Das Auge des Basilisken
und versuchen, einen Vierten für uns aufzutreiben; da ist …«
»Nein, bleib!« sagte Nina, diesmal mit übertriebener Dringlichkeit, um etwas natürlicher hinzuzufügen: »Gehen wir; suchen wir uns einen Platz, wo wir sitzen können.«
»Es tut mir leid, aber ich kann mehr davon nicht aushalten.« Elizabeth war nun gleichermaßen erregt. »Warum zwei erwachsene Menschen gaffen und mit den Augen rollen und Unsinn plappern müssen, nur weil sie … ich glaube, ich sage lieber: miteinander schlafen wollen, kann ich einfach nicht verstehen … Wenn jemand mich sucht, ich werde beim hinteren Platz sein.«
Theodor blickte beunruhigt. »Ich hoffe, es war nichts, was ich sagte oder tat.«
»Nein. Sie müssen nachsichtig mit ihr sein. Vor ungefähr einem Jahr ist sie Alexanders wegen in eine schlimme Krise geraten – sie meinte es sehr ernst mit ihm, und daran hat sich nichts geändert, aber soweit es ihn betraf, war sie natürlich bloß eines von vielen Mädchen. In gewisser Weise nicht einmal das. Er mag keine Mädchen, die ihn schelten und sich über ihn lustig machen, die ihm irgendeine Art von Opposition entgegenbringen. Ich verstehe nicht, warum sie das nicht sehen kann, wenn sie wirklich hinter ihm her ist; sie fängt es ganz falsch an. Er möchte gern hören, daß er wundervoll ist, nicht, daß er in sich selbst verliebt ist. Ich begreife es nicht, sonst ist sie in solchen Dingen so einfühlsam und klug. Aber darüber läßt sie nicht mit sich reden. Wie dem auch sei, sie ist entschieden gegen …« Nina brach ab.
»Starke Gefühle in anderen?«
»Ja.«
»Ich verstehe. Alexander erzählte mir, er habe sie zu überreden versucht, ein Verhältnis mit ihm anzufangen, aber sie habe ihn abgewiesen. Vor ungefähr einem Jahr.«
»Sie dürfen nicht alles glauben, was er sagt«, sagte Nina, unbefangener nun, da das Gespräch von starken Gefühlen abgekommen war.
»Ich versichere Ihnen, daß ich weit davon entfernt bin, das zu tun, aber ich glaube ihm in diesem Fall, weil es ihn gewissermaßen in einem nicht vorteilhaften Licht zeigt.«
»Oder vielmehr in einem einnehmenden Licht von Offenheit und Bescheidenheit. Bei ihm muß es immer das eine oder das andere Licht geben, darin er sich sonnen kann. Sie werden es noch merken.«
»Offensichtlich kennen Sie ihn sehr gut.«
Theodor hatte seine Ansicht von der Wahrheit des fraglichen Tatbestandes nicht geändert. Er hatte bereits bemerkt, daß Alexander manchmal um des Effekts willen sprach, war aber zuversichtlich, solche Fälle zuverlässig genug identifizieren zu können, jedenfalls besser als Nina, deren Verhalten bei ihrem letzten Zusammentreffen ebenso wie jetzt einen unboshaften Neid auf den sexuellen Erfolg ihres Bruders erkennen ließ. Dieser Neid mochte sie dazu verführen, in Fragen, die sich auf diesen Erfolg bezogen, die weniger günstige Ansicht zu übernehmen. Viel interessanter aber war, wie in aller Welt sie dazu kam, etwas beneiden zu müssen. Wenn innere Spannung die Liebenswürdigkeit aus ihren Zügen vertrieb, war sie so schön, wie die meisten Männer es sich nur erträumen konnten. Sie spürte die Richtung seiner Gedanken und sagte schnell:
»Wissen Sie, ob er heute abend kommt? Sie haben ihn erst vor kurzem gesehen.«
»Nein, ich weiß es nicht«, antwortete er nicht wahrheitsgemäß, aber zweckmäßig zur Unterdrückung der Abschweifung. »Wollen Sie nicht Tennis spielen?«
»Wir können noch nicht. Zuerst kommen die Älteren und Bedeutenderen an die Reihe.«
»Gut. Sagen Sie mir, wann Sie spielen wollen?«
»Ja, aber ich möchte eigentlich nicht spielen«, sagte sie.
Sie hatten sich von dem Zelt und den Tennisplätzen entfernt, und niemand war in der Nähe. Diesmal ergriff er ihre Hände und küßte sie und ließ sie los. Dann sagte er:
»Ich bin ganz aufgeregt; Sie nicht?«
»Ja, aber auch sehr zuversichtlich. Bis vor ein paar Sekunden dachte ich, daß ich es nie sein könnte.«
»Und glücklich.«
»Ja.«
Später spielten Nina und Elizabeth Tennis, und Nina verlor beinahe jeden Punkt und vergaß immer wieder Dinge wie ihren Aufschlag, womit sie Elizabeth verärgerte. Noch später gingen die beiden Mädchen und Theodor und ein weiterer junger Mann, der sich an Elizabeth herangemacht hatte, zum Haus hinauf, um ihrem Gastgeber die Aufwartung zu machen. Von Igor Swaniewicz ging die Rede, daß er der reichste Mann im Distrikt sei; es hieß, er habe sein Vermögen durch den illegalen Verkauf von Militärgütern gemacht. Aber er war
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