Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Auge des Basilisken

Das Auge des Basilisken

Titel: Das Auge des Basilisken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kingsley Amis
Vom Netzwerk:
Mythos, wichtig für eine stolze Nation, die Indien und weite Teile Afrikas beherrscht hatte, bevor sie von den empörten Einwohnern verjagt worden war. (Nicht, daß es diesen Einwohnern heutzutage viel besser ging.)
    Diese Mythen bedeuteten Glover offenbar sehr viel, denn als er seine Tirade beendet hatte, rannen seine wäßrigen Augen, als ob er weinte. Wright trat zu ihm und legte ihm die Hand auf die Schulter. Zu Alexander gewandt, sagte er mit gedämpfter Stimme:
    »Ich glaube, Sie sollten jetzt lieber gehen, meinen Sie nicht auch? Sie werden ihn nicht umstimmen.«
    »Wir werden sehen.«
    »Warum tun Sie das?« fragte Wright.
    »Aus keinem persönlichen Grund. Mein Vater gab die Anregung dazu, und mir fiel keine Ausrede ein, um mich davon zu drücken.«
    »Ich nehme an, das könnte sogar wahr sein.«
    Alexander ließ ihm diese Beleidigung durchgehen. Er dachte angestrengt nach. Nach einer Weile hob er die Stimme und sagte zu dem Alten:
    »Wie steht es mit Ihren Pflichten als Christenmensch, Mr. Glover?«
    »Meiner was?«
    »Ihrer Pflicht als Christenmensch«, sagte Wright.
    »Was wissen Sie davon, Sie gottloses Schwein?«
    »Nichts, aber Sie müssen mehr als ein wenig darüber wissen.«
    »Meine Pflicht als Christenmensch ist eine Sache, die ich mit meinem eigenen Gewissen auszumachen habe.«
    »In diesem Fall schlage ich vor, daß wir uns etwas Zeit ersparen. Dies ist ein sehr anziehendes Häuschen, und Ihre Enkelin – ja? – ist eine liebliche junge Dame. Es wäre schrecklich, wenn ein Trupp betrunkener Soldaten eindringen, die Einrichtung zerschlagen und Ihre Enkelin vergewaltigen würde. Und ihrem Mann könnte übel mitgespielt werden, wenn er sich einzumischen versuchte, oder wenn sie glaubten, er wolle es tun. Sogar der Junge – ein netter kleiner Kerl, nicht wahr? – na, Sie wissen, was für brutale Kerle diese einfachen russischen Soldaten sein können; manche von ihnen sind nicht einmal Russen, sondern Tataren, Usbeken und so weiter – Asiaten eben. Niemand würde vor ihnen sicher sein. Außer Ihnen, Reverend. Sie haben zuviel Respekt vor dem Alter, um Ihnen ein Haar zu krümmen. Abgesehen davon, daß sie natürlich dafür sorgen würden, daß Sie alles zu sehen bekommen. Nun, wenn …«
    »Ach du lieber Gott!«
    »Und Sie könnten das ziemlich einfach in die Wege leiten, nicht wahr?« sagte Dr. Wright.
    »Was meinen Sie, Doktor?«
    »Ich denke, Sie könnten und würden es tun, allein aus Verärgerung darüber, daß man sich Ihnen in einer Angelegenheit verweigert, die Ihnen zugegebenermaßen sogar ziemlich gleichgültig ist.«
    »Gut«, sagte Alexander. »Wenn Sie so denken, dann werden andere es auch tun. Aber ich könnte nichts dergleichen in die Wege leiten, Reverend, selbst wenn ich es wollte. Angenommen, ein derartiger Überfall würde nichtsdestoweniger stattfinden. Jemand würde in der Lage sein, diese Soldaten zu identifizieren – das Tragen von Zivilkleidung würde die Dinge nur ein wenig verzögern. Jeder Russe im Distrikt würde einvernommen und die Schuldigen herausgesucht und in die Arktis verbannt. Aber es würde niemals zu einem solchen Vorfall kommen. Würde ich meinen Leuten einen derartigen Befehl geben, so würden sie ihn einfach nicht ausführen, zuversichtlich in dem Wissen, daß ich es niemals wagen dürfte, sie der Befehlsverweigerung anzuklagen. Sie wissen Bescheid. Die Engländer wissen nicht Bescheid und würden auch nicht geneigt sein, es zu glauben, wenn man es ihnen sagte. Wenn Ihre Freunde also indirekt erfahren, daß man Sie mit der Vergewaltigung Ihrer Enkelin, der Verwüstung des Hauses und anderen schrecklichen Dingen bedroht hat, werden sie verstehen, warum Sie sich bereitgefunden haben, mit dem Beauftragten Mets zusammenzuarbeiten und infolgedessen werden Ihre Landsleute nicht tun, wovor Sie sich so fürchten, und Sie nicht nach Coventry schicken. Ja, ich habe im Laufe der Jahre ein wenig über euch Vorkrieger gelernt. Ich bin hier aufgewachsen, müssen Sie wissen. Vielleicht hat Doktor Wright das Ihnen schon gesagt.«
    Glover hatte das Gesicht mit den Händen bedeckt. Er sagte etwas in einem mitleiderregend winselnden Ton zu Wright, der nachdenklich zu Alexander blickte. Als er sprach, war seine Stimme hart und kalt.
    »Er sagt, es sei schlimmer, einsam zu sein, wenn man achtzig ist, und schwerer, mutig zu sein.«
    »Das glaube ich ihm. Aber ich verstehe nicht ganz, warum Sie in diesem gespannten Ton zu mir sprechen, Doktor. Reverend Glover steht in meiner

Weitere Kostenlose Bücher