommen.«
Auf diese letzte Bemerkung schüttelte er bekümmert den Kopf. »Zugegeben, Sie kennen ihn in gewissem Sinne besser als sonst jemand, aber …«
»Wie Sie zuvor schon sagten.«
»Aber er hat auch andere Seiten. Er besitzt Qualitäten, von denen Sie nichts wissen, die ihn aber absolut …«
»Er hat eine Qualität, von der Sie nichts wissen können, sonst hätten Sie seine Nähe gemieden: alles, was er tut, hängt allein von seinem eigenen Willen ab, davon, ob es ihm paßt oder nicht. Wenn er ein Versprechen hält, dann tut er es, weil er Ihnen zeigen möchte, wie er … Sie hören mir nicht zu.«
»Meine liebe Nina, ich verstehe sehr gut, was Sie beschreiben – es gibt da ein Ungestüm, das gefährlich sein könnte, es muß im Auge behalten werden, aber es ist potentiell auch sehr wertvoll für uns. Wenn Alexander dazu gebracht werden kann, sich selbst mit der Revolution zu identifizieren, sich ihre Ziele vollständig zu eigen zu machen, und wenn Sie Ihren Teil dazu beitragen – dann, das verspreche ich Ihnen, werden wir eine Waffe haben, vor der selbst Vanag sich fürchten sollte. Und ich bin nicht erst gestern nachmittag in diese Sache hineingestolpert; ich habe mich seit Jahren darauf vorbereitet, und ich bin ausgebildet worden. Das macht mich nicht unfehlbar, aber ich könnte recht haben, nicht wahr?«
»Ja«, sagte Nina. In der halben Minute, seit sie zuletzt gesprochen hatte, war ihr Ausdruck von Bedrängnis und Unruhe ganz verschwunden, und als sie wieder sprach, klang es beinahe zerstreut. »Ich nehme an, es läßt sich nicht auf friedlichem Wege machen, die Revolution, meine ich.«
»Nein, darauf wollte ich noch zu sprechen kommen. Wenn ich der Meinung wäre, daß in zwanzig, dreißig oder in fünfzig Jahren Reformen durchgeführt würden, ich schwöre, daß ich dafür arbeiten würde. Aber das wird nicht sein. Man kann einen Monolithen nicht umformen, man kann ihn nur umstürzen. Wir werden Gewalt anwenden, und das heißt daß Menschen eingesperrt werden, daß Zwang angewendet und wahrscheinlich geschossen werden muß. Eine schreckliche Sache, so schrecklich, daß nur eines sie rechtfertigen kann: Unser Ziel: Freiheit – Freiheit für Russen und Engländer.«
Sie waren beide aufgestanden, während er sprach, und standen einander nun in der Dunkelheit gegenüber; Wolken hatten den Mond verdeckt. Langsam legte er die Arme um sie und küßte sie auf die Lippen.
Zögernd sagte sie: »Ich glaube, es muß sein …« – und konnte nicht weitersprechen.
»Es ist«, sagte er.
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ZEHN
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»Aber was kann ein Offizier des Gardekorps von einem alten Geistlichen wollen?«
»Nach seiner Auskunft tut er es nicht in seiner Eigenschaft als Offizier des Gardekorps, sondern um dem Beauftragten Mets gefällig zu sein.«
»Das sagten Sie bereits. Ich meinte, was will dieser spezielle Barbar, der ihre Gardesoldaten befehligt, von mir?«
»Es tut mir leid, Sir – nach meiner Meinung möchte er diesen Mets mit seinen diplomatischen Fähigkeiten und seiner Kenntnis der Engländer beeindrucken. Er hält sich einiges darauf zugute, warum, weiß ich nicht genau.«
»Wie? Wie will er seinen Freund beeindrucken?«
»Indem er Sie überredet, nach Mets Wünschen zu verfahren und zu diesem Festival beizutragen, das ich erwähnte.«
»Wozu beitragen?«
»Zum Festival englischer Kunst und …«
»Ach ja, ja. Wenn das der Fall ist, kann es mit seinen Kenntnissen der Engländer nicht weit her sein.«
Dr. Joseph Wright wollte sagen, daß nicht alle Engländer gleich seien, verzichtete aber darauf. Im Verlauf ihrer erst seit kurzem wieder erneuerten Bekanntschaft hatte er den Reverend Simon Glover als einen eher schwierigen Mann kennengelernt, wenn auch nicht schwieriger als die meisten nahezu blinden, ziemlich tauben, rheumatischen und sehr alten Männer wohl sein müssen. Dieser hier, der in früheren Zeiten offensichtlich robust und stattlich gewesen sein mußte, worauf eine aggressiv vorspringende Nase hindeutete, wohnte bei seiner Enkelin und ihrem Mann, dem Inhaber eines Dorfwirtshauses, und weil die beiden sich nach ihren Möglichkeiten um ihn kümmerten, ging es ihm nach den Maßstäben der Einheimischen recht gut. Das kleine Haus war gut möbliert: der Sessel, in welchem Glover saß und den er heutzutage nur noch selten freiwillig verließ, es sei denn, um sich ins Bett zu begeben, war zu gut
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