Das Auge des Leoparden
tun, das weiß ich genau.
An einem Samstag im Dezember verkauft er bei einer improvisierten Auktion seine Möbel. Die weiße Kolonie ist fast vollzählig erschienen, Farbige dagegen kaum. Eine Ausnahme bilden Mister Pihri und sein Sohn, dann natürlich Patel. Keiner von ihnen bietet mit. Die Bücher, die er von Judith Fillington übernommen hatte, werden von einem Grubeningenieur aus Luansha ersteigert. Sein Gewehr geht an einen der Nachbarn. Den Revolver hat er nicht angeboten. Die Möbel, die er für seine Barrikaden benutzt hat, werden zu Autos getragen und verschwinden auf verschiedenen Farmen. Er behält zwei Korbsessel auf der Terrasse. An diesem Samstag wird er zu zahlreichen Abschiedsessen eingeladen und nimmt alle Einladungen an.
Nach dem Ende der Auktion bleibt ihm nur noch sein leeres Haus und die Frage, wer die Farm übernehmen soll. Mister Pihri und Patel bieten ihm den gleichen Betrag, als hätten sie sich heimlich abgesprochen. Hans Olofson weiß jedoch, daß sie erbitterte Feinde sind, und beschließt, sie endgültig gegeneinander auszuspielen. Er nennt ihnen ein Datum, den fünfzehnten Dezember um zwölf Uhr mittags. Wer bis dahin das höchste Gebot eingereicht hat, erhält den Zuschlag.
Mit einem Rechtsanwalt aus Lusaka wartet er auf der Terrasse. Kurz vor zwölf treffen Patel und Mister Pihri ein. Hans Olofson bittet sie, ihre Gebote auf einen Zettel zu schreiben. Mister Pihri entschuldigt sich, daß er keinen Stift dabei hat, und leiht sich einen von dem Anwalt. Patel bietet mehr als Mister Pihri. Als Hans Olofson das Ergebnis verkündet, sieht er den Haß auf Patel in Mister Pihris Augen aufblitzen.
Mit ihm wird es Patel nicht leicht haben, denkt Hans Olofson. Weder mit ihm noch mit seinem Sohn.
»Ich habe noch eine letzte Bedingung«, sagt Hans Olofson zu Patel, als sie allein sind. »Eine Bedingung, die ich guten Gewissens stelle, weil Sie diese Farm zu einem unverschämten Spottpreis gekauft haben.«
»Die Zeiten sind hart«, sagt Patel.
»Die Zeiten sind immer hart«, schneidet Hans Olofson ihm das Wort ab. »Wenn Sie die Angestellten nicht gut behandeln, werde ich in ihren Träumen spuken. Die Arbeiter wissen alles über die Farm, sie haben mich all die Jahre ernährt.«
»Es wird alles so bleiben, wie es war«, antwortet Patel demütig.
»Das wird das Beste sein«, erwidert Hans Olofson, »denn sonst kehre ich zurück und spieße Ihren Kopf auf einem Pfahl auf.«
Patel wird blaß und macht sich klein auf dem Schemel, auf dem er zu Hans Olofsons Füßen sitzt. Dokumente werden unterzeichnet, Eintragungen ins Grundbuch vorgenommen. Hastig setzt Hans Olofson seinen Namen unter die Papiere, um es hinter sich zu bringen.
»Mister Pihri hat meinen Stift behalten«, meint der Rechtsanwalt düster, als er aufbricht.
»Den sehen Sie nie wieder«, sagt Hans Olofson.
»Ich weiß«, erwidert der Rechtsanwalt. »Aber es war ein guter Stift.«
Patel und er bleiben alleine zurück.
Als Datum für den Verkauf ist der 1. Februar 1988 eingesetzt worden.
Patel verspricht, möglichst viel Geld an die Bank in London zu überweisen. Die Schwierigkeiten und das Risiko berechnet er mit fünfundvierzig Prozent der Endsumme.
»Sie werden erst am Morgen meiner Abreise wieder hier auftauchen«, sagt Hans Olofson. »Dann fahren Sie mich nach Lusaka, wo ich Ihnen die Schlüssel übergeben werde.«
Patel steht schnell auf und verbeugt sich.
»Gehen Sie jetzt«, sagt Hans Olofson. »Ich werde Sie wissen lassen, wann Sie mich abholen können.«
Die verbleibende Zeit nutzt Hans Olofson, um sich von seinen Nachbarn zu verabschieden. Eine Farm nach der anderen besucht er, betrinkt sich, kehrt in sein leeres Haus zurück.
Das Warten macht ihn rastlos. Er bucht einen Flug und verkauft sein Auto billig an den Iren Behan unter der Bedingung, es so lange benutzen zu können, wie er noch da ist.
Wenn seine Nachbarn ihn fragen, was er nun vorhabe, antwortet er wahrheitsgemäß, daß er es nicht wisse. Erstaunt entdeckt er, daß viele ihn um seinen Aufbruch beneiden. Es liegt an der Angst, denkt er, an ihrer vollkommen rationalen Angst. Sie wissen, daß ihre Zeit genau wie meine abgelaufen ist. Trotzdem können sie sich nicht zum Fortgehen aufraffen.
Wenige Tage vor seiner Abreise besucht ihn Eisenhower Mudenda und überreicht Hans Olofson einen blaugeäderten Stein und einen braunen, mit einem Pulver gefüllten Lederbeutel.
»Ja«, sagt Hans Olofson. »Über mir wird ein anderer Sternenhimmel sein. Ich reise
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