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Das Auge des Basilisken

Das Auge des Basilisken

Titel: Das Auge des Basilisken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kingsley Amis
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mehr geduldig als fest, wo ich streng, aber gerecht bin, freilich mehr streng als gerecht. Die größte Furcht deiner Bühnengestalt ist es, der Mißbilligung von etwas überführt zu werden.«
    Als Theodor Markow am Ende des Abends auf dem Heimweg über diesen Augenblick nachdachte, fiel ihm auf, daß Tabidze eigentlich nicht mehr getan hatte als die anderen mit der Behauptung zu beeindrucken, wie unähnlich er einem aufrechten Soldaten sei, während er tatsächlich das Gegenteil bekräftigte. Aber an Ort und Stelle war sein Empfinden von dem Gesagten, daß er niemals eine Äußerung gehört habe, die in einem feineren Gleichgewicht zwischen Kompliment und Beleidigung schwebte. Er hielt den Atem an, als Petrowskys interessiertes Lächeln auf seinem hübschen Gesicht starr wurde. Es war eine Erleichterung, als Mets mit seiner klaren Stimme das Wort ergriff.
    »Das ist gut, aber ziemlich offensichtlich, Oberst, wenn ich so sagen darf. Was ist mit meiner Rolle? Ich kann kaum erwarten, von Ihnen zu hören, worin sie besteht.«
    »Ich glaube nicht, daß ich Sie gut genug kenne, Herr Regierungsbeauftragter. Das heißt, nicht gut genug, um zu sehen, ob es hinter dem uns allen sichtbaren Administrator mit Phantasie noch etwas anderes gibt. Ich meine natürlich, etwas in der Art einer weiteren Rolle, nicht etwas anderes als Ergänzung Ihres tatsächlichen Selbst.«
    »Sie meinen, es sei möglich, mehr als eine Rolle zu spielen?«
    »O ja, es ist üblich. Einbahnschauspieler wie ich mit meinen Soldaten und Sergej mit seinem Liberalen sind nicht allzu häufig.«
    »Laß diesen Unsinn, Nikola; du glaubst selbst nicht daran.«
    »Manchmal nicht, mein Liebes, und manchmal doch.«
    »Manchmal glaube ich auch daran – ich meine, in diesem Augenblick«, sagte Petrowsky.
    Er nickte Theodor Markow zu, der, nachdem er eine Weile stocksteif dagestanden und zugehört hatte, nun Nina entgegeneilte, die mit Elizabeth Cuy näherkam. Beide Mädchen trugen Tenniskleidung und Schläger.
    »Was siehst du darin, Sergej?«
    »Niemand in der Position dieses jungen Mannes, niemand, der so intelligent ist wie er, ist beim Anblick eines Mädchens, das er so wenig kennt, wirklich so hingerissen, auch dann nicht, wenn das Mädchen so anziehend ist wie meine Tochter. So hingerissen, meine ich, daß er tatsächlich die Existenz älterer und vermutlich höhergestellter Leute vergißt und ohne ein Wort davonrennt. Wirklich nicht, oder? Also scheinen wir in ihm nicht nur den gewissenhaften Forscher zu haben, sondern zugleich den romantischen Liebhaber.« Er wandte sich zu Mets. »Damit meine ich natürlich nicht, daß seine Forschertätigkeit nur Schauspielerei sei und er nicht wirklich ein gewissenhafter Forscher genannt werden könne.«
    »Nein nein, lieber Petrowsky, ich habe schon verstanden.« Mets blickte zu Boden und fuhr fort: »Es muß Fälle geben, wo Rollen übernommen werden.«
    Zu Theodor Markows Ehrenrettung muß gesagt werden, daß er die Ratsamkeit, ein angeregtes Gespräch zwischen wichtigen Personen zu unterbrechen, kurz abgewogen und sich dagegen entschieden hatte; es war sein Pech, daß niemand die kleine Verbeugung und Handbewegung bemerkt hatte, mit der er sich entschuldigt hatte. Nun stand er vor Nina und schaute sie an. Sie trug ihre seidenähnliche Weste über einer weißen Bluse mit hellvioletten Säumen und den weißen Kniehosen, die gegenwärtig zur Sportausübung bevorzugt wurden. Er bemerkte die Sommersprossen an ihrem Halsansatz. Nach einigem Zögern schüttelten sie einander unbeholfen die Hand, als gelte es einen Streit beizulegen. Beide schwiegen. Elizabeth klopfte mit dem Schläger an ihre Wade, dann auf den linken Handballen.
    »Ich scheine unsichtbar geworden zu sein«, sagte sie. »Ich hoffe, es wird nicht noch schlimmer.«
    »Es tut mir schrecklich leid, Elizabeth; ich wollte noch zu Ihnen kommen.«
    »Natürlich, nach Ihrem eigenen Dafürhalten.«
    »Warum sind Sie nicht zum Tennisspielen angezogen?« fragte Nina anklagend.
    »Nun, das hätte nicht viel Sinn gehabt, weil ich nicht spielen kann. Sehen Sie, in Rußland ist es nie wirklich populär geworden«, fügte er hinzu, »und seit ich hier bin, war einfach keine Zeit, es zu lernen. Trotzdem, ich …«
    »Lieber Gott, es ist kein Verbrechen, nicht Tennis zu spielen«, sagte Elizabeth. Sie sah aus, als hätte sie einen leichten Sonnenbrand davongetragen.
    »Keine Notwendigkeit, mildernde Umstände zu zitieren.«
    »Ich hatte nur …«
    »Ich glaube, ich werde gehen

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